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Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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seinen Dreitagebart. »Sorry, aber das sind für mich lauter Widersprüche. Was denn nun? Gibt er ihnen die Würde zurück, indem er sie mit einer Lotion einreibt, oder entmenschlicht er sie komplett?«
    »Sie haben recht, es sind Widersprüche, so wie der Täter ein großer Widerspruch in sich selbst ist. Es ist ein sehr komplexes Verhaltensmuster, das er an den Tag legt und das ich Ihnen auch noch bei nächstbester Gelegenheit erklären werde. Meine Damen und Herren, seien Sie mir nicht böse, aber das alles zu besprechen, würde nun wirklich zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Außerdem hilft es uns in keinster Weise bei der Suche und der Aufklärung. Bitte haben Sie Verständnis, wenn ich mich auf das Wesentliche konzentriere, was Sie im Übrigen auch tun sollten.«
    »Wir sind fertig?«, fragte Hellmer.
    »Wenn keiner mehr Fragen hat …«
    »Doch, ich«, meldete sich Seidel zu Wort. »Wie groß schätzen Sie die Chance ein, dass wir unsere Kollegin und die andern Frauen lebend wiedersehen?«
    Holzer schürzte die Lippen und antwortete: »Nach meinem Dafürhalten recht groß, da der Täter inzwischen Kontakt mit uns aufgenommen hat.«
    »Ein sehr loser Kontakt, wenn ich das bemerken darf.«
    »Nein, Sie müssen nur die Zeichen zu deuten wissen. Denken Sie über meine Worte nach und gehen Sie noch einmal alles in Ruhe durch. Wir treffen uns morgen wieder, dann kann ich Ihnen mehr sagen, ich hatte schließlich kaum mehr als zwölf Stunden Zeit, mich mit dem sehr umfangreichen Material zu befassen, und wenn ich so müde bin wie jetzt, kann ich nicht konzentriert arbeiten. Haben Sie also bitte Nachsicht.«
    »Nur noch eine Frage: Würden Sie ihn als unbesiegbar bezeichnen?«
    »Nein, Unbesiegbare gibt es nur in Legenden oder in der Mythologie. Er begeht Fehler, verlassen Sie sich darauf. Und diese Fehler werden eine ebensolche Eigendynamik entwickeln wie seine Mordlust.«
    »Er ist ein Monster, das nur lebt, um zu quälen«, sagte Hellmer.
    »Er ist kein Monster, sondern ein Mensch mit abnormen Verhaltensweisen, die keiner von uns nachzuvollziehen imstande ist. Unter jeder noch so grausamen und sadistischen Oberfläche befindet sich ein Mensch, auch wenn das für die meisten von Ihnen schwer verständlich ist.«
    »Wollen Sie ihn damit entschuldigen?«
    »Nein«, entgegnete Holzer gelassen, »es gibt keine Entschuldigung für das, was er getan hat und noch tun wird. Aber es ist meine Aufgabe, Erklärungen zu suchen und zu finden. Warum ist er so, wie er ist? Warum wurde er zu einem Außenseiter der Gesellschaft? Warum wurde er zu einem – wie Sie sagen – Monster? Das gilt es für mich herauszufinden und nicht zu verurteilen, dafür ist eine andere Instanz zuständig. Wenn Sie mich nun bitte entschuldigen wollen, ich brauche etwas Schlaf.«
    »Tut mir leid, nur noch eine Frage, dann lasse ich Sie gehen«, sagte Sabine Kaufmann lächelnd. »Ich habe gelernt, dass fast alle Serienkiller irgendwann gefasst werden wollen. Wie schätzen Sie unseren ein?«
    Holzer nickte anerkennend. »Sie haben gut aufgepasst, Frau …«
    »Kaufmann, Sabine Kaufmann, ich vertrete Frau Durant während ihres Urlaubs, zumindest sollte es so sein.«
    »Dies ist die beste Frage, die mir heute gestellt wurde. Ja, er will gefasst werden, sonst hätte er das Spiel nicht begonnen. Es gibt Serienmörder, die hundert und mehr Morde begehen, bis sie sich verraten. Einige halten es nur vier oder fünf Morde durch. Der Mensch ist nicht zum Morden geboren, deshalb will auch unser Mann dem allen ein Ende bereiten. Er spürt den Druck immer stärker werden und in immer kürzeren Abständen kommen. Die Chancen stehen also gut, dass er bald gefasst wird.«
    Holzer packte seine Sachen zusammen und verließ das Konferenzzimmer, ohne sich zu verabschieden. Die Beamten sahen ihm hinterher, Hellmer beugte sich zu Kullmer hinüber und flüsterte ihm ins Ohr: »Sind wir jetzt schlauer als zuvor?«
    »Halt die Klappe«, flüsterte Kullmer zurück. »Nachher.«
    Berger richtete noch ein paar Worte an die Soko-Beamten, die nicht unmittelbar zu seiner Abteilung gehörten, und bat anschließend Hellmer, Kaufmann, Kullmer und Seidel in sein Büro.
    »Ihre Meinung zu Holzers Vortrag?«, fragte er, nachdem sich alle gesetzt hatten.
    Für einige Sekunden herrschte Stille, bis Hellmer sagte: »Ganz ehrlich?«
    »Hätte ich sonst gefragt?«, kam es umgehend zurück.
    »Alles schon mal gehört. Wir hätten genauso gut Richter hinzuziehen können. Holzer hat uns nicht einen

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