Moerderische Dividende
weiß nicht, wie es passiert ist; ich habe nie danach gefragt. Sie ist Künstlerin. Mich wundert, daß du sie nicht kennst. Ihre Sachen hängen in allen Banken hier. Die Art von Bildern, von denen man nicht sagen kann, ob sie verkehrt herum hängen oder nicht. Warum?«
»Ich glaube, sie wird dafür sorgen, daß die Zusammenkünfte interessant bleiben.« Schwesterherz winkte Arabella. »Kommen Sie doch zu uns, Arabella. Alles in Ordnung mit Ihnen?«
Arabella stand auf, kam herüber und sagte, es sei alles in Ordnung mit ihr, sie müsse jetzt aber los, sie habe eine Menge zu tun.
»Bleiben Sie zum Essen«, sagte ich. »Wir haben reichlich geholt.«
Arabella schüttelte den Kopf. »Ich bin nur vorbeigekommen, um nach Tante Mitzi zu schauen.«
»Eine Frühlingsrolle?« fragte Schwesterherz.
»Ich glaube nicht, daß ich die im Magen behalten würde. Aber danke. Wir sehen uns später.«
Mitzi stand auf und folgte ihr ans Tor, wo sie sich leise unterhielten.
»Sie hat gerade erst erfahren, daß ihre Mutter eingeäschert werden will«, erklärte Mitzi, als sie zurückkam. »Ich glaube, die Realität ihres Todes wird ihr jetzt erst allmählich bewußt.«
»Armes Kind«, sagte Schwesterherz. »Ich weiß, wie das ist, wo ich doch alle meine Ehemänner so plötzlich verloren habe. Es braucht Tage, bis es einem bewußt wird.«
»Vielleicht wird Cedric dich ja überleben«, sagte ich.
Sie blickte mich verdutzt an.
»Cedric, der Mann, dem du ewige Treue gelobt hast.«
»Ich habe niemandem Treue gelobt. Guter Gott, Maus.«
»Bist du verlobt, Mary Alice?« fragte Mitzi.
»So ähnlich.«
»Na, meinen Glückwunsch. Mit wem?«
»Mit einem Engländer namens Cedric.«
Ich wußte, daß sie sich nicht mehr an seinen Nachnamen erinnerte.
Zum Glück fragte Mitzi nicht nach. Sie setzte sich und hielt einen Schlüssel hoch. »Ich habe versprochen, Kleider für Sophie zu holen. Das ist der Grund, warum Arabella hier war. Sie sagt, sie kann einfach nicht in die Wohnung gehen.«
»Ich dachte, sie hätte die letzte Nacht dort verbracht«, sagte ich.
»Sie sagte, es wäre ihr unmöglich gewesen. Sie hat bei Freunden geschlafen.«
Debbie öffnete die Hintertür. »Das Mittagessen steht auf dem Tisch.«
»Patricia Anne?«
Ich wußte, was Mitzi fragen wollte.
»Natürlich komme ich mit dir.«
»Ich komme auch mit«, sagte Schwesterherz. »Du darfst nichts zu Hübsches heraussuchen.« Sie schob ihren Sessel zurück. »Kommt. Ich bin am Verhungern.«
14
Das Medizinische Zentrum der University of Alabama ist eine erstaunliche Ansammlung von Kliniken. Meine Kinder wurden im alten Universitätskrankenhaus geboren, das damals zusammen mit der Zahnklinik die ganze medizinische Fakultät bildete. Jetzt gibt es Kliniken für »Plagen jeder Art«, wie Fred sagt. Grauer Star? Die Augenklinik. Herz? Krebs? Diabetes? Psychische Probleme? Sind Sie ein ehemaliger Frontkämpfer? Oder ein Kind? Dann gibt es eine Klinik für Sie. Tatsächlich ist die University of Alabama mit ihren Kliniken und Krankenhäusern jetzt das finanzielle Rückgrat Birminghams und nimmt damit den Platz ein, den früher die Stahlwerke innehatten.
Und die Patienten und ihre Familien müssen Unterkünfte haben, speziell, wenn es um ausgedehnte Behandlungen geht. Im Umkreis des Medizinischen Zentrums sind daher Motels, Hotels und Apartmentkomplexe aus dem Boden geschossen. Sophie hatte in einem zehnstöckigen Apartment-Gebäude mit eleganten Wohnungen gelebt. Die meisten beherbergen Dauerbewohner, die im Universitätsklinikum arbeiten, aber manche davon werden auch kurzfristig vermietet, für hübsches Geld, da bin ich mir sicher.
Sophies Wohnung war eine von vieren im zehnten Stock. Mitzi schloß die Tür auf, und wir betraten einen der bezauberndsten Räume, die ich je gesehen hatte. Er war schlichteingerichtet und in Beige und Weiß gehalten. Weißer Teppich, beige-weiß kariertes Sofa, beige-weiß gestreifte Sessel. Ein paar türkisfarbene Akzente in einer Lampe, einem geometrischen Wandbehang. Die Wände waren weiß, die Vorhänge vor der Schiebetür zum Balkon hatten dasselbe beige-weiße Streifenmuster wie die Sessel. Der Küchen- und Eßbereich war vom restlichen Raum durch zwei weiße Säulen abgesetzt.
»Oh, ist das schön«, sagte Mitzi. »Schaut euch das an.«
Wir blickten uns bewundernd um. Es war sogar noch hübscher, als Mitzi die Vorhänge öffnete und uns die Berge in der Ferne mit ihren verschiedenen Farbtönungen eines spätsommerlichen Grüns
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