Mörderisches Paradies
tanzten, ist Shea aufgestanden und rausgegangen. Ich bin ihm gefolgt. Aber er hat sich nur ein Bier geholt.” Keith sah ein bisschen enttäuscht aus. “Ich hoffe inständig, dass ich mich nicht geirrt habe. Denn ein weiteres Mal wäre die Polizei wohl kaum zu bewegen, sich auf meine Denkweise einzulassen. Die können ziemlich nachtragend sein. Aber da kenne ich ja noch jemand anderes.”
Sie hob eine Augenbraue. “Sehr interessant. Doch ich weiß ja ohnehin nie, was genau du vorhast. Und allmählich wird mir klar, dass du ebenso sehr ein Chamäleon bist wie jeder Gangster da draußen. Ich dachte, ich hätte dich wenigstens ein kleines bisschen kennengelernt, aber jetzt frage ich mich, ob das überhaupt stimmt.”
“Kannst du mir noch eine Weile einfach nur vertrauen? Bitte!”
Eindringlich musterte sie ihn. “Ich frage mich, wie weit du gehen würdest, um an dein Ziel zu kommen”, murmelte sie. Noch im Sprechen klingelte ihr Telefon, das sie an ihrem Kleid befestigt hatte.
“Entschuldigst du mich einen Moment? Ich bin sicher, da möchten noch ein paar andere mit dir tanzen heute Abend”, sagte sie kühl und kämpfte sich durch die Paare auf der Tanzfläche an den Rand. Dort atmete sie tief durch und suchte einen Ort, wo sie einigermaßen ungestört sprechen konnte.
Als sie auf das Display ihres Handys sah, nahm sie das Gespräch sofort an.
“Tante Beth?”
“Amber? Was ist denn los? Wo steckst du?”
Ein Geräusch, das sich verdächtig nach Schluchzen anhörte, war die Antwort.
“Tante Beth, bitte komm schnell! Ich brauche Hilfe!”
17. KAPITEL
T raurig ließ Keith Beth gehen, und er spürte den Schmerz bis ins Herz. Ganz offenbar hatte sie selbst nach der vergangenen Nacht nicht beschlossen, ihm zu vergeben.
Benahm er sich wie ein Idiot? Den ganzen Tag hatte er in wechselnden Verkleidungen zugebracht, war bei den Elektrikern gewesen, hatte die Kellner überprüft und die Gäste. Er hatte die Unterhaltungen der Masons belauscht, ebenso die der Tänzer und sogar Matt und Lee. Absolut nichts. Lediglich ein einziger Augenblick hatte ihn umgehend in Alarmstellung versetzt: Als Eduardo Shea aufstand – nur um sich von einem Kellner ein Bier geben zu lassen.
Jeden einzelnen Gast hatte er ganz genau unter die Lupe genommen. Keine Spur von Brad oder Sandy.
“Hallo, Sie Hübscher!”
Als er sich umdrehte, sah er in die Augen einer attraktiven älteren Dame in einem beeindruckenden blauen Kleid, das mit dem Blauschimmer ihrer Haare abgestimmt war. “Schenken Sie mir einen Tanz?”
Er wollte sich schon mit einer Ausrede aus der Affäre ziehen, als er Matt Albright sah, der gerade mit Amanda tanzte. Also blieb er und lächelte die Frau an.
“Sie müssen aus einem unserer befreundeten Clubs kommen”, vermutete sie.
Keith stellte sich als Jim Smithson vor, ein Freund von George Berry. Er wirbelte seine Partnerin über die Tanzfläche in die Nähe von Matt und Amanda. Leider plapperte sie los, sobald sie auf die Tanzfläche traten, und lobte die Party in den höchsten Tönen. Dass sie so ungemein gesprächig war, kam Keith reichlich ungelegen.
Trotzdem schnappte er den einen oder anderen Unterhaltungsfetzen auf.
“… und einfach verschwunden”, sagte Matt gerade.
“Ich hatte einen wunderbaren Abend. Ich sagte ja schon, ich habe eine Schwäche für Jachten”, erwiderte Amanda.
“Das habe ich gemerkt”, gab Matt zurück.
“Glauben Sie nicht, Mr. Smithson?”
Verwirrt sah Keith seine Tanzpartnerin an. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, was sie gerade gesagt hatte.
“Ja”, antwortete er trotzdem und hoffte, sie würde einen Moment still sein.
“… das Boot … aber nicht mich, nehme ich an?”, sagte Matt jetzt.
“Ich hatte noch eine Verabredung”, erklärte Amanda. “Verzeihst du mir?”
“Was gäbe es da groß zu verzeihen?”, erwiderte Matt etwas grob. “Du hast das Beiboot genommen und dich aus dem Staub gemacht.”
Amanda kicherte. “Es tut mir so leid, aber ich musste zurück in den Club. Ich hatte eine Verabredung mit …”
“Das freut mich so sehr, Mr. Smithson. Ich bin mir sicher, Sie werden mein Zuhause mögen”, sagte die Lady mit den blauen Haaren. Erst jetzt merkte Keith, wie hingerissen sie ihn anschaute.
“Wie bitte?”, fragte er.
“Ich freue mich sehr, dass sie die gleiche Meinung wie ich über Sex in unserem Alter haben”, erklärte sie strahlend.
“Was?”
Inzwischen hatten sich Matt und Amanda zur anderen Seite der Tanzfläche bewegt.
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