Mörderische Tage
entgegnete sie entrüstet.
»Du hättest dich mal hören sollen. Kleiner Scherz, du schnarchst natürlich nicht«, korrigierte sich Hellmer, während sie ausstiegen. »Nur ganz, ganz leicht. Willst du gleich nach Hause fahren oder doch noch mal mit nach oben kommen?«
»Ich fahr heim, ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten. Weiß auch nicht, was los ist.«
»Aber ich. Fahr vorsichtig und pass auf dich auf. Und schlaf dich vor allem aus.« Er wartete, bis Durant in ihren Wagen eingestiegen war, das Fenster herunterließ und langsam vom Hof fuhr.
Mittwoch, 17.20 Uhr
Hellmer ging nach oben, wo Kullmer und Seidel Berger Bericht erstatteten, sie schienen auch erst vor wenigen Minuten gekommen zu sein.
»Wo ist Ihre Kollegin?«, fragte Berger mit hochgezogenen Brauen und sah auf die Uhr, die zwanzig nach fünf zeigte.
»Auf dem Weg nach Hause, sie ist total übermüdet. Hat sich ja auch mal wieder die Nacht für den Job um die Ohren geschlagen«, nahm er Julia in Schutz.
»Sie hätte doch trotzdem wenigstens für ein paar Minuten mit hochkommen können«, meinte Berger leicht ungehalten. »Gerade in der jetzigen Situation …«
»Ich hab sie heimgeschickt«, wurde er von Hellmer unterbrochen. »Außerdem hätte sie auch nichts anderes sagen können als ich.«
»Dann schießen Sie mal los«, sagte Berger knapp.
Hellmer schilderte detailliert den Besuch in der Rechtsmedizin, ließ jedoch aus, was Andrea Sievers ihm und Julia Durant unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt hatte. Anschließend berichtete er von Pfarrer Hüsken: »Die Fahrt zu dem Pfarrer hätten wir uns auch sparen können, der hat die Uhlig als eine Art Mutter Teresa aus Griesheim geschildert. Seit er dort Pfarrer ist und wohl auch schon davor, bringt sie sich wie kein anderer in die Gemeinde ein. Ein einziges Loblied. Aber viel konnte oder wollte er uns über ihr Privatleben nicht sagen, im Grunde gar nichts.«
»Welchen Eindruck hatten Sie von dem Pfarrer?«, wollte Berger wissen. »Wie hat er auf Sie gewirkt?«
»Schwer zu sagen«, entgegnete Hellmer schulterzuckend. »Sie wissen doch selbst, wie das mit den Schwarzkutten ist, die lassen sich nie hinter die Stirn blicken. Sagen nur das, womit sie sich nicht in die Bredouille bringen können. Ansonsten ist Schweigen oder Ausweichen angesagt. Jedenfalls scheint die Uhlig ein ganz besonderes Mitglied innerhalb der Gemeinde zu sein, so wie er sie über den grünen Klee gelobt hat. Na ja, sie hat überall ihre Finger drin, kein Wunder, dass da für einen Mann oder gar eine Familie kein Platz mehr ist. Sie hat ihre Arbeit und die Kirche. Ist zum Glück ihr und nicht mein Leben.«
»Wenn sie noch lebt«, bemerkte Kullmer trocken.
»Tut mir leid, bei mir liegen die Nerven blank. Noch kurz zu Jung. Bei ihm sieht es so aus, als ob der doch nicht in Urlaub gefahren ist, sondern es sich zu Hause gemütlich macht, zumindest waren alle Rollläden oben und die meisten Fenster gekippt. Der residiert übrigens in einer sehr noblen Villa direkt am Schwanheimer Wald … Ich hab zwar keine Ahnung, was ein Marketingchef in einem großen Verlag so verdient, aber bestimmt nicht so viel, dass er sich eine solche Hütte leisten kann.«
Kullmer meinte daraufhin nur lässig: »Du hast auch eine sehr noble Hütte, die du dir von deinem Bullengehalt nie leisten könntest. Es soll mehr Leute geben, die reich heiraten.«
»Mag schon sein, aber angeblich weiß der Jung viel über das Privatleben der Uhlig. Möglich, dass ich mich da verrenne, aber ich will nachher trotzdem noch mal dort vorbeifahren und sehen, ob ich jemanden antreffe.«
»Frank«, meldete sich Doris Seidel zu Wort, »es soll gerade unter den Reichen Leute geben, die während des Urlaubs das Haus rund um die Uhr bewachen lassen. Oder wie macht ihr das?«, fragte sie mit herausforderndem Blick.
»Wir haben die modernsten von der Polizei empfohlenen Sicherheitssysteme, und bisher hat Julia ab und zu nach dem Rechten geschaut«, antwortete er ruhig.
Berger lehnte sich zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und meinte nachdenklich: »Was will der Täter? Was ist seine Absicht?«
Er wurde sofort von Hellmer unterbrochen. »Für mich gibt es eine viel wichtigere Frage – warum hat er bis jetzt noch keinen Kontakt zu uns aufgenommen? Solange er nichts von sich hören lässt, treten wir auf der Stelle. Wo sollen wir suchen?«
»Wir kommen ihm näher«, bemerkte Kullmer lapidar.
»Ach ja«, konterte Hellmer sarkastisch,
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