Mörderische Tage
einzigen Ansatzpunkt geliefert.«
»Ich stimme Frank zu«, sagte Kullmer. »Er hat uns im Prinzip nichts Neues gesagt, nur Altbekanntes in neues Papier gewickelt.«
»Frau Seidel?«
»Kein Kommentar.«
»Frau Kaufmann?«
»Ich enthalte mich der Stimme, da ich in die bisherigen Ermittlungen nicht involviert war.«
»Also gut, dann versetzen Sie sich in Holzers Lage. Er hat erst gestern Abend die Akten erhalten, und dafür, dass er nur so wenige Stunden zur Verfügung hatte und sich auch noch die Nacht um die Ohren geschlagen hat, konnte er uns doch eine ganze Menge sagen. Geben Sie ihm noch zwei, drei Tage Zeit, um eine umfassende Analyse vorbereiten zu können. Nur darum bitte ich Sie.«
»Und was passiert in den zwei Tagen mit Julia und den anderen Frauen?«, brauste Hellmer auf. »Sollen wir tatenlos rumsitzen und Däumchen drehen?«
»Was haben Sie denn bis jetzt gemacht? Sie haben alles getan, was Sie konnten, mehr war bisher nicht drin. Dass Sie jetzt so aufgewühlt sind, liegt allein an der Entführung von Frau Durant. Behalten Sie die Nerven, nur so sind Sie uns eine Hilfe.«
»Scheiße! Julia ist jetzt seit bald vierzig Stunden in der Gewalt dieses Wahnsinnigen, und wir quatschen hier rum.«
Sabine Kaufmann legte beruhigend ihre Hand auf seine. »Welche Wahl haben wir denn? Keine, wenn du ehrlich bist.«
»Verdammt, das weiß ich selbst. Es macht mich nur schier wahnsinnig, wenn ich weiß, dass da draußen ein Psycho rumläuft, der seine sadistischen Spielchen treibt.«
»Können wir nicht ebenso gut die bisherigen Fakten zusammentragen und sie analysieren?«, fragte Kaufmann.
»Haben wir alles schon hinter uns«, erwiderte Seidel. »Wir sind im Prinzip so schlau als wie zuvor, um den guten alten Goethe zu zitieren.«
Hellmer stand auf und sagte: »Sabine und ich fahren noch mal in die Wohnung von Frau Cornelius. Was hat eigentlich die Befragung der anderen Hausbewohner ergeben?«
Berger schüttelte bedauernd den Kopf.
»Das war nicht anders zu erwarten. Wie bei Julia und all den andern. Keiner hat was gesehen, keiner hat was gehört, keiner hat irgendwas bemerkt, und wenn doch, dann macht keiner das Maul auf. Und das nun schon zum zehnten Mal. Die drei Affen lassen grüßen. Komm, Sabine, wir haben was vor.«
»Warten Sie«, sagte Berger und stand auf. »Was haben Sie denn alles vor, außer in die fünf Minuten entfernt gelegene Wohnung von Frau Cornelius zu fahren?«
Sabine Kaufmann antwortete an Hellmers Stelle. »Wir wollten auch noch mal in Julias Wohnung vorbeischauen und uns den Tatort im Stadtwald ansehen. Außerdem haben wir bereits gestern ausgemacht, dass wir Pfarrer Hüsken einen weiteren Besuch abstatten. Aber nur, wenn es Ihnen recht ist. Das wird uns für den restlichen Tag auf Trab halten.«
»Was erhoffen Sie sich von Hüsken?«
»Ich denke, er hat uns einiges verschwiegen«, antwortete Hellmer, dessen Herz raste und der verwundert war über die Unverfrorenheit von Sabine Kaufmann. Sie log mit einem Lächeln und einer Sicherheit, die fast beängstigend war. Kein Wort über die Aktion in Cornelius' Praxis gestern Abend, keine Wort über Vorhaben, die am Rande der Legalität waren. Er wusste jetzt endgültig, dass er sich auf sie verlassen konnte und sie ihn in dem, was er vorhatte, unterstützen würde.
»Also gut, hier rumzusitzen bringt uns auch nicht weiter. Viel Erfolg. Aber haushalten Sie mit Ihren Kräften.«
Während sie die Treppe hinuntergingen, fragte Hellmer: »Bist du immer so drauf?«
»Ich weiß nicht, was du meinst«, antwortete Kaufmann mit unschuldigem Blick.
»Du lügst, ohne rot zu werden. Lernt man das neuerdings auf der Polizeischule?«
»Ah komm, tu nicht so, als wenn du ein Heiliger wärst. Was war das denn für eine Aktion gestern Abend? Na los, spuck's aus. Außerdem hab ich gar nicht gelogen, ich weiß ja schließlich nicht, was du wirklich vorhast.«
»Ist ja gut. Was wir jetzt gleich machen werden, ist auch nicht so ganz nach Vorschrift. Bist du bereit, Kopf und Kragen zu riskieren?«
»Na, aber hallo, jederzeit, sonst wird's doch langweilig. Was machen wir als Erstes?«
»Erst zu dem Pfarrer nach Griesheim, dann rüber nach Schwanheim. Was soll ich bei der Cornelius oder bei Julia?«
»Und der Stadtwald?«
»Keinen Schimmer, wovon du sprichst«, antwortete er.
Ihm gefiel die junge Frau neben ihm, ihre Vitalität und Energie, etwas, das ihm schon seit langem abhanden gekommen schien. Vielleicht kehrten diese Eigenschaften durch sie
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