Mond der Unsterblichkeit
Dennoch wuchs seine U n ruhe stetig. Ohne eine Antwort drehte er sich um, und lief zu der Stelle, an der sie sich g e trennt hatten.
Die Feuer begannen zu erlöschen, was eine Suche im Dunkeln erschwerte. Aidan bereute, keine Taschenlampe mitgenommen zu haben. Er rief ihren N a men. Er kramte ein Feue r zeug aus seiner Hosentasche, jedoch beleuchtete die kleine Flamme nur spärlich die Umgebung.
Dennoch fand Aidan so den Weg, der um den Loch zum Jagdhaus führte, das sich seit Generationen im Besitz der Macfarlanes befand. Bis auf seinen Vater waren alle Vorfahren begeisterte Jäger g e wesen. Aidan nutzte das Jagdhaus zum Umkleiden, wenn er längere Zeit durch den Wald lief. Sonst mied er den Au f enthalt, weil dort sein Albtraum b e gonnen hatte.
Auch damals war er durch die Nacht zum Jagdhaus gelaufen. Deutlich sah er die Bilder vor sich, als wäre es erst gestern geschehen. Es geschah an Beltane. Zah l reiche kleine Feuer säumten den Wald bis zum Jagdhaus. Heimlich war er seinem Vater gefolgt, der in Begleitung von Leuten in schwarzen Kutten diesen Weg en t lang lief. Sie trugen einen Käfig mit einem gefährlichen Wolf ins Moor. Aidan e r innerte sich an die riesigen Fänge des Tieres und die blutunterlaufenen Augen. Irgendjemand hatte ihn nicht weit entfernt vom Schloss en t deckt, als er einen Hirsch riss. Da er sich auf dem Land der Macfarlanes befand, info r mierten sie seinen Vater. Wild lebende Wölfe gab es nicht in Schottland, umso mehr wollte jeder diese Rarität ei n fangen und bestaunen. Doch das Raubtier erwies sich als überaus gefährlich, besonders in der Nacht. Zweimal war es ihm gelu n gen, aus dem Käfig auszubrechen und beim letzten Mal tötete es einen Me n schen. Deshalb ließ Dad das Tier heimlich ins Moor bringen, um es dort zu ve r senken. Von Ne u gier getrieben folgte Aidan ihnen. Das Jaulen des Wolfes klang furch t erregend. Auf dem Weg ins Moor versuchte das Tier, sich aus dem Käfig zu b e freien. Kräftige Klauen schoben sich zwischen die Gitterstäbe und schlugen zu. Einer der Kuttenträger wurde schwer verletzt. Der Wolf hatte ihm eine Schlagader am Bein durc h trennt. Trotz seiner Angst rannte Aidan den Trägern hinterher, getrieben von der Neugier um das weitere Schicksal des Wolfes.
Doch dabei stolperte er über eine riesige Baumwurzel und schlug hin. Sein Kopf prallte gegen etwas Hartes, und er verlor die Besinnung. Als er wieder au f wachte, dämmerte bereits der Morgen. In der folgenden Nacht hatte er zum ersten Mal di e sen Albtraum, der ihn seitdem nicht mehr losließ.
Das Geräusch knackender Zweige riss Aidan aus seinen Erinn e rungen.
„Amber?“
Er knipste das Feuerzeug an und leuchtete zwischen die Bäume. Im spärlichen Licht ließ sich nicht viel erkennen. Nur zwei Schritte von ihm entfernt hing e t was an einem Ast, das sich im leic h ten Wind hin und her bewegte. Aidan ging darauf zu und erkannte ein Stück Stoff. Heiß durc h fuhr es ihn, als er darin einen Fetzen von Ambers Jacke identif i zierte, an dem Blut klebte.
„Amber? Wenn du mich hören kannst, dann antworte, in Gottes N a men!“
Er drehte sich im Kreis, die winzige Flamme in seiner Hand flackerte, bis sie schließlich erlosch.
„Verdammt!“
Auf seinen früheren Streifzügen durch den Wald war er Nachttieren auf Be u tezug begegnet, die die Stille der Nacht durchbrachen. Heute schien alles Leben erstickt zu sein. Vaters Worte hallten in seinem Kopf, dass in der Nacht Sa m hains die Anderswelt ganz nah war, die jenseitige Welt mit einem dunklen Schle i er b e deckte. Ein kühler Wind wehte ihm ins Gesicht, so kalt wie der Atem des Todes. Er musste Amber finden, aber das Gas im Feuerzeug war fast verbraucht. Den Weg zum nicht weit entfernten Jagdhaus kannte er. Die Flamme des Feue r zeugs flackerte kurz auf, und er folgte dem Weg, der sich entlang des Waldes schlä n gelte.
Der Schlüssel für die Eingangstür des Jagdhauses lag noch immer in der kle i nen Mulde des Türrahmens, oberhalb der Tür. Aidan verspürte eine tiefe Unr u he, als bli e be ihm nur wenig Zeit, um Amber zu finden.
Stick i ge Luft schlug ihm entgegen, als er das Haus betrat. Alles lag seit ewigen Zeiten an seinem Platz, etwas, worauf Vater großen Wert legte, und was ihm nun bei der Suche nach einer Tasche n lampe gelegen kam. Er fand die Taschenlampe und nahm ein Seil vom Haken, das oft seinen Einsatz bei Vermissten im Moor fand. Er packte eilig alles zusammen mit einer Wolldecke in einen alten Ruc k sack.
Er
Weitere Kostenlose Bücher