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Moerderische Kuesse

Moerderische Kuesse

Titel: Moerderische Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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äußerst irritierend wirkte.
    Vielleicht hatte sie diese innere Haltung auch noch – sie war sich dessen fast sicher –, aber ihr Kleidungsstil und ihr Verhalten hatten sich im Lauf der Jahre grundlegend geändert.

    Meistens wurde sie, ihrer blonden Haare und blauen Augen wegen, für eine Skandinavierin gehalten, manchmal auch für eine Deutsche. Niemand, der sie so sah, hätte spontan an Sternenbanner und Baseball gedacht.
    Sie wartete ab, bis das junge Mädchen seine E‐Mails durchgelesen hatte und gegangen war, und ließ sich dann auf dem frei gewordenen Platz nieder. Hier kostete die Stunde nur wenig, bestimmt weil hier Horden von Studentinnen und Studenten aus und ein gingen. Sie zahlte eine Stunde im Voraus, weil sie erwartete, mindestens so lange, wenn nicht noch länger zu brauchen.
    Sie begann mit Le Monde, der größten Zeitung, deren Archive sie vom 21. August, als sie zum letzten Mal mit den Joubrans zu Abend gegessen hatte, bis zu ihrem Todestag am 28. August durchforstete. Das Wort »Nervi« tauchte nur ein einziges
    Mal
    in
    einem
    Bericht
    über
    internationale
    Finanzströme auf. In der Hoffnung, auf irgendein Detail zu stoßen, das auf eine echte Story schließen ließ, las sie den Artikel mehrmals Wort für Wort durch, aber entweder kannte sie sich nicht gut genug mit den internationalen Finanzströmen aus, oder in dem Artikel stand nichts, was für sie interessant gewesen wäre.
    In der Region Paris gab es insgesamt fünfzehn teils kleinere, teils größere Zeitungen. Sie würde in allen die betreffenden sieben Tage nachrecherchieren müssen. Es war eine zeitintensive Aufgabe, vor allem, weil der Computer manchmal eine halbe Ewigkeit brauchte, um eine Seite zu laden. Hin und wieder riss auch die Verbindung ab, und sie musste sich neu einloggen. Sie hatte schon drei Stunden vor dem
    Bildschirm
    gesessen,
    als
    sie
    schließlich
    das

    Wirtschaftsblatt Investor aufrief und den Jackpot knackte.
    Die Meldung war nur eine Randnotiz und nur zwei Absätze lang. Am 25. August hatte es in einem Forschungslabor der Nervi‐Gruppe eine Explosion sowie einen Brand gegeben, der als »klein« und »begrenzt« beschrieben wurde und »kaum Schaden« angerichtet hatte, sodass die im Labor durchgeführte Entwicklung von neuen Impfstoffen in keiner Weise beeinträchtigt worden war.
    Averill hatte sich auf Sprengstoffe spezialisiert und es in seinem Metier zur wahren Meisterschaft gebracht. Er hatte nichts von sinnloser Zerstörung gehalten, wenn es mit ein bisschen Umsicht und Planung möglich war, eine Ladung anzubringen, die genau das anvisierte Ziel auslöschte. Wozu ein ganzes Gebäude in die Luft jagen, wenn ein einziger Raum genügte? Oder einen ganzen Straßenzug, wenn es nur um ein einzelnes Haus ging? Das Wort »begrenzt« tauchte im Zusammenhang mit seiner Arbeit öfter auf. Und Tina war nicht nur eine begnadete Pistolenschützin, sondern auch Expertin darin gewesen, Sicherheitssysteme zu knacken.
    Lily wusste natürlich nicht mit Sicherheit, ob die Explosion das Werk ihrer Freunde war, aber alles deutete darauf hin.
    Wenigstens hatte sie jetzt eine Spur, der sie folgen konnte und die hoffentlich in die richtige Richtung führte.
    Da sie schon einmal online war, rief sie alle verfügbaren Informationen über das Forschungslabor ab, fand jedoch verdächtig wenig außer der Adresse und dem Namen des Laborleiters; es war ihr Freund Dr. Vincenzo Giordano. Na, so was. Sie tippte seinen Namen in die Suchmaschine ein, die daraufhin keine weiteren Ergebnisse anzeigte, aber sie hatte auch nicht wirklich erwartet, seine Privatadresse samt Telefonnummer im Internet zu finden. Es wäre der einfachste Weg gewesen, ihn aufzuspüren, aber es war definitiv nicht der einzige.
    Sie ging offline, streckte die Schultern und rollte ihren Kopf nach links und rechts, um die verspannten Halsmuskeln zu lockern. Sie hatte sich drei Stunden lang nicht vom Fleck gerührt, und jetzt fühlte sich jeder Muskel steif an, ganz abgesehen davon, dass sie dringend auf die Toilette musste. Sie war müde, aber nicht so müde wie noch tags zuvor, und sie war zufrieden, dass ihre Kondition während des schnellen Marsches von der Metro hierher nicht nachgelassen hatte.
    Es regnete immer noch, als sie aus dem Cafe trat, aber der Regen war zu einem leichten Nieseln abgeflaut. Sie öffnete den Schirm, überlegte kurz und ging dann in die entgegengesetzte Richtung zu jener, aus der sie gekommen war. Sie war hungrig, und sie hatte seit Jahren

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