Mörderspiel
vielleicht auch nie. Das hier ist mein Urlaub mit den Reichen und Berühmten.“
„Was ist schlimm daran, wenn wir einschneien?“ erkundigte sich Anna Lee.
Jon erwiderte zögernd: „Ich habe so ein komisches Gefühl, dass…“
„Ach Jon“, beschwichtigte Reggie im Näherkommen, und ihre alte Stimme war voll großmütterlichen Mitgefühls. „Ich dachte, als du das hier geplant hast, hättest du die Geschehnisse vom letzten Mal überwunden. Wir sind alle hier, um Spaß zu haben und einem guten Zweck zu dienen. Und wir gehen nirgendwo hin.“
„Cassie ist damals gefallen“, betonte Dianne Dorsey. „Es war ein schlichter Unfall. Das hat auch der Staatsanwalt gesagt.“
„Ganz genau, Jon“, stimmte Anna Lee bewegt zu.
Sabrina fiel auf, wie leidenschaftlich beide ihn verteidigten. Ihr drängte sich der Verdacht auf, die zwei könnten eine Affäre mit ihm gehabt haben. Aus demselben Grund könnten auch beide einen Hass auf Cassandra entwickelt haben.
„Ich danke euch, aber meine Sorge bezieht sich nicht auf die unglücklichen Erinnerungen an damals oder auf die Wetterlage allein. Ihr erinnert euch doch, dass wir heute Morgen Gewehrschüsse gehört haben?“
Allgemeines Kopfnicken und ein Chor von Jas.
„Ich habe im Flur eine Kugel im Mörtel zwischen den Steinen entdeckt.“
„Was?“ fragte Thayer.
„Nun ja, Jon, dieses Schloss ist alt, sogar viel älter als ich!“ entgegnete Reggie. „Vielleicht…“
„Es war keine alte Kugel, Reggie. Es war eine neue“, entkräftete er sofort ihr Argument.
Tom Heart vermutete kopfschüttelnd: „Dann gehört das vielleicht zum Spiel.“
„Es gehört nicht zum Spiel. Es handelte sich um eine echte Gewehrkugel“, beharrte Jon leicht ungeduldig.
„Willst du dem Krimi ein bisschen Würze verleihen?“ argwöhnte Joe mit einem wissenden Lächeln und strich sich über den buschigen Bart.
„Das kann er gut“, bestätigte V.J. „Jon, hast du je in Erwägung gezogen, Schauspieler zu werden?“
„Ladies und Gentlemen, wir reden hier von einem echten Projektil, das tatsächlich im Flur abgefeuert wurde und einen von uns hätte verletzen oder sogar töten können“, erklärte er eindringlich.
„Okay“, lenkte Joe ein, „nehmen wir an, einer von uns ist ein Arschloch und hat am Flughafen eine Waffe an den Sicherheitskontrollen vorbeimogeln können, um sich in einem fremden Land zu schützen. Der Himmel weiß, wir sind alle ein bisschen verrückt. Aber ich kann nicht verstehen, warum wir uns eine ganze Krimi-Woche ruinieren lassen sollen, nur weil irgendein Blödmann versehentlich auf dem Flur eine Waffe abgefeuert hat.“ Joe klang für alle wie der weltmüde, ernsthafte Polizeiinspektor seiner Bücher.
„Okay. Also, wer hat die Waffe abgefeuert?“ fragte Jon in die Runde und sah von einem zum anderen.
Es kam kein Geständnis.
„Nun?“ drängte er sanft.
„Jemand versucht, etwas zum Krimi beizusteuern. Niemand wurde verletzt“, hob Joe hervor.
„Es steckt eine Kugel in der Wand“, wiederholte Jon schlicht.
„Bist du absolut sicher, dass sie nicht schon sehr lange dort steckt?“ Thayer Newby klang, wie so oft, als verhöre er gerade seinen Hauptverdächtigen.
„Ich bin vertraut mit Waffen und Projektilen“, erwiderte Jon.
„Ich sehe mir die Sache trotzdem mal an“, beharrte Thayer. „Aber auch ich glaube, dass einer von uns der Krimi-Woche etwas zusätzliche Würze verleihen wollte.“
„Bitte, Jon“, begann Dianne ruhig, „wir alle lieben diese Krimi-Woche. Reagiere bitte nicht paranoid, weil bei unserem letzten Zusammentreffen etwas Schreckliches geschehen ist. Cassie hat nicht Selbstmord begangen. Sie war sehr schön, aber vielleicht mangelte es ihr an Körperbeherrschung. Sie ist gestürzt, Jon. Sie ist gestürzt, du bist durch die Hölle gegangen, und das war’s. Das ist lange her. Wir alle genießen die Zeit hier, und wir werden sehr böse auf dich sein, wenn du uns zur Abreise zwingst!“
„So viel ist mal sicher“, bekräftigte Anna Lee.
„Ich mache mir eben nur Sorgen um euch alle, und…“ erklärte Jon, wurde jedoch unterbrochen.
„Jon Stuart, du wirst eine alte Dame doch nicht auf die Straße setzen!“ fragte Reggie beleidigt.
Er gab sich geschlagen. Sabrina sah, wie sich seine Miene entspannte, während er die alte Kollegin ansah. Er nahm Reggies Hand und küsste sie. „Niemals würde mir einfallen, dich auf die Straße zu setzen.“
„Dein Glück, mein lieber Junge!“ erklärte sie, beugte sich
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