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Mona Lisa Overdrive

Mona Lisa Overdrive

Titel: Mona Lisa Overdrive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Gummisocken mit Plastikprofilsohle und schlich auf Zehenspitzen in den Flur hinaus. Im Lift stank es nach Zigarettenqualm.
    Rotgesicht marschierte, die Hände in den Taschen des engen schwarzen Jacketts, im Foyer auf dem blauen Teppichboden hin und her, als sie aus dem Lift kam. »Hm«, räusperte er sich und zog die Brauen hoch. »Brauchst du was?«
    »Ich habe Hunger«, sagte sie auf japanisch. »Ich gehe in die Küche.«
    »Hm«, räusperte er sich, wobei er die Hände aus den Taschen nahm und sein Jackett vorne
    glattstrich. »You speak English?«
    »Nein«, sagte sie und ging einfach an ihm vorbei in den Flur und bog um die Ecke. »Hm«, hörte sie ihn sich räuspern, nun recht dringlich, aber schon faßte sie hinter die weiße Büste.
    Sie konnte das Gerät gerade noch in die Tasche stecken, als er um die Ecke kam. Automatisch prüfte er das Zimmer mit suchenden Blicken, wobei er die Hände lose an den Seiten herunterhängen ließ, ein Gebaren, das sie mit einemmal an die Sekretäre des Vaters erinnerte.
    »Ich habe Hunger«, sagte sie auf Englisch.
    Fünf Minuten später war sie wieder in ihrem Zimmer mit einer großen, britisch aussehenden Orange; die Engländer schienen keinen besonderen Wert zu legen auf die Symmetrie von Früchten. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, legte sie die Orange auf den breiten, flachen Rand der schwarzen Wanne und zog das Maas Neotek-Gerät aus der Tasche.
    »Schnell jetzt«, sagte Colin und warf die Stirnlocke zurück, während er ins Bild kam. »Mach auf und stell den A/B-Schalter auf A! Das neue Regime hat einen Techniker im Einsatz, der die Runde macht und nach Wanzen sucht. Sobald du umgeschaltet hast, zeige ich nicht mehr als Abhörgerät an.« Mittels einer Haarnadel tat sie, was er sagte.
    »Was meinst du damit?« fragte sie, indem sie die Silben formulierte, aber nicht artikulierte. »Das neue Regime?«
    »Hast du's noch nicht gemerkt? Sind jetzt mindestens ein Dutzend Angestellte hier, von
    zahlreichen Besuchern ganz zu schweigen. Nun, ich schätze, es ist weniger ein neues Regime als eine Aufwertung der Vorgänge. Dein Mr. Swain ist insgeheim ein recht geselliger Mensch. Wir haben da ein Gespräch zwischen Swain und dem Vize von Special Branch, für das, stell ich mir vor, viele Leute killen würden, insbesondere auch besagter Würdenträger.«
    »Special Branch?«
    »Die Geheimpolizei. Komischen Umgang, den er da pflegt, der Swain: Buck House-Typen, Zare der Mietskasernen des East End, führende Polizeibeamte ...«
    »Buck House?«
    »Der Palast. Ganz zu schweigen von Bankiers aus der City, einem Simstim-Star, einer oder auch zwei Truppen teurer Helfer und von Drogenhändlern ...«
    »Einen Simstim-Star?«
    »Lanier. Robin Lanier.«
    »Robin Lanier? Der war hier?«
    »Am Morgen nach deiner überstürzten Abreise.«
    Sie schaute Colin in die transparenten grünen Augen. »Sagst du die Wahrheit?«
    »Ja.«
    »Immer?«
    »Soweit ich weiß schon.«
    »Was bist du?«
    »Eine Biochip-Persönlichkeit von Maas-Neotek und programmiert, einem japanischen Besucher im United Kingdom beratend zur Seite zu stehen.« Er zwinkerte ihr zu.
    »Warum zwinkerst du?«
    »Warum meinst du wohl?«
    »Beantworte meine Frage!« Mit lauter Stimme im verspiegelten Zimmer.
    Der Geist führte den schmalen Zeigefinger an die Lippen. »Ich bin noch ein bißchen mehr,
    stimmt. Ich zeige etwas zu viel Initiative für ein bloßes Führungsprogramm, obwohl mein
    Trägergerät vom Allerfeinsten und überaus exklusiv ist. Dennoch kann ich dir nicht genau sagen, was ich bin, weil ich's nicht weiß.«
    »Du weißt es nicht?« Wieder stimmlos, vorsichtig.
    »Ich weiß alles mögliche«, begann er und ging zu einem Dachfenster. »Ich weiß, daß ein
    Serviertisch in Middle Temple Hall angeblich aus dem Holz der *ROGHQ +LQG geschnitzt ist; daß man 128 Stufen erklimmen muß bis zum Laufgang der Tower Bridge; daß in der Wood Street rechts von Cheapside eine Platane steht, in der angeblich Wordworths Drossel gesungen hat...«
    Mit einemmal kehrte er sich zu ihr um. »Stimmt allerdings nicht, denn der jetzige Baum wurde 1998 nach dem Original geklont. All das weiß ich, siehst du, und noch mehr, sehr viel mehr. Ich könnte dir zum Beispiel Snooker* beibringen. Eben GDV bin ich. Oder vielmehr, dazu bin ich eigentlich da. Aber ich bin noch mehr, und das hat höchstwahrscheinlich mit dir zu tun. Was, das weiß ich nicht. Weiß ich echt nicht.«
    »Du bist ein Geschenk meines Vaters. Stehst du mit

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