Mörderspiel
über die Bar und küsste ihn auf die Wange.
Jon stellte den Drink ab, den er soeben zubereitet hatte. „Also schön, Ladies und Gentlemen, belassen wir es dabei. Sollte es jedoch neue, rätselhafte Vorkommnisse geben oder sich das Wetter als Bedrohung herausstellen, wird die Sache abgeblasen.“ Er schenkte sich einen großen Bourbon ein und hob das Glas.
Anna Lee lächelte. „Hört! Hört!“ rief sie aus, beugte sich ebenfalls über die Bar, küsste ihn jedoch nicht auf die Wange, sondern auf den Mund.
„Wow, heiß!“ erklärte Brett. „Also, ich bin auch mächtig froh, dass die Party weitergeht. Aber bedaure, ich will verdammt sein, wenn ich dich auf den Mund küsse, Jon.“
„Du wirst erschlagen, wenn du mich küsst!“ warnte der im Gegenzug und alle lachten.
„Mich wirst du nicht erschlagen, oder?“ fragte Dianne Dorsey sanft. „Ich bin dran.“ Sie beugte sich über die Bar und küsste ihn ebenfalls auf den Mund.
„He, Ladies, ich spiele hier auch den Barmann“, machte Brett sich wichtig. „Nun schlagt euch nicht gleich darum, wer mich zuerst küssen darf!“
„Alberner Junge, du hast sowieso schon die abgenutztesten Lippen der Weltgeschichte“, lästerte V.J.
„Ach, seien wir nett zueinander“, gab Anna Lee klein bei und küsste ihn ausdauernd.
„Schon besser. Teile deinen Reichtum“, sagte Brett zu Jon.
Der erwiderte achselzuckend: „Na ja, es ist mein Haus.“
„Haus!“ rief Susan aus. „Er nennt das ein Haus.“
Sabrina wusste nicht, warum – sie wollte wirklich keine Spielverderberin sein –, aber sie wünschte sich plötzlich weit weg von ihren Kollegen und dem spaßigen Geplänkel.
Und weg von den viel benutzten Lippen.
Sie fühlte sich eigenartig, wie eine Außenseiterin. Die anderen kannten sich untereinander viel länger und viel besser. Sie waren bei Cassandras Tod alle hier gewesen. Sie bildeten eine Art verschworene Gemeinschaft, und sie fühlte sich auf sonderbare Weise ausgeschlossen. Zugleich war sie jedoch auch ein bisschen froh, nicht dazuzugehören. Sie brauchte ein wenig Abstand, um den Bezug zur Realität nicht zu verlieren.
Jon hatte ihren Drink gemixt. Sie sah das Glas auf der Bar stehen. Doch sie nahm ihr Badetuch, schlüpfte unauffällig aus dem Raum und ging hinauf in ihr Zimmer.
Sie duschte, wusch sich das Haar, wickelte sich wieder in ein Badetuch und rief, auf dem Bett zusammengerollt, ihre Schwester an. Tammy war zwei Jahre jünger als sie, hatte Archäologie studiert und einen ihrer Professoren geheiratet. Nichts machte sie und ihren Mann glücklicher, als in der Erde nach Relikten der Vergangenheit zu buddeln, außer natürlich ihr neugeborener Sohn Tyler Delaney. Obwohl Tammy glücklich war, empfand sie doch, welche Beschränkungen die Mutterschaft für sie mit sich brachten, und war begierig darauf, alles über Schottland zu erfahren.
„Macht es dir keinen Spaß dort?“ erkundigte sie sich plötzlich.
„Doch. Warum fragst du?“
„Na ja, du hast schon Mom angerufen und jetzt mich. Eigentlich müsstest du was Besseres zu tun haben, als mit deiner Familie zu telefonieren. Also erzähl mir, was los ist? Hast du Probleme mit dem Meisterdetektiv selbst?“
„Mit wem?“
„Jetzt spiele bloß nicht die Ahnungslose. Du weißt, ich rede von Jon Stuart. Groß, dunkelhaarig, attraktiv. Geheimnisvoller Mann mit tollem Akzent. Die schnellste Blitzaffäre deines Lebens. Also, hat er seine schöne giftige Frau umgebracht oder nicht? Hast du etwas Neues darüber erfahren?“
Sabrina richtete den Blick aufs Telefon. „Er wurde von jedem Verdacht freigesprochen, weißt du.“
„Viele Leute werden von allen Anklagepunkten freigesprochen, deshalb sind sie noch lange nicht unschuldig.“
„Nein, ich glaube nicht, dass er es getan hat“, entschied Sabrina.
„Man höre, wie das klingt. Dann lodert die Flamme der Leidenschaft also immer noch. Er ist nach wie vor groß, dunkelhaarig, attraktiv und hinreißend charmant! Also, wo steckt er? Und warum bist du hier am Telefon mit mir?“
„Alle anderen sind unten am Pool – im Burgverlies, falls du mir das glaubst. Jon drohte, die Krimi-Woche abzubrechen, weil er eine Kugel in der Flurwand gefunden hat.“
„Nun ja, schließlich ist es eine Krimi-Woche“, bemerkte Tammy. „Gehört das nicht zu den Dingen, die geschehen müssen? Geheimnisvolle Hinweise und so?“
„Er sagt, das gehörte nicht zu unserem Spiel.“
„Sagt er denn die Wahrheit?“
„Ich glaube schon. Immerhin versuchte
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