Mörderspiel
glauben?“
„Nun ja, ich…“
„Was? Wolltest du sagen, du kennst mich?“ fragte er herausfordernd und zuckte die Achseln. „Sie kennt mich“, wiederholte er spöttisch.
„Ich gebe nicht vor, dich wirklich zu kennen“, entgegnete sie ärgerlich. „Aber du warst nicht in ihrer Nähe, als sie stürzte.“
„Sie wurde gestoßen“, stellte er schlicht fest.
Sabrina hob die Hände. „Woher willst du das wissen?“
„Weil ich Cassandra kannte. Sehr gut sogar. Sie liebte sich viel zu sehr, um Selbstmord zu begehen.“
An dem riesigen Tisch sitzend, die dunklen Augen durchdringend auf sie gerichtet, glich er ganz der Vorstellung von einem mittelalterlichen Laird, einem machtvollen Beherrscher seiner Domäne. Doch in seiner Stimme schwang eine Spur Bitterkeit mit, und trotz seiner schroffen Art merkte sie, dass er in den Jahren seit Cassandras Tod sehr gelitten haben musste. Ob er sie trotz ihrer Streitereien wirklich geliebt hatte? Oder war er längst mit einer anderen zusammen gewesen? War da vielleicht eine Affäre tragisch schief gelaufen? Hatte es einen anderen Mann für Cassandra gegeben, gegen den Jon Stuart immer noch einen Groll hegte?
Er sah sie forschend an, als suche er etwas, ohne dass sie ahnte, was. Seit ihrer letzten Begegnung waren die Linien um seine Augen tiefer geworden. Er war leicht gealtert, und das machte ihn noch attraktiver. Er hatte nichts von seiner Anziehung verloren, im Gegenteil.
War sie verrückt? Selbst wenn er seine Frau nicht umgebracht hatte, konnte er trotzdem ein Killer sein. Viele Leute würden es geradezu für ein Wunder halten, wenn er nicht irgendwie in den Tod seiner Frau verwickelt wäre…
Er beobachtete sie abwartend.
„Wie ich das sehe, kann man sich in solchen Dingen nie wirklich sicher sein. Auch wenn du sie gut gekannt hast, kannst du nicht absolut ausschließen, dass es Selbstmord war. Vielleicht ist sie ja auch ausgerutscht und gestürzt. Vielleicht war sie nur zu sorglos. Keiner von uns weiß wirklich, was in einem anderen vorgeht.“
„Cassandra hat sich nicht umgebracht.“
„Vielleicht willst du das glauben.“
„Vielleicht ist es die Wahrheit.“
„Jon, sie hatte Krebs. Vielleicht dachte sie, dass…“
„Sie war bereits in Behandlung.“
„Aber sie war eine Frau, und Frauen können eitel sein. Vielleicht hatte sie Angst, ihr Haar zu verlieren oder ihr gutes Aussehen und als Folge davon auch dich.“
Er schüttelte ungeduldig den Kopf. „Sie wusste von dem Krebs, als wir heirateten. Sie sagte es mir, also wusste ich, was uns bevorstand. Sie hat sich nicht umgebracht. Und sie verfügte über eine gute Körperbeherrschung. Sie ist nicht ausgerutscht.“
„Dann bist du also überzeugt, dass sie von irgendwem ermordet wurde.“
„Ja.“
„Aber wer…?“
Er beugte sich wieder vor, und sie erkannte, wie aufgewühlt er war, am heftigen Pochen seiner Halsvene.
„Jemand hat sie umgebracht“, sagte er schroff, „aber nicht ich. Trotzdem geht meine Suche nach dem Täter dich nichts an. Ich möchte nicht, dass du dich da in irgendeiner Weise einmischst.“
„Aber…“
„Warum bist du mir weggelaufen?“ fragte er unvermittelt.
„Was? Ich… ich…“
„Stammele nicht herum. Und sag mir nicht, dass es zu lange her ist und du nicht weißt, wovon ich rede.“
Sie hob die Hände. „Cassandra kam. Und ich ging.“
„Warum?“
Sabrina sah ihn verständnislos an. „Es ist wirklich sehr lange her…“
„Warum?“ unterbrach er sie hitzig.
„Sie sagte, sie sei deine Verlobte. Offenbar stimmte das.“
Er verneinte kopfschüttelnd. „Wir hatten unsere Beziehung beendet. Ich hatte keine Verpflichtungen ihr gegenüber. Das habe ich dir gesagt.“
„Aber du hast sie geheiratet“, betonte sie achselzuckend.
„Später. Ja, da habe ich sie geheiratet. Sie war schön und verlockend und alles, und wir kannten uns schon lange. Außerdem hatte sie Angst, sich ihrer Krankheit allein stellen zu müssen, und sie wollte, dass ich bei ihr blieb. Und ja, sie war ein Luder, und wieder ja, es funktionierte nicht mit uns. Ich hatte vor, mich scheiden zu lassen.“
Er sprach eigenartig heftig, als gebe er widerwillig und nur unter Druck intime Geheimnisse preis. Dann änderte sich plötzlich sein Ton, und er fragte belustigt: „Und was war mit dir? Warum bist du in Paris nackt aus der Flitterwochensuite geflohen?“
„Das ist ebenfalls sehr lange her, und es geht…“
„Mich nichts an? Da hast du absolut Recht. Es geht mich
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