Mörderspiel

bemerkt, dass der Riegel klemmte. Außerdem können sich die Türen verzogen haben. Bei feuchtem Wetter wie heute quellen sie leicht auf. Ich glaube, da gibt es kein großes Geheimnis zu lüften. Gequollenes Holz, ein verklemmter Riegel und Panik.“
    Dianne sah Thayer skeptisch an. „Susan geriet in Panik, weil sie sich einbildete, eingeschlossen zu sein?“
    Thayer bestätigte achselzuckend: „So sieht es jedenfalls aus. Was könnte es sonst wohl sein? Gequollenes Holz kann sich eindeutig verklemmen. Immerhin waren drei Männer nötig, um die Türen aufzubrechen. Und wir haben den Riegel dabei nicht beschädigt. Sieh nur. Das Holz hat kaum einen Kratzer.“
    „Und es ist kräftiges Holz“, bemerkte Tom sachlich. „Wenn hier jemand eingeschlossen gewesen wäre…“
    „Aber der Riegel war einen Tick vorgeschoben, richtig?“ vergewisserte sich Dianne.
    „Dieses alte Schloss kann wirklich unheimlich sein!“ stellte Anna Lee schaudernd fest.
    „Menschen sind unheimlich, meine Liebe“, bemerkte Reggie lakonisch. „Und in meinem Alter sind sie nicht nur unheimlich, sondern auch klapperig und übellaunig. Ich bin alt, mir reicht’s. Ich gehe jetzt nach oben, etwas essen und trinken.“ Sie wandte sich ab und ging.
    „Vielleicht sollte sie einer von uns begleiten“, überlegte Joe laut.
    „Reggie kommt schon klar. Gnade den Geistern, die sich mit ihr anlegen wollen. Aber sollten wir nicht etwas wegen Susan unternehmen?“ schlug V.J. vor. „Sie liegt auf einem kalten Steinfußboden.“
    Sie sahen sich untereinander an und lächelten zögernd und schuldbewusst. Es ging V.J. durch den Kopf, dass wahrscheinlich niemand unter ihnen war, dem Susan nicht irgendwann auf die eine oder andere Art übel mitgespielt hatte. Ob einer von ihnen wirklich getrauert hätte, wenn sie tot gewesen wäre?
    „Auf diese Weise ist sie wenigstens ruhig“, kommentierte Dianne. Ein Chor aus zustimmendem Gemurmel und Gekicher bestätigte ihre Äußerung.
    „Jetzt kommt aber“, mahnte V.J. „Was sind wir denn? Ein Haufen Monster? Wenn jemand sie bitte…“
    „Ich mache das schon, ich hebe sie auf!“ grollte Thayer. „Dann spare ich mir heute mein Hanteltraining. Weiß jemand, welchen Raum Susan da oben bewohnt? Sie könnte bald wieder zu sich kommen.“
    Gerade als er sie hochheben wollte, öffnete Susan plötzlich die Augen. „Lass mich runter, du Ochse!“ schimpfte sie.
    Gehorsam ließ Thayer sie los, und Susans Hinterteil machte unsanfte Bekanntschaft mit dem kalten Steinboden. V.J. wandte sich ab und unterdrückte ein Lachen.
    „Ihr Bastarde!“ beschimpfte Susan alle. „Wer hat mir das angetan? Was ist das für ein geisteskranker Scherz? Man sollte euch alle aufknüpfen! Hältst du das für lustig, Victoria Jane Newfield? Das wird dir noch Leid tun. Ich schwöre, es wird dir Leid tun.“
    „Hör auf, V.J. zu drohen, Susan“, mischte sich Tom Heart ärgerlich ein. „Sie hat sich von uns allen am meisten Sorgen um dich gemacht.“
    „Sie hat mich wahrscheinlich eingeschlossen oder kam als Jack the Ripper verkleidet hinter mir her!“
    „Susan“, wandte Anna Lee ungeduldig ein, „niemand hat Jack the Ripper gespielt. Deine Fantasie ist mit dir durchgegangen, weil du dir eingebildet hast, du wärst eingesperrt.“
    „Ich habe mir nicht eingebildet, eingesperrt zu sein. Ich war eingesperrt!“ beharrte Susan störrisch. „Und jemand muss sich das Kostüm von Jack the Ripper angezogen haben und kam hinter mir her.“
    „Susan, Jack the Ripper hat sein Kostüm an“, betonte Joe und strich sich nachdenklich über den Bart, während er sich im Horrorkabinett umsah. „Wenn du dich umschaust, wirst du merken, dass sich hier nichts verändert hat. Du warst das Opfer deiner Einbildung.“
    „Oder deines schlechten Gewissens“, gab Anna Lee freundlich zu bedenken.
    Susan belohnte sie mit einem Blick, der töten konnte. „Ich sage euch, hier ist etwas Schlimmes passiert!“ schimpfte sie und warf den Kopf in den Nacken. „Ich wurde eingesperrt und bewusst terrorisiert. Ich kam her, weil meine Spielanweisung lautete, ich solle mich hier zur Séance einfinden und…“
    „Die Séance fand in der Krypta statt“, stellte Dianne klar, strich sich das Haar zurück und ging neben Susan in die Hocke. „Lautete die Anweisung denn nicht: Finden Sie sich in der Krypta ein?“
    „Nein, ich sollte ins Horrorkabinett kommen“, erklärte Susan nachdrücklich. „Also hat einer von euch Bastarden die Anweisung ausgetauscht und