Mörderspiel
Lust, die liebe Cassandra umzubringen. Sie schrieb hässliche Dinge über dich und deutete an, du hättest überall Affären. Warte mal, du lebst von deiner Frau getrennt, aber ihr seid noch nicht geschieden. Cassie könnte dich mit ihren Anspielungen ein hübsches Sümmchen an Abfindungen – sogar einen richtig dicken Batzen – gekostet haben.“
„Anna Lee, jeder gesteht hier nur Dinge, die ihn selbst betreffen“, ermahnte Jon sie streng.
Tom bedeutete Jon mit erhobener Hand, nicht für ihn einzutreten. „Ist schon gut. Es macht nichts. Ich habe Cassie nicht umgebracht. Ich kenne das Gesetz und meine Verpflichtungen. Außerdem hasse ich meine zukünftige Exfrau nicht, noch neide ich ihr die Hälfte meines Vermögens, weil wir seinerzeit beide das Risiko getragen haben, von meiner Schriftstellerei zu leben. Ich gebe Lavinia jetzt schon alles, was ich habe, und ich gebe es mit offener Hand.“
„Ist das nicht einfach der ideale Mann?“ spottete Anna Lee. „Ich behaupte trotzdem: Du hattest ein Motiv.“
„Da fast alles zum Motiv werden kann, hätte vermutlich jeder eines“, stellte Jon nüchtern fest.
„Ich nicht“, widersprach Dianne leise.
„Du nicht?“ wiederholte Anna Lee skeptisch. „Aber Dianne, Darling, ich fürchte, gerade du kannst dich nicht ausschließen. Also, Cassie war deine Mutter, aber sie hat dich zurückgewiesen. Sie wollte dich nicht öffentlich anerkennen. Du warst ein Problem, eine Störung, jemand, der sie alt aussehen ließ. Vielleicht bist du darüber ausgeflippt, und sie stand zufällig auf dem Balkon und…“
„Was für ein widerlicher Haufen Mist!“ brauste Dianne auf. Sie kam um den Tisch herum, die Hände auf den Hüften, und sah Anna Lee wütend an. „Wie kannst du nur so etwas Schreckliches behaupten, wo du doch diejenige warst, die es darauf anlegte, Aufruhr zu stiften. Du hast die Moral eines Straßenkaters. Weil du Jon nicht haben konntest, hast du dich an meine Mutter herangemacht. Und Gott weiß, an wen sonst noch. Es gefällt dir, wo du auch bist, Chaos zu verbreiten. Auf deiner verzweifelten Suche nach Anerkennung benimmst du dich empörend. Du musst die Welt mit deinen Eskapaden beglücken, weil die Qualität deiner Bücher nicht ausreicht, dir die gewünschte Aufmerksamkeit zu verschaffen!“
„Autsch!“ spöttelte Anna Lee. „Wie konnte ich nur vergessen, dass du Cassies Tochter bist?“ Diannes Schimpfkanonade schien sie nicht sonderlich aus dem Gleichgewicht zu bringen. „Nun ja, jetzt wissen wir alle, wo ich geschlafen habe. Aber, Jungs und Mädels, in der Geschichte steckt noch mehr. Sollten wir nicht alle beichten?“ Sie fuhr zu Joe herum. „Möchtest du etwas dazu sagen?“
Er hob die Hände und zog schüchtern die Schultern hoch. „Ich… ich geriet irgendwie zwischen die Fronten“, erzählte er unglücklich.
Jon stand langsam auf, ging zum Kamin und lehnte sich gegen das Sims. In der Halle war es vor Spannung so still geworden, dass das Fallen einer Nadel fast wie ein Donnerschlag geklungen hätte. Und doch wirkte Jon so ruhig, als würde er nichts Neues erfahren.
Joe räusperte sich. „Ich war wirklich wütend auf Cassie“, erklärte er. „Doch trotz meiner Wut – immerhin verlor ich ihretwegen die Aufnahme in eine bedeutende Anthologie – war ich immer fasziniert von ihr. Da sie mit Jon verheiratet war, hielt ich mich jedoch von ihr fern. Anna Lee amüsierte sich königlich mit dem Wissen, dass ich eine regelrechte Hassliebe für Cassie empfand. Anna Lee muss damals gerade einen rustikalen Appetit gehabt haben, denn sie vergaß für eine Weile ihren Luxusgeschmack und verführte mich. Und dann…“
„Was dann?“ fragte Jon und sah Anna Lee an.
Die zuckte die Achseln, und ein schmerzlicher Ausdruck huschte über ihr Gesicht. „Jon, du wolltest die Wahrheit damals nicht erkennen. Du wolltest dich nicht von ihr scheiden lassen. Ich habe nur versucht, dir zu zeigen, was für eine Sorte Frau sie ist.“
Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Du wolltest mir zeigen, was für eine Sorte Frau meine Frau ist?“
Anna Lee fuhr sich mit der Hand durch ihr schönes Haar. „Du wolltest mir ja nicht glauben, als ich dir sagte, es gehe ihr gut genug, um mit allen zu schlafen.“
„Anna Lee, ich kannte Cassie. Ich wusste von ihren Umtrieben, und meine Beziehung zu ihr war längst beendet. Aber in meinen vernünftigeren Momenten erkannte ich durchaus, was sie tat. Sie war auf der Flucht. Sie versuchte, dem Krebs
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