Mörderspiel
prüfte die Tür. Der Riegel war noch vorgeschoben. Sie hatte geträumt, denn sie war allein.
Zitternd rollte sie sich wieder im Bett zusammen und versuchte weiterzuschlafen. Doch der Mond begann unterzugehen, und bald würde die Morgendämmerung anbrechen.
Sie setzte sich wieder hin. „Zur Hölle mit dem ganzen Mist!“ schimpfte sie vor sich hin.
Schließlich stand sie auf, duschte und fand sich als Erste in der großen Halle zum Sechsuhrkaffee ein.
Doch nicht einmal der Kaffee und das Tageslicht konnten ihr sonderbares Gefühl verdrängen, sie sei nicht allein gewesen…
Je länger Sabrina darüber nachdachte, desto überzeugter war sie, jemand war bei ihr gewesen in dem verschlossenen, verriegelten Zimmer.
5. KAPITEL
S abrina hatte hämmernde Kopfschmerzen und war so müde und erledigt, dass sie kaum aufrecht sitzen konnte.
Und natürlich war die Erste, die zum Frühstück in der großen Halle erschien, Susan Sharp.
„Guten Morgen! Schön, Sie zu sehen!“ sagte Susan mit einer Munterkeit, die doppelt ärgerlich war. „Ist das nicht ein geradezu hinreißendes Schloss? Ich habe geschlafen wie ein Baby.“
„Das Schloss ist schön“, bestätigte Sabrina.
Susan zog sich an dem polierten Eichentisch den Stuhl neben ihr zurück. „Können Sie glauben, dass Cassandra das Schloss absolut hasste?“
„Tatsächlich?“
Susan nickte grimmig und rührte Süßstoff in ihren Kaffee. „Sie hasste es. Ich habe nie verstanden, warum Jon das toleriert hat.“ Achselzuckend fügte sie hinzu: „Ehrlich gesagt, ich habe nie verstanden, warum er sie überhaupt geheiratet hat.“
„Nun ja, sie war schön. Und klug“, hörte Sabrina sich erwidern.
Susan zog die Nase kraus. „Schon… nun ja, Jon sieht ja auch nicht übel aus. Er hätte Dutzende Frauen haben können. Und hatte wohl auch tatsächlich Dutzende. Warum hat er ausgerechnet sie geheiratet?“
„Er muss sie wohl geliebt haben.“
„Ja, vielleicht. Aber ich kann Ihnen eines verraten: Vor ihrem Tod war er so weit, sich von ihr scheiden zu lassen.“
„Woher wissen Sie das?“
Susan gab Milch in ihren Kaffee. „Weil ich hier war, wie Sie wissen. Die zwei haben sich gestritten wie die Kesselflicker. Jon hat das Landleben immer sehr geliebt. Er ist nicht mit Geld aufgewachsen, wissen Sie. Seine Familie erbte dieses Schloss, aber das war eher ein Desaster und eine große finanzielle Belastung. Als Jon das Erbe antrat, saß sozusagen der Pleitegeier auf dem Dach. Cassandras Familie schwamm im Geld. Ihr hat es nie an irgendetwas gemangelt. Es liegt Jon sehr am Herzen, Wohlfahrtseinrichtungen für Kinder zu unterstützen, und seine Krimi-Wochen bringen einiges Geld dafür ein.“
Nach einem Schluck Kaffee fuhr sie fort: „Cassandra mochte diese Veranstaltungen nicht, und sie verabscheute die Hälfte seiner Freunde. Sie konnte V.J. nicht ausstehen, weil die sich nicht von ihr beeindrucken ließ. V.J. sagte immer, was sie dachte… Sie wissen, wie sie ist. Cassie quälte Jon jedes Mal, wenn er so eine Krimi-Woche abhielt. Sobald die Woche anlief und Cassie als Gastgeberin fungieren sollte, fiel ihr plötzlich ein, sie könne das alles nicht ertragen. Dann machte sie eine Szene oder verschwand einfach. Ich weiß, dass Jon sich kurz vor ihrem Tod entschlossen hatte, endgültig Schluss mit ihr zu machen.“
„Ja, vielleicht hatten die beiden Probleme“, räumte Sabrina ein, „aber woher wollen Sie wissen, dass ihre Ehe am Ende war?“
„Weil ich Jon kenne“, schnurrte Susan. Sie lehnte sich zurück und hob in einer lässigen Geste die Finger mit den langen Nägeln. „Aber Jon hat sich nicht als Einziger mit Cassandra gestritten. Cassie und Anna Lee Zane waren die Woche über alles andere als zivilisiert miteinander umgegangen. Zum einen hatte Cassie im Nationalen Fernsehen ein vernichtendes Urteil über Annas letztes Buch abgegeben. Und zum anderen sieht Anna natürlich hinreißend aus und ist seit langem mit Jon befreundet. Cassandra hat nie begriffen, was Freundschaft ist, schon gar nicht zwischen Mann und Frau, selbst wenn diese Frau bisexuell veranlagt ist. Allerdings muss ich gestehen, dass ich solche Freundschaften auch nicht ganz verstehe. Ich meine, es ist doch schwer, einen Mann zu mögen und nicht mit ihm schlafen zu wollen.“
Susan hob kurz die Schultern und fuhr fort: „Aber das ist jetzt nicht der Punkt. Cassie hat auch Tom Heart in einer Beurteilung fertig gemacht, was ihn die Aufnahme in eine wirklich wichtige Anthologie
Weitere Kostenlose Bücher