Mörderische Tage
Blick von Sabine Kaufmann zu begegnen. Nach einer Weile stieß er hervor: »Das darf nie jemand erfahren, hören Sie! Ich bin ein Sünder vor dem Herrn und schäme mich dafür, meinen …«
»Herr Hüsken«, fiel Kaufmann ihm mit sanfter Stimme ins Wort, »wir verurteilen Sie nicht, und unsere Lippen sind versiegelt, nicht einmal unsere Kollegen im Präsidium werden davon erfahren, mein Wort darauf. Wann war der Mann hier?«
»Am Mittwoch, nicht lange nachdem Herr Hellmer und seine Kollegin hier gewesen sind. Er hatte sich vorher telefonisch zur Beichte angemeldet, aber wie konnte ich ahnen, dass ich es mit diesem Verbrecher zu tun haben würde? Als er anrief, klang er wie ein armer Sünder, aber als er dann im Beichtstuhl saß, war ich wie paralysiert, denn auf der anderen Seite saß kein Mensch, da saß der Satan. Glauben Sie mir, ich habe den Satan gesehen, und dieser Satan hat die Beichte abgelegt. Und nirgends steht geschrieben, dass ich einem Teufel in Menschengestalt die Beichte verwehren darf.«
Ohne darauf einzugehen, fuhr Kaufmann mit der Befragung fort: »Was hat er Ihnen noch gesagt, was nicht unter das Beichtgeheimnis fällt? Hat er Ihnen zum Beispiel gedroht?«
»Ja, ich sollte unbedingt noch fünf Minuten im Beichtstuhl sitzen bleiben, nachdem er gegangen war, sonst würde ich Franziska nicht lebend wiedersehen.«
»Moment, er hat Ihnen versprochen, Sie würden Frau Uhlig lebend wiedersehen?«
Hüsken nickte. »Ja, das hat er mir versprochen. Seine Worte waren, im Gegensatz zu allen anderen würde sie am Leben bleiben.«
»Noch etwas?«
»Nein, mehr kann und darf ich leider nicht sagen.«
»Wie sah der Mann aus?«
»Er trug einen schwarzen Vollbart, der fast sein ganzes Gesicht bedeckte, eine große dunkle Brille, einen alten Trenchcoat … Mehr fällt mir nicht ein.«
»Und seine Stimme, wie klang die?«
»Es war eine ganz normale Männerstimme, nichts Besonderes. Ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen.«
»Sie glauben gar nicht, wie sehr Sie uns schon geholfen haben. Danke für die Apfelschorle und die Informationen. Eins würde mich aber doch noch brennend interessieren: Wie lange geht das schon zwischen Ihnen und Frau Uhlig? Ich weiß, ich bin neugierig, aber …«
Hüsken senkte den Blick und antwortete leise: »Seit fast vierzehn Jahren, nicht lange nachdem ich diese Gemeinde übernommen habe, hat es angefangen.«
»Und niemand hat jemals etwas davon mitbekommen?«
»Nein, wir waren bisher immer sehr vorsichtig.«
»Aber der Täter weiß davon. Und Sie kennen ihn, Sie haben ihn sogar schon viele Male gesehen und doch allem Anschein nach nicht wahrgenommen. Die meisten seiner bisherigen Opfer waren Christen, in der Kirche engagiert, unauffällige Personen im täglichen Leben. Frau Durant, meine Kollegin, ist auch in einem kirchlichen Haushalt groß geworden, ihr Vater ist bei der Konkurrenz, ein evangelischer Pfarrer. Wie es aussieht, sucht sich der Täter vornehmlich Opfer aus, die es mit der Religion halten. Tja, Himmel und Hölle liegen eben doch dicht beieinander. Hast du noch was?«, fragte sie Hellmer, der den Kopf schüttelte.
»Sie haben uns sehr geholfen, das hätten Sie aber schon früher tun können, und das wissen Sie auch. Das ist das Einzige, was ich Ihnen übelnehme. Beten Sie für die, die noch am Leben sind.«
»Um wie viele handelt es sich?«, fragte Hüsken mit belegter Stimme.
»Fünf Frauen, das sind zumindest die, von denen wir wissen. Lassen Sie also den Draht nach oben glühen, damit nicht nur Ihre Franziska heil da rauskommt, sondern auch die andern.« »Wir haben heute schon einen Bittgottesdienst abgehalten, der sehr ergreifend war.«
»Beten Sie, bis Sie nicht mehr können, denn ich glaube daran, dass es unsere Ermittlungen unterstützen kann. Sie beten, und wir machen unsere Arbeit, zwei Zahnräder, die ineinandergreifen. Ich hab gehört, so was soll tatsächlich helfen. Und sollte Ihnen noch etwas einfallen, Sie wissen, wie Sie uns erreichen können. Auf Wiedersehen. Wir finden alleine raus.«
Draußen sagte Hellmer anerkennend: »Wie hast du das gemacht?«
»Was?«
»Du weißt genau, wovon ich rede. Woher hast du gewusst, dass die beiden ein Verhältnis haben?«
»Keine Ahnung. Intuition? Irgend so was.«
»Das ist mir zu simpel. Julia ist intuitiv und hätte das eigentlich merken müssen …«
»Ich bin aber nicht Julia. Ist dir nicht aufgefallen, wie der Typ geschwitzt hat? In seinem Büro sind es höchstens zwanzig oder einundzwanzig Grad,
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