Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
verzweifelten Suche nach Arbeit waren. Männer, auf deren Verschwiegenheit er setzen konnte, da sie kaum Deutsch sprachen. Männer, die den Tag der Fertigstellung nur um wenige Tage überlebten.
    Hin und wieder nahm er selbst Ausbesserungsarbeiten vor, ersetzte die Kameras und Mikrofone, um die Technik auf dem neuesten Stand zu halten. Alles andere sollte so bleiben, wie es vor zweihundertfünfzig Jahren errichtet worden war.
    Er stieg die Treppen hinunter und sah als Erstes nach Karin Slomka und Pauline Mertens, an deren Zustand sich nichts geändert hatte. Er beschloss, ihrem Leiden innerhalb der kommenden drei Tage ein Ende zu setzen. Danach stattete er Franziska Uhlig einen Besuch ab, die wieder schrieb und ihren Kopf nicht einen Millimeter zur Seite bewegte, als er eintrat.
    »Wie weit bist du?«, fragte er und sah ihr über die Schulter.
    »Fast fertig, aber es ist noch die Rohfassung. Ich muss es überarbeiten, bevor ich es Ihnen zu lesen gebe.«
    »Selbst hier bist du korrekt. Willst du denn gar nicht zurück zu deinem Pfarrer?«
    »Doch.«
    »Wie lange wirst du brauchen, bis ich die redigierte Fassung bekomme?«
    »Ich habe kein Zeitgefühl, aber ungefähr halb so lang wie für die Rohfassung, es kann auch schneller gehen.«
    »Einverstanden, ich bin schon sehr gespannt auf deine Geschichte. Und vergiss nicht zu essen und zu trinken, es soll keiner behaupten, ich hätte dich verhungern oder verdursten lassen. Hast du Appetit auf eine Pizza?«
    »Schon.«
    »Ich werde dir eine bringen, als Belohnung für deinen Fleiß.«
    Danach verschwand er beinahe lautlos und öffnete die Tür, hinter der Alina Cornelius eingesperrt war.
    »Hallo, Alina. Hast du etwa geweint?«, fragte er, als er ihre geröteten Augen sah. »Das ist nicht nötig, ich habe dir doch nichts getan.«
    »Du brauchst Hilfe«, erwiderte sie, während sie mit angezogenen Beinen auf der Pritsche saß, die Arme darum geschlungen, als versuchte sie damit, ihre Blöße zu verbergen.
    »Alina, Alina, Alina, gerade von dir hätte ich mehr erwartet als diese abgedroschene Phrase. Ausgerechnet eine Psychologin sagt mir, dass ich Hilfe brauche. Brauchen wir nicht alle Hilfe? He, schau mich an, du weißt doch, wer ich bin. Johann Jung, der Johann Jung, der deine Hilfe gesucht hat, die du dir auch fürstlich hast entlohnen lassen. Du brauchst Hilfe, ich brauche Hilfe, die Dame neben dir braucht Hilfe, genau wie die nette Polizistin zwei Türen links von dir.«
    »Eine Polizistin?«, fragte Alina mit geneigtem Kopf.
    »Hm, und zwar eine, die du gut kennst, ich glaube sogar, sehr gut.«
    »Julia?«, fragte Alina Cornelius vorsichtig nach.
    »So schwer war das nun auch wieder nicht zu erraten. Du brauchst also keine Angst mehr zu haben, du bist hier in allerbesten Händen und genießt sogar den Schutz der Justiz. Ist das nicht wunderbar?«
    »Julia ist hier? Kann ich sie sehen?«
    »Nicht so schnell, sie braucht noch ein wenig Eingewöhnungszeit, sie ist nach dir hier eingetroffen. Aber ihr werdet euch spätestens bei einem ganz besonderen Spektakel sehen, das ich extra für dich, Julia und Franziska veranstalten werde. Ein Spektakel wie geschaffen für dieses alte Gemäuer.«
    »Warum tust du mir das an?«
    »Seltsam, jeder stellt die gleiche Frage – warum ich, warum ich, warum ich? Warum nicht du? Warum die Kinder in der Sahel-Zone? Warum die Kinder in den Favelas von Rio oder Sao Paulo? Warum, warum, warum? Vielleicht wirst du die Antwort noch erhalten, vielleicht auch nicht. Wie weit bist du mit deinen Aufzeichnungen?«
    »Noch nicht sehr weit. Ich werde mir aber Mühe geben.«
    »Nichts anderes erwarte ich. Besonders von dir, Alina-Schatz. Ach ja, hier ist mein Bericht, du hast mir doch den Auftrag erteilt, mein Leben aufzuschreiben. Lies es sorgfältig durch, es wird dich interessieren.«
    Sie wollte noch etwas sagen, doch er war schon wieder draußen, schloss die Tür ab und ging zu Julia Durant.
    »Na, Julia, schon eingelebt?«
    Julia Durant versuchte gar nicht mehr, ihre Nacktheit zu verdecken, er hatte ohnehin schon alles von ihr gesehen. Sie fühlte sich entwürdigt und erniedrigt, durfte sich dies aber nicht anmerken lassen, stattdessen hatte sie sich vorgenommen, stark und stolz zu wirken und ihm dennoch das Gefühl der Unterwürfigkeit zu vermitteln.
    »Du weißt genau, dass das unmöglich ist. Kein Mensch kann sich jemals auf solch engem Raum eingewöhnen. Es funktioniert nicht«, antwortete sie ruhig, auch wenn sie ihm am liebsten an die Kehle

Weitere Kostenlose Bücher