Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mona Lisa Overdrive

Mona Lisa Overdrive

Titel: Mona Lisa Overdrive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
chinesischen Eisbrecher durch ihren Eiskern jagte.«
    »Hat es später noch mal versucht, Kontakt aufzunehmen?«
    »Nicht, daß ich wüßte. Case meinte, es sei weg, nicht ZHJ wie weg, sondern aufgegangen im Ganzen, in der kompletten Matrix. War quasi nicht mehr LP sondern ZDU Cyberspace. Und wenn es nicht will, daß man es sieht, obwohl man weiß, es ist da, hat man keine Chance, es zu sehen, keine Möglichkeit, es jemand anderem zu beweisen, selbst wenn man ganz sicher weiß, daß es da ist... Und ich, ich wollte davon nichts wissen. Ich meine, was es auch war, für mich war der Fall erledigt, Sense. Armitage war tot, Riviera war tot, Ashpool war tot, der Rasta, der Schlepperpilot, der uns rausgebracht hat, war wieder in Zion und schrieb das vermutlich als weiteren Haschtrip ab ... Ich habe mich von Case im Tokyo Hyatt getrennt, hab ihn nie wieder gesehn.«
    »Warum?«
    »Wer weiß? Einfach so. Ich war jung, und die Sache war vorbei.«
    »Aber VLH hast du droben im Schacht gelassen. In Straylight.«
    »Du sagst es. Und das macht mir zuweilen Kopfzerbrechen. Als wir gingen, Finne, hatte ich den Eindruck, ihr ist alles scheißegal. Daß ich etwa ihren hirnrissigen Vater für sie umgebracht und Case ihre Kerndaten geknackt und ihre KIs auf die Matrix losgelassen hat... Also hab ich sie auf die Liste gesetzt. Wenn du mal mächtig Zoff hast, wenn sie dich kriegen, schauste auf die Liste.«
    »Und du hast von Anfang an auf sie gezählt?«
    »Nein, ich hab 'ne hübsch lange Liste.«
    Von Case, der für Sally, wie Kumiko fand, mehr als nur ein Partner war, war daraufhin nicht mehr die Rede in ihrer Geschichte.
    Als Sally die letzten vierzehn Jahre ihres Lebens für den Finnen zusammenfaßte, stellte sich Kumiko diese jüngere Sally als %LVKRQHQ+HOGLQ des traditionellen romantischen Videofilms vor: übermütig, vornehm und tödlich. Obwohl sie Mühe hatte, dem nüchternen Lebensbericht zu folgen, der gespickt war mit Orten und Dingen, die sie nicht kannte, fiel es ihr leicht, sich vorzustellen, wie sie die typischen Bishonen-Blitzsiege erkämpfte. Aber nein, dachte sie, als Sally abschätzig >ein schlechtes Jahr in Hamburg< anführte — und plötzlich Zorn in ihrer Stimme mitschwang, alter Zorn, zehn Jahre alt — , es wäre ein Fehler, diese Frau mit japanischen Begriffen zu versehen. Es gab keine 5RQLQ ziehende Samurai; das Gespräch zwischen Sally und dem Finnen war ein geschäftliches.
    Sie hatte ein schlechtes Jahr in Hamburg, entnahm Kumiko ihren Worten, nachdem sie ein Vermögen erworben und wieder verloren hatte. Sie hatte sich den Anteil >droben< verdient an einem Ort, den der Finne >Straylight< nannte, gemeinsam mit ihrem Partner Case. Gleichzeitig hatte sie sich damit einen Feind gemacht.
    »Hamburg«, unterbrach der Finne. »Ich hab da einiges läuten hören von Hamburg ...«
    »Das Geld war futsch. Wie das halt so geht, wenn man 'nen Haupttreffer landet, wenn man jung ist... Kein Geld, das war quasi normal für mich. Aber ich hatte noch was mit diesen Frankfurtern laufen, schuldete ihnen was, und daraus wollten die Kapital schlagen.«
    »Inwiefern?«
    »Sollte Typen für sie auf mischen.«
    »Und?«
    »Ich stieg aus bei erster Gelegenheit. Ging nach London ...«
    Vielleicht, so fand Kumiko, war Sally doch mal so was wie ein 5RQLQ eine Art Samurai gewesen. In London sattelte sie allerdings um, wurde so was wie Unternehmerin. Wovon sie lebte, ließ sie offen, stieg aber allmählich ins Geldgeber-Geschäft ein, trieb Kapital auf für diverse Geschäftsvorhaben. (Was war >Kreditkosmetik< oder >Datenwäscherei    »Aix-la-Chapelle. Saß im Direktorium. Sitze noch drin, wenn ich den richtigen Paß benütze.«
    »Seßhaft geworden?« Wieder das Lachen.
    »Klar.«
    »Ist nicht viel durchgedrungen bis zu mir.«
    »Ich hab das Kasino geführt. War alles. Ging prächtig.«
    »Du hast Preiskämpfe gemacht. >Misty Steel<, Federgewicht. Acht Kämpfe. Ich hab bei fünfen Wetten angenommen. Blutige Duelle, Bonbons. Verboten.«
    »Hobby.«
    »Ein Hobby. Ich hab die Videos gesehn. Birmanin hat dir die Seite geschlitzt, live und in Farbe ...«
    Kumiko mußte an die lange Narbe denken.
    »Also hab ich's hingeschmissen. Vor fünf Jahren; war bereits fünf Jahre zu alt.«
    »Du warst nicht schlecht, aber >Misty Steel<... Du meine Güte!«
    »Nun mach mal'n Punkt. Nicht ich hab mir den ausgedacht.«
    »Klar.

Weitere Kostenlose Bücher