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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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befragen. Und alle anderen Familienangehörigen waren tot oder wollten nichts mit Bengt Mänsson zu tun haben.
    Mit fünfundzwanzig Jahren wurde er von der Kulturverwaltung Malmö als Projektassistent angestellt. Im Sommer lernte er die Tochter des Flugkapitäns kennen, die gerade eine Vertretungsstelle beim Bodenpersonal auf dem Flugplatz Sturup innehatte. Er bewarb sich um die Stelle des Projektleiters bei der Kulturverwaltung von Växjö und zog nach seiner Einstellung sofort mit der Flughafenangestellten in eine Wohnung, die sein angehender Schwiegervater für die beiden besorgt hatte. Ein gutes Jahr darauf hatten sie eine Tochter. Ein weiteres Jahr darauf trennten sie sich. Er suchte sich eine neue Wohnung im Fröväg und wohnte noch immer dort.
    Alleinstehend, mit Besuchsrecht bei der inzwischen sieben Jahre alten Tochter, die er in den letzten Jahren immer seltener gesehen hatte. Monatseinkommen vor Abzug der Steuern fünfundzwanzigtausend Kronen. Führerschein, aber kein Auto. Keine Schulden oder Steuerrückstände. Nicht vorbestraft. Nicht einmal eine Strafe wegen Falschparkens. Und alle jungen Frauen, die ihm über den Weg liefen, schienen ihn zu lieben.
    Mit fünfunddreißig Jahren und drei Monaten hatte er Linda Wallin in der Wohnung ihrer Mutter mitten in Växjö vergewaltigt und erwürgt. Damit hatte er der Polizei einen Grund gegeben, sein Leben bis zur Festnahme zusammenzustellen und jene Aktennotiz zu verfassen, die von Polizisten in Jan Lewins Generation als »kleine Täterbiografie« bezeichnet wurde.
     
    Anna Sandberg hatte die Tochter des Flugkapitäns vernommen, die Bengt Mänssons einzigartigen sexuellen Appetit bezeugen konnte. Wenn auch nur zu Anfang. Da hatte er sozusagen in jedem wachen Moment Sex mit ihr haben wollen. Aber kaum waren sie zusammengezogen und sie war schwanger geworden, hatte er sie kaum noch berührt. Stattdessen hatte er mit allen anderen geschlafen, und sowie ihr das aufgegangen war, hatte sie mit ihm Schluss gemacht.
     
    Als Antwort auf eine direkte Frage. Nein, er war ihr gegenüber nie gewalttätig geworden. Abgesehen von der Häufigkeit hatte es bei ihnen ganz normalen Sex gegeben. Bengt Mänsson war der »heißeste Typ und der charmanteste Gauner«, der ihr in ihrem ganzen Leben über den Weg gelaufen war, und was er vor etwas über einem Monat gemacht hatte, konnte sie einfach nicht verstehen. Was ihr außerdem Sorgen bereitete, war etwas ganz anderes, und dabei ging es vor allem um ihre siebenjährige Tochter. Sie hatten den Schuleintritt bereits verschoben, und gerade an diesem Morgen hatten sie und ihr Mann beschlossen, von Växjö fortzuziehen.
    Die Abendpresse hatte ihr Geld und Prominenz angeboten, wenn sie über ihr Leben mit dem Mörder berichtete, außerdem darüber, wie es war, die Mutter seines einzigen Kindes zu sein, eines Mädchens von sieben Jahren noch dazu. Der bestialische Frauenmörder, der eine kleine Tochter hatte. Was sie aber letztendlich zu dem Entschluss bewogen hatte, Växjö zu verlassen, waren nicht die Schlagzeilenjäger der Abenddrachen gewesen, sondern die Redakteurin der Familienseite von Dagens Nyheter. Die wollte nämlich über dieses Thema eine große, grundsätzliche und einfühlsame Reportage machen. Wie sie, ihr neuer Mann und die Tochter zum Opfer der medialen Sensationsgeilheit geworden waren. Wie sie die Einschulung der Tochter verschoben hatten, wie es die Kleine gefühlsmäßig beeinflusste zu wissen, dass ihr »richtiger Papa« ein Mörder war. Über ihre Umzugspläne, und ob sie vielleicht sogar einen neuen Namen und eine neue Identität beantragen wollten. Und da hatten sie und ihr Mann sich zum Umzug entschlossen und die Interviewanfrage sofort abgelehnt.
     
    Am Freitag hatten Anna Sandberg und eine Kollegin von der Polizei Växjö Lindas Mutter in ihrem Sommerhaus beim Äsnen-See vernommen.
    Dabei war nicht viel herausgekommen. Lindas Mutter hatte unter Schock gestanden. Der Schock, den sie bei der Nachricht von Lindas Ermordung erlitten hatte, war nach etwas über einem Monat in einen sogenannten posttraumatischen Schockzustand übergegangen. Rechtzeitig vor dem nächsten Schock, als die Polizei den Mörder ihrer Tochter festgenommen hatte und ihr ihre eigene Rolle in diesem Zusammenhang bewusst geworden war. Jetzt war sie krankgeschrieben, nahm starke Beruhigungsmittel, hatte fast jeden Tag einen Termin mit ihrem Psychiater und wurde die ganze Zeit von ihrer besten Freundin beaufsichtigt.
    Sie hatte nicht vor,

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