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Mona Lisa Overdrive

Mona Lisa Overdrive

Titel: Mona Lisa Overdrive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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nach wie vor.
    »Hinterste Provinz«, sagte er und füllte ihr Glas nach.
    »Interessanter Vermerk bezüglich kongenitaler Defekte.« Sie nippte am Wein.
    »Kongenital, genital ... Verändern wir uns nicht alle sehr heutzutage? Wer hat deine Frisur gemacht, meine Liebe?« Er beugte sich vor. »Es ist deine seligmachende Gnade, Danielle, daß du den Rest deines Geschlechts nur entfernt weiblich aussehen läßt.«
    Danielle lächelte.
    Das eigentliche Interview lief ganz ohne Zwischenfälle; Danielle war eine so erfahrene Interviewerin, daß sie ihre Scheinangriffe nicht die Schmerzgrenze überschreiten ließ, wo sie ernsthaften Widerstand herausfordern würden. Als sie sich freilich mit der Fingerkuppe über die Schläfe strich und dabei einen unter der Haut sitzenden Schalter unterbrach und damit die Aufnahme stoppte, rüstete sich Angie für die wahre Attak-ke.
    »Danke«, sagte Danielle. »Der Rest des Flugs ist natürlich ohne Kamera.«
    »Warum nimmst du dir nicht noch 'ne Flasche oder zwei und lehnst dich zurück?« fragte Porphyre.
    »Was ich nicht verstehe, ist«, sagte Danielle, »warum du diesen Aufwand getrieben hast.«
    »Warum ich diesen Aufwand getrieben habe, Danielle?«
    »Und überhaupt in die aufreibende Klinik gegangen bist. Du hast gesagt, es wirke sich nicht nachträglich auf deine Arbeit aus. Du hast auch gesagt, daß es kein >high< dabei gibt im üblichen Sinn.« Sie kicherte. »Obwohl du zugibst, daß der Stoff fürchterlich süchtig gemacht hat.
    Warum hast du dich nun entschlossen, damit aufzuhören?«
    »War schrecklich teuer...«
    »Das dürfte in deinem Fall eine rein akademische Frage sein.«
    6WLPPW dachte Angie, REZRKO HLQH :RFKH GDYRQ EDOG VR YLHO NRVWHQ ZLUG ZLH GHLQ JDQ]HV
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    »Ich schätze, es hat mir nicht gefallen, daß ich Geld hinlegen mußte, um mich normal zu fühlen.
    Oder einigermaßen erträglich normal.«
    »Hattest du eine Toleranz entwickelt?«
    »Nein.«
    »Seltsam.«
    »Eigentlich nicht. Diese Designer liefern Substanzen, die angeblich die traditionellen Nachteile umgehen.«
    »Aha. Aber wie steht's mit den neuen Nachteilen, den DNXWHQ"© Danielle goß sich Wein nach.
    »Mir ist natürlich eine ganz andere Version der ganzen Geschichte zu Ohren gekommen.«
    »Ja?«
    »Aber natürlich. Was es gewesen ist, wer es gemacht hat, warum du es abgesetzt hast.«
    »So?«
    »Es ist ein Antipsychotikum, ist von Sense/Net selber im eigenen Labor hergestellt worden. Du hast es abgesetzt, weil du lieber verrückt sein möchtest.«
    Porphyre nahm Danielle sachte das Glas aus der Hand, deren Lider über den strahlend blauen Augen zu flattern anfingen. »Nacht, gut Nacht, Liebes«, sagte er. Danielle fielen die Augen zu; sie fing leise zu schnarchen an.
    »Porphyre, was ...?«
    »Ich hab was in ihren Wein getan«, sagte er. »Sie wird nichts merken, Missy. Sie wird nicht mehr wissen, außer was im Recorder ist...« Er grinste breit. »Du wolltest dir doch echt nicht den ganzen Flug die blöde Kuh anhören, was?«
    »Aber sie wird was merken, Porphyre!«
    »Wird sie nicht. Wir sagen ihr, sie hat allein drei Flaschen Chablis gekillt und eine Riesensauerei im Waschraum veranstaltet. Und danach wird sie sich auch fühlen!« Er kicherte.
    Danielle Stark schnarchte noch immer, jetzt sogar recht laut, auf einer der Klappliegen im Hinterteil der Kabine.
    »Porphyre«, sagte Angie, »glaubst du, daß sie vielleicht recht hat?«
    Der Friseur sah sie mit seinen tollen, menschenunähnlichen Augen an. »Und du hättest nichts geahnt?«
    »Weiß nicht...«
    Er seufzte. »Missy sorgt sich zu viel. Du bist jetzt los davon. Genieß es!«
    »Ich höre tatsächlich Stimmen, Porphyre.«
    »Tun wir das nicht alle, Missy?«
    »Nein«, meinte sie, »nicht auf die Art. Kennst du dich mit afrikanischen Religionen aus, Porphyre?«
    Er grinste blöde. »Ich bin kein Afrikaner.«
    »Aber als du'n Kind warst...«
    »Als ich ein Kind war, war ich weiß.«
    »Oh.«
    Er lachte. »Religionen, Missy?«
    »Bevor ich zum Net kam, hatte ich Freunde. In New Jersey. Die waren Schwarze und —religiös.«

208
    Wieder grinste er blöde und verdrehte die Augen. »Voodoozeichen, Missy? Hühnerknochen und Minzöl?«
    »Du weißt, so ist das nicht.«
    »Und wenn schon?«
    »Hör auf, mich zu necken, Porphyre! Ich brauche dich.«
    »Bin ja da, Missy. Und ja, ich weiß, was du meinst. Und GDV sind die Stimmen?«
    »Das waren sie. Als ich mit dem Stoff anfing, verschwanden sie ...«
    »Und jetzt?«
    »Sind sie weg.«

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