Mörderische Tage
wo er sich nach einem Haus umgesehen hatte.
»Irland? Warum ausgerechnet dort?«, wollte Seidel wissen.
»Ja, verdammt noch mal, ich plane nach Irland auszuwandern, weil dort Künstler jeglicher Couleur von der Steuer befreit sind. Ich habe sämtliche Belege meines sechswöchigen Trips aufbewahrt«, sagte er nach einer Stunde sichtlich erschöpft, in einem fort massierte er mit den Zeige- und Mittelfingern beider Hände seine Schläfen.
»Haben Sie wieder Kopfschmerzen?«, fragte Seidel, die mehr und mehr von seiner Unschuld überzeugt war. Irgendjemand hatte ihn reingelegt in dem Wissen, dass die Polizei ihm schon recht bald auf die Spur kommen würde. Ein perfides Spiel, in dem Günter Schwarz nur eine hilflose Marionette war, aber sie wollte ihn gerne noch ein wenig schwitzen lassen.
»Ja, das liegt aber an der Aufregung.«
»Kann ich dich mal kurz draußen sprechen?«, sagte Seidel zu Kullmer.
»Sicher.«
Sie gingen vor die Tür.
»Er hat mit der ganzen Sache nichts zu tun. Unser Täter hat ihn in sein Spiel mit einbezogen, wohl wissend, dass wir erst mal drauf reinfallen würden. Der Typ ist doch nicht gerissen genug, um eine solche Mordserie zu begehen. Zwischen Phantasie und Realität liegen immer noch Welten. Er ist kein Killer.«
»Du magst recht haben, aber was, wenn er nur so unglaublich unschuldig tut, als könne er keiner Fliege was zuleide tun, in Wirklichkeit aber verarscht er uns? Von Dublin nach Frankfurt, das sind, ich schätze mal, anderthalb bis zwei Stunden Flugzeit. Selbst dieses scheinbar wasserdichte Alibi kann Lücken haben. Und wir wissen auch noch nicht, woher er das Geld für seinen aufwendigen Lebenswandel hat.«
»Was hat sein Lebenswandel mit den Morden zu tun? Aber gut, lass mich einen Moment mit ihm allein, ich werd's schon aus ihm rausquetschen.«
»Wie willst du das anstellen?«, fragte Kullmer zweifelnd, der seine Kollegin und heimliche Lebensgefährtin selten so energisch erlebt hatte.
Seidel warf ihm einen vielsagenden Blick zu und begab sich zurück ins Vernehmungszimmer.
»Herr Schwarz, wir werden nachprüfen, ob Sie tatsächlich die vollen sechs Wochen in Irland waren oder ob Sie nicht zwischendurch mal für ein paar Kurztrips nach Deutschland gekommen sind. Es ist ein Katzensprung, und Sie können es sich leisten.«
»Scheiße, Mann, wenn ich sage, ich war in Irland, dann war ich in Irland und bin nicht einfach mal so wieder zurückgeflogen! Warum hätte ich das tun sollen? Ich habe keinen Hund, keine Katze, keinen Kanarienvogel, und die Blumen sind allesamt aus Plastik, falls Ihnen das nicht aufgefallen sein sollte. Ich war drüben auf der Insel, da können Sie prüfen, so viel Sie wollen. Ich habe ein reines Gewissen!«
»Gut, dann verraten Sie mir doch bitte, nur um meine Neugier zu befriedigen, woher Sie so viel Geld haben.«
Schwarz atmete einmal tief durch und sagte dann: »Es geht Sie eigentlich einen feuchten Dreck an, aber weil ich hier endlich rauswill, verrat ich's Ihnen – ich war mit einer stinkreichen Frau zusammen, wir wollten heiraten, das heißt, sie wollte mich heiraten, aber bevor es dazu kam, erlitt sie einen leichten Schlaganfall und lebt seither auf den Kanarischen Inseln.«
»Und die hat Ihnen das Haus geschenkt? Wie lange ist das her, und wie heißt die Frau?«
»Ein gutes Jahr. Den Namen möchte ich nicht preisgeben, ich habe ihr Vertraulichkeit zugesichert.«
»Nichts von dem, was Sie hier sagen, verlässt diesen Raum, es sei denn, Sie gestehen eine kriminelle Handlung.«
»Muss das sein?«
»Es wäre besser, in Ihrem eigenen Interesse.«
»Also gut, Susanne Maischner.«
»Wow, da haben Sie ja einen richtig dicken Fisch an Land gezogen. Gleich eine Milliardärin. Aber ist sie nicht ein bisschen zu alt für Sie?«
»Ja, Susanne ist Mitte sechzig, aber sie wollte partout einen jungen Mann haben und hat mir den Bungalow und drei Millionen Euro geschenkt, als Gegenleistung für ein paar heiße Nächte, die für sie offenbar heißer waren als für mich. Aber ich habe das dankend angenommen. Sie werden das moralisch verwerflich finden, ich betrachte es als angemessene Bezahlung für meine Dienste. Ich bin fünfunddreißig und … Sei's drum. Der Bungalow und die drei Millionen sind für sie nur Peanuts, das Geld hat sie aus der Portokasse genommen. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, ist sie eine äußerst zurückgezogen lebende Frau. Sie hat inzwischen einen Neuen, er ist in ihrem Alter und ebenfalls stinkreich. Zufrieden?«
Doris
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