Mörderspiel
und mir viele Kniffe in dem Gewerbe gezeigt. Sie war eine schöne Frau, und wir hatten jede Menge Spaß miteinander. Wir hatten immer mal wieder eine Beziehung, aber mit vielen Unterbrechungen. Dann wurde sie krank. Und sie wollte nicht allein sein. Da beschlossen wir, den Versuch zu wagen. Unsere Ehe war vermutlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Aber sie war eine Freundin, und ich habe sie geschätzt.“
Jon machte eine Pause, hob plötzlich die Hände und fragte mit einem schwachen Lächeln: „Nun, wer hat nicht mit meiner Frau geschlafen?“
„Also, mein lieber Junge, ich ganz bestimmt nicht!“ empörte sich Reggie.
Jon lächelte. „Sollen wir Handzeichen geben? Wer mit Ja stimmt, wer mit Nein?“
„Ich bin ein Nein“, versicherte Tom.
„Ich auch“, erklärte Camy.
„Nein“, sagte Thayer.
„Ich auch nicht.“ Joshua, der bis zu diesem Moment geschwiegen hatte, beugte sich auf seinem Stuhl vor.
„Ich war gar nicht hier“, erklärte Sabrina leise.
„Es fehlen nur Susan und V.J., die müssen wir dann später befragen“, kommentierte Jon trocken.
„Glaubst du, dass wir für heute alle genug geblutet haben?“ fragte Anna Lee plötzlich.
Sie klang so verändert, dass Sabrina sie erstaunt ansah und sich fragte, ob die schnodderige Unverblümtheit, mit der sie über ihre erotischen Abenteuer sprach, nicht größtenteils Show war. Vielleicht machte sie sich ja doch Gedanken über das, was sie getan hatte.
Es war schon merkwürdig, welche Beweggründe Menschen antrieben. Brett hatte es Jon heimzahlen wollen, weil der ihn unabsichtlich gekränkt hatte. Anna Lee hatte Jon geliebt und deshalb seine Frau verführt. Joe hatte sich in Cassie verliebt und war in Anna Lees Intrige verstrickt worden. Und was die anderen anging…
Cassandra hatte gegen jeden von ihnen etwas in der Hand gehabt. Offenbar hatte es ihr Spaß gemacht, Menschen zu beherrschen. Sie hatte geglaubt, Tom Heart ruinieren zu können, indem sie seine Karriere und seine Ehe zerstörte. Sie hatte sich offene Kämpfe mit V.J. geleistet. Was war mit Thayer, Reggie, Joshua und Camy? Und hatte Cassies Verhalten Dianne vielleicht doch so sehr verletzt, dass sie ihre Mutter umbrachte?
„Jon?“ sprach Anna Lee ihn wieder an, um ihre Frage beantwortet zu bekommen.
Er hob kurz die Hände. „Aus meiner Sicht sind wir einer Klärung des Falles keinen Schritt näher gekommen“, erwiderte er ruhig.
„Das stimmt nicht“, widersprach Brett. „Immerhin wissen wir jetzt, wer mit Cassie geschlafen hat und wer nicht.“
Jon lächelte. „Dadurch wissen wir immer noch nicht, wer sie getötet hat.“
„Falls sie getötet wurde“, gab Anna Lee zu bedenken. Sie beugte sich vor. „Jon, vielleicht sollten wir es dabei belassen.“
„Aber was ist mit all diesen verrückten, irreführenden Spielanweisungen, die einige von uns bekommen haben? Wer spielt uns hier Streiche, um uns Angst zu machen?“ wandte er ein.
„Dianne!“ vermutete Anna Lee.
„Einmal!“ verteidigte sie sich. „Ich habe nur einmal eine Anweisung geschrieben, um euch in die Krypta zu locken.“
„Und was ist mit der Nachricht, die Susan bekam?“ fragte Jon.
„Dianne, wenn du das warst, um Gottes willen…“ drängte Anna Lee sie erneut.
„Ich habe Susans Zettel nicht geschrieben!“ beteuerte Dianne gereizt. „Ich werde hier nichts gestehen, was ich nicht getan habe.“
„Susan ist schlichtweg verrückt“, erklärte Brett, nun ebenfalls gereizt. „Machen wir weiter, indem wir die Unverdächtigen eliminieren. Ich war nicht hier, also bin ich unschuldig. Sabrina war nicht hier. Joshua war nicht hier und Jon ebenfalls nicht…“
„Jeder von uns hätte die Nachricht schreiben können, bevor wir wegritten“, widersprach Jon.
„Aber wenn wir gar nicht hier waren, wie hätten wir Susan dann im Horrorkabinett terrorisieren sollen?“ fragte Brett.
„Komplizen!“ sagte Thayer nur.
„Falls Susan überhaupt terrorisiert wurde“, gab Tom zu bedenken. „Sie ist eine absolute Dramatikerin, und sie blüht auf, wenn sie Aufmerksamkeit erhält.“
„Bitte, Jon“, sagte Anna Lee, „ich habe hämmernde Kopfschmerzen. Könnte ich mich noch eine Weile zum Schlafen hinlegen?“
„Natürlich.“ Er hob abermals kurz die Hände und sah in die Runde. „Wir treffen uns dann zu den Cocktails vor dem Abendessen in der Bibliothek. Wir können unser Spiel fortsetzen. Doch der Fall, den wir lösen, hat vielleicht eher mit unserem Privatleben zu tun.“
„Aber
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