Mörderspiel
eher eine lästige Pflicht – war heute eine Wohltat. Während der mechanischen Bewegungen konnte man gut nachdenken. Und da er auf diese Weise auch noch seine innere Anspannung abreagierte, brauchte er weder mit den Fäusten noch mit dem Kopf gegen die Wand zu schlagen. Er hatte seinerzeit vor Cassies Tod einiges vermutet, wer sich mit wem abgab. Jetzt wusste er es genau. Und er hatte glatt gelogen, als er behauptete, es mache ihm nichts aus. Es war eigenartig, an damals zu denken.
Er war noch blutjung gewesen, als er Cassie begegnete. Natürlich hatte er schon einige Beziehungen hinter sich gehabt, hatte einige Herzen gebrochen und unter gebrochenem Herzen gelitten. Doch dann war er Cassie über den Weg gelaufen. Sie hatte gewusst, wie man hinter den Kulissen die richtigen Fäden zog, und sie hatte sich ausgekannt im Verlagsgeschäft. Sie hatten eine wilde, aber lockere Beziehung und viel Spaß miteinander gehabt. Wenn Cassie keine Zeit für ihn hatte, traf er sich mit anderen.
Irgendwann war er dann Sabrina begegnet.
Liebe auf den ersten Blick war nach seinem Verständnis etwas sehr Unwahrscheinliches, Gefühle sollten sich langsam entwickeln. Doch an ihr hatte er vom ersten Moment an alles geliebt. Ihre Natürlichkeit, ihren Charme und ihre sonderbare Weisheit. Es war wunderbar gewesen, sie zu berühren und in den Armen zu halten. Eigentlich war er davon ausgegangen, dass sie ähnlich für ihn empfand. Doch dann hatte sie ihn plötzlich verlassen. Und trotz seiner Bemühungen, sie zu finden, hatte sie sich geweigert, wieder Kontakt zu ihm aufzunehmen.
Etwas später war Cassie mit der Nachricht zu ihm gekommen, dass sie an Krebs erkrankt war. Sie hatte große Angst gehabt und nicht allein bleiben wollen. Es war falsch gewesen, sie zu heiraten, weil er sie nicht wirklich geliebt hatte. Und möglicherweise war ihr Wissen darum der Auslöser für ihr empörendes Verhalten gewesen. Sie hatten sich unentwegt gegenseitig verletzt. Das war besonders traurig, weil er hatte stark sein wollen für sie. Wenn er schon nicht der Ehemann und Liebhaber sein konnte, den sie sich erhofft hatte, so wollte er doch wenigstens der Freund sein, den sie brauchte. Doch sie hatte den Bogen überspannt und es zu weit getrieben.
„He, gibt’s noch mehr Schaufeln?“
Jon blickte auf. Thayer stand auf der Freitreppe und reckte die Arme.
„Sicher. Angus, wir haben doch noch mehr Schaufeln, oder?“
Angus nickte glücklich.
Thayer begann mit der Arbeit, und wenige Minuten später kam auch Joe noch dazu. Dann tauchte Brett auf. Er sah einen Moment zu und begann ebenfalls zu schaufeln.
Rasch wurden Gehwege sichtbar. Dann kam auch Reggie vor die Tür. „Dahin verkriecht ihr Jungs euch also, wenn ihr euren Einsatz nicht bringen könnt!“ rief sie von den Stufen der Freitreppe.
Brett salutierte. „Komm raus, schaufeln, Reggie.“
„Wage es nicht!“ warnte Jon sie nachdrücklich.
Dianne tauchte hinter ihr auf, gefolgt von Camy.
„Vielleicht ist Reggie wirklich ein bisschen…“, begann Joe.
„Sag es ja nicht!“ warnte Reggie.
„Ich wollte nicht alt sagen, sondern reif!“ verteidigte Joe sich.
„Wolltest du garantiert nicht!“ schimpfte sie.
„Dianne ist jung und biegsam. Komm und arbeite mit, Mädel!“ forderte Joe sie auf.
Sie war passend dafür angezogen – schwarze Hose, schwarze Stiefel und dicker schwarzer Pullover. Sie ging in den Schnee und steuerte auf Joe zu, der ihr seine Schaufel reichte. Doch als sie bei ihm war, bückte sie sich lächelnd, nahm eine Hand voll und warf ihm das weiße flockige Zeug ins Gesicht.
„He, Mann, sie hat dich voll erwischt!“ freute sich Brett.
Joe hatte nicht vor, das auf sich sitzen zu lassen. Er ging in die Hocke, ballte riesige Schneebälle und seifte zuerst Dianne und dann Brett ein.
Jon begann zu lachen – und bekam einen Schneeball an die Schulter. Dianne hatte ihre Attacke jetzt gegen ihn gerichtet. Gerade als er einen Schneeball zurückwerfen wollte, spürte er einen Treffer im Rücken. Er fuhr herum und sah, dass nun auch Camy mit Schnee warf. Weiße Flocken wirbelten überall auf. In kürzester Zeit wuchs die Gruppe an. Anna Lee, die sich so dringend hatte hinlegen wollen, war wieder da. Joshua hatte sich auch zu ihnen gesellt. Und es wurde allmählich schwer, die einzelnen Personen zu unterscheiden, denn alle waren über und über mit Schnee bedeckt.
Sogar der alte Angus mischte mit. Er warf tückische Bälle und teilte mehr aus, als er einsteckte.
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