Mörderspiel
es an Toms Tür – keine Antwort. Ich versuchte es an Joes Tür – keine Antwort. Thayer – keine Antwort. Ich bin sogar so weit gegangen, an Susans Tür zu klopfen. Auch da keine Antwort.“
„Du hast es an Susans Tür probiert?“ fragte sie amüsiert.
Er machte eine um Vergebung bittende Miene. „Ich suchte verzweifelt nach Gesellschaft.“ Dabei zuckte er lässig die Achseln und wirkte sehr anziehend in seinem langen Veloursbademantel.
„Du bist mitten in der Nacht durchs Schloss gelaufen, hast an Türen geklopft und nach Gesellschaft gesucht, um die Halle nach Essbarem zu durchforsten?“ fragte sie skeptisch. „Warum hast du es nicht an meiner Tür probiert?“
Er sah sie ernst an. „Habe ich ja.“
„Ich habe dich nicht gehört.“
„Natürlich nicht. Ist schon eine Weile her. Außerdem hast du zu viel Lärm gemacht, um mich zu hören. Fast wäre ich aus Angst um dich ins Zimmer gestürmt. Aber dann kam ich mir wie ein Vollidiot vor, weil ich ja nun wirklich den Unterschied zwischen Schmerzensschreien und deinen kleinen Lustschreien kennen müsste.“
Sabrina war froh um die Dunkelheit, denn sie errötete heftig. „Brett…“
„Sabrina, es ist spät. Wenn du nicht mit mir schlafen willst, geh einfach.“
„Brett…“, begann sie erneut.
„Bitte. Es geht mir gut. Ich danke dir für deine Anteilnahme. Ich bin froh, dein Freund zu sein. Aber ich liebe dich, und es fällt mir schwer…“
„Ach, Brett, das haben wir doch alles schon durchgekaut. Du liebst jede Frau!“
„Vielleicht habe ich zu spät entdeckt, wie sehr ich dich liebte. Aber du willst mich nicht, also geh jetzt wieder ins Bett, ja?“
Sie wandte sich traurig ab und wünschte sich, ihn aufmuntern zu können.
„Sabrina?“
Sie blickte zurück. Er saß auf der Bettkante, besah sich eine Fingerkuppe und sog daran.
„Was ist?“
„Du kanntest ihn schon vor mir, richtig? Ehe wir heirateten. Ich war immer davon überzeugt.“
„Brett…“
„Komm schon, beantworte meine Frage. Du hast Jon irgendwo kennen gelernt und hattest eine Affäre mit ihm. Ich hatte nie wirklich eine Chance bei dir. Das habe ich immer gespürt, und dafür habe ich ihn gehasst.“
„Brett, immerhin habe ich dich geheiratet!“
„Aber du hast mich nicht geliebt.“
„Doch, das habe ich. Und das tue ich immer noch.“
Er schüttelte langsam den Kopf. „Nicht auf dieselbe Art, wie du ihn geliebt hast und immer noch liebst. Obwohl du ihn kaum kennst. Obwohl du ihn seit Jahren nicht gesehen hast. Obwohl du nicht mal sicher sein kannst, dass er nicht der Mörder seiner Frau ist.“
„Er hat seine Frau nicht umgebracht“, verteidigte sie ihn automatisch.
„Ist schon okay. Ich wollte nur die Wahrheit von dir erfahren. Ich wusste es ohnehin irgendwie.“
„Gute Nacht, Brett“, sagte sie leise. Er nickte und sog wieder an seinem Finger.
Sie ging in ihr Zimmer zurück, verschloss und verriegelte die Tür und begann den Morgenmantel auszuziehen. An einem Ärmel war ein kleiner dunkler Fleck. Sie betrachtete ihn stirnrunzelnd und erinnerte sich, wie Brett ihren Arm umfasst hatte.
Sie warf den Morgenmantel wieder über, eilte hinüber und stürmte in Bretts Zimmer, ohne anzuklopfen.
Er saß immer noch auf der Bettkante.
„Brett, du bist verletzt, du blutest.“
Er furchte lächelnd die Stirn. „Schlechte Nacht.“ Er hielt den Finger hoch, an dem er gesogen hatte. „Ich habe mich mit dem Messer geschnitten, als ich mir einen Apfel schälte.“
„Lass sehen“, bat sie besorgt.
„Jetzt spiele hier bloß nicht Florence Nightingale“, erwiderte er ungeduldig. „Du bist viel zu verführerisch als Krankenschwester. Es ist nur ein kleiner Schnitt. Tut mir Leid, wenn du Blut an den Morgenmantel bekommen hast.“
„Lass mich sehen, Brett.“
„Raus!“ befahl er. „Ernsthaft. Entweder du hopst sofort in dieses Bett, oder du verschwindest augenblicklich aus meinem Zimmer!“
Er stand auf, kam auf sie zu und schob sie aus dem Raum in den Flur hinaus. Er begleitete sie zu ihrer Tür und sagte: „Sieh dich schnell um! Keine Geister, keine Leute, alles leer. Wie ein einziges großes Grab, was? Zu schade, dass der allmächtige Schlossherr nicht hier ist. Vermutlich würde er denken, dass ich einen neuen Versuch gestartet habe, nachdem er fertig war.“
„Brett, also wirklich…“ begann Sabrina wütend.
„Tut mir Leid. Ich habe nur Spaß gemacht. Geh jetzt in dein Zimmer und schließ die Tür ab.“
„Warum drängst du
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