Mörderisches Musical
bezahlt.«
»Bar? Eine Wohnung in diesem Gebäude? Wo bekommt
man denn soviel Bargeld her?«
»Sie verwendeten ihre Ersparnisse. Susan und
Dilla besaßen beide Wohnungen, die sie verkauften, als sie zusammenzogen. Die
Wohnung lief immer auf Susans Namen.«
»Entschuldigen Sie, Mr. Kendall, von was für
Zahlen reden wir hier eigentlich?«
»Nennen Sie mich bitte Bryan. Wir werden uns in
der nächsten Zeit häufiger sprechen und treffen. Ich denke, wir können heute
auf dem Markt wahrscheinlich mit acht- oder neunhunderttausend rechnen,
vielleicht mehr.«
»Du lieber Gott...«
»Und Susan hatte ein Konto bei Merrill Lynch,
außerdem eine Lebensversicherung.«
»Ich habe ein scheußliches Gefühl dabei. Ich
möchte ihr Geld nicht. Ich brauche es nicht. Wie wäre es, wenn ich es nach dem
Verkauf der Wohnung einigen Aids-Gruppen und dem Programm Essen auf Rädern
stifte?«
»Sie können darüber frei verfügen.«
»Ich denke, Susan würde es gutheißen. Ist das
alles?«
Er blätterte das Testament durch. »Der Hund
Isabella. Sie möchte, daß Sie ihn nehmen.«
Wetzon lächelte. »Ich habe ihn schon.«
»Gut. Es gibt auch ein Auto, einen Jaguar. Es
steht in einer Garage an der Lexington.«
»Du meine Güte, ein Auto.« Es war umwerfend.
»Dann ein letztes. Das Copyright an ihrer Lyrik
und den Songtexten wird auf Sie als ihre Erbin übergehen. Ich würde
vorschlagen, daß Sie es behalten. Es wird nicht viel dabei herausspringen. Ich
habe Susan gut gekannt. Das Schreiben war die treibende Kraft in ihrem Leben.«
»Okay. Vielen Dank.« Sie standen gleichzeitig
auf und schüttelten sich die Hände. »Arthur Margolies ist mein Anwalt.«
»Ich kenne ihn.«
»Er ist bis Montag nicht in der Stadt...« Sie
stand unter Schock.
Über zwei Wochen nach Dilla Crosbys Ermordung
schien die Polizei dem Mörder nicht näher zu sein und nicht einmal der
Mordwaffe. Die Times berichtete sporadisch oder gar nicht über die
Ermittlungen, doch die News und die Post und selbst der New
York Newsday schafften es, ständig Schlagzeilen zu präsentieren.
Smitty war nicht verhaftet worden. Er wohnte zu
Hause bei Smith und besuchte einen Therapeuten. Seine Mutter hatte sich wieder
gefangen.
EdnaTerrace war ebenfalls nicht verhaftet
worden, aber ihr Foto wurde in allen Tageszeitungen abgedruckt, das Gesicht von
einem Regenmantel unkenntlich gemacht.
Hotshot: The Musical lief in seiner letzten Woche in Boston,
ausverkauft bis auf den letzten Platz, welche Ironie. Smith hatte recht. Sie
würden viel Geld gutmachen. Das heißt, ihre Pension. Alles, was vor der
Premiere in New York noch blieb, war die Woche der Voraufführungen.
Carlos’ täglichen telefonischen Berichten
zufolge war Phil Terrace inzwischen zu einem ausgezeichneten Inspizienten
gediehen, und keiner der an der Show Beteiligten war mehr handgreiflich
geworden. So geht es, wenn eine Show ein Hit ist. Zu Beginn der zweiten Woche
in Boston waren Mort und Poppy sogar nach Sarasota geflogen, wo sie ein Haus
besaßen, und hatten die Show ganz in Carlos’ Händen gelassen.
Wetzon ging zur Madison hinüber. Alle Taxis
waren besetzt. Es hatte seit Anfang März jeden Tag geregnet. Zwei Wochen
Feuchtigkeit, patschnasse Schuhe, zerrissene Regenschirme, Schlammspritzer auf
Regenmänteln. Die Gesichter der New Yorker waren finster und verkniffen. Wetzon
ging zu Fuß weiter. An der Ecke 57. und Fifth stand ein Imbißwagen unter einem
tropfenden Regenschirm. Der Verkäufer bot Brezeln an, die von der Feuchtigkeit
wie Schwämme sein mußten. In einem Eingang hielt ein senegalesischer Verkäufer
Seidenschals mit dem Hermes-Emblem in der Mitte hoch, höchstwahrscheinlich
billige Imitationen. Zwei Touristinnen befühlten die Ware und riefen etwas auf
Italienisch aus.
Sie erwischte einen Bus Nr. 7 die Amsterdam
hoch. Der Bus war überfüllt. Nasse Schirme tropften auf die Sitzenden; alle
waren gereizt. Der Geruch nach nasser Wolle war drückend. Wetzon, zwischen
stämmigen, schwitzenden Männern und ihren Diplomatenkoffern und Schirmen
eingeklemmt, betrachtete ihren Ring.
Heute fand Sandra Semples große Abendeinladung
statt, auf der Alton ihre Verlobung bekanntgeben würde. Warum war ihre Stimmung
nicht besser?
Als sie aus dem Bus stieg, dachte sie, sie
könnte anrufen und ihm sagen, daß sie sich nicht wohl fühle. Auf dem ganzen Weg
im Aufzug nach oben zerbrach sie sich den Kopf nach einer vernünftigen Ausrede,
um nicht hingehen zu müssen. Es war eine nutzlose Übung.
Izz’
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