Moerderische Kuesse
Weg durch den Flughafen nachzeichnete. Sie marschierte durch mehrere Gänge und verschwand wenig später wieder in einer Toilette. Aus der sie ebenfalls nicht wieder herauskam.
Swain rieb sich die Augen. »Das Ganze noch mal. Wir müssen uns auf diese Taschen konzentrieren.«
Weil die vielen Passanten gelegentlich den Blick auf die Toilettentür versperrten, mussten sie das Band mehrmals zurückspulen, bis sie die Liste der infrage kommenden Frauen auf drei eingegrenzt hatten, die sie jeweils verfolgen mussten, bis sie richtig zu erkennen waren. Zuletzt hatten sie Lily dennoch aufgespürt. Sie hatte jetzt schwarze Haare und trug einen schwarzen Rollkragenpulli über einer schwarzen Hose.
Ohne ihre Pfennigabsätze war sie deutlich kleiner. Auch hatte sie eine andere Sonnenbrille aufgesetzt und die gefiederten Ohrringe durch Goldkreolen ausgetauscht. Trotzdem hatte sie immer noch die zwei unverkennbaren Taschen dabei.
Die Kameras verfolgten sie bis zu einem weiteren Gate, wo sie in ein weiteres Flugzeug stieg. Murray überprüfte kurz, welcher Flug an jenem Gate abgefertigt worden war. »Paris«, sagte er.
»Heilige Scheiße«, brummelte Swain verdattert. Sie war wieder zurückgeflogen. »Können Sie mir die Passagierliste besorgen?« Das war eine rhetorische Frage; natürlich konnte Murray. Wenige Minuten später hielt Swain sie in Händen. Er überflog die Namen und stellte fest, dass weder eine Denise Morel noch eine Lily Mansfield aufgeführt waren, was bedeutete, dass sie auf eine dritte Identität zurückgegriffen hatte.
Jetzt wurde es lustig, denn er musste zurück nach Paris und mit den Behörden im Flughafen de Gaulle die gleiche Prozedur durchlaufen. Die empfindlichen Franzosen wären unter Umständen nicht so zuvorkommend wie Murray, aber Swain hatte Mittel und Wege, das auszugleichen.
»Tun Sie mir einen Gefallen«, sagte er zu Murray »Geben Sie diese Informationen nicht an Rodrigo Nervi weiter.« Er wollte nicht, dass ihm die Nervi‐Sippe dazwischenfunkte, außerdem hatte er eine natürliche Abneigung dagegen, solchen Menschen zuzuarbeiten. Vielleicht war die amerikanische Regierung gelegentlich gezwungen, alle Augen zuzudrücken, wenn die Nervis schmutzige Geschäfte machten, aber er würde ihnen trotzdem nicht helfen.
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden.« Murray sah ihn verständnislos an. »Was für Informationen?«
Natürlich würde die Rückkehr über den Kanal genauso aufwendig werden wie die Hinreise nach London. Er konnte nicht einfach aus einem Flugzeug aussteigen und das nächste, das zurückflog, nehmen, so wie sie es getan hatte; o nein, so einfach war es nie. Sie hatte alles im Voraus geplant; er stolperte ihr hinterher und musste mühsam nach einem freien Platz suchen. Natürlich hatte sie genau gewusst, wie sie ihre Verfolger verwirren und abschütteln konnte.
Trotzdem war es deprimierend zu erfahren, dass er sich auf eine lange Wartezeit einstellen musste, ehe er nach Paris zurückfliegen konnte.
Murray schlug ihm auf die Schulter. »Ich kenne jemanden, der sie viel schneller rüberbringen könnte.«
»Gott sei Dank«, seufzte Swain erleichtert. »Bringen Sie ihn her.«
»Es macht Ihnen doch nichts aus, im Kopilotensitz zu fliegen, oder? Er ist NATO‐Pilot.«
»Heilige Scheiße«, platzte Swain heraus, »Sie wollen mich in einen Düsenjäger setzen?«
»Ich sagte ›viel schneller‹ oder etwa nicht?«
6
Lily schloss die Tür zu der Wohnung in Montmartre auf, die sie vor mehreren Monaten, noch vor ihrer Verwandlung in Denise Morel, als Untermieterin angemietet hatte. Die Wohnung war winzig, eigentlich nur ein Apartment, aber sie hatte immerhin ein Minibad. Hier bewahrte sie ein paar Klamotten auf, hier war sie ungestört und relativ sicher. Weil sie die Wohnung angemietet hatte, noch ehe Denise aufgetaucht war, würde wahrscheinlich keine Computersuche so weit zurückreichen, dass ihr Name auf irgendeiner Liste erschien; um ganz sicherzugehen, hatte sie sich trotzdem eine weitere Identität geschaffen: als Claudia Weber, Deutsche.
Weil Claudia blond war, hatte Lily bei einem Friseursalon Station gemacht und die dunkle Tönung aus ihren Haaren entfernen lassen. Normalerweise hätte sie das Mittel einfach gekauft und die Sache selbst erledigt, aber eine Tönung zu entfernen war viel komplizierter, als sie aufzutragen, und sie hatte Angst gehabt, ihren Haaren möglicherweise Schaden zuzufügen. Auch mussten sie um ein, zwei Zentimeter geschnitten werden, um die vom
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