Mond der Unsterblichkeit
er sie an sich und küsste sie. Sie drängte ihre Hüften verlangend an seinen Körper, und er stöhnte auf.
„Hör besser auf damit, sonst verschiebt sich unsere Suche nach der Wahrheit auf unbestimmt Zeit“, flüsterte er an i h rem Ohr.
„Aidan, ich brauche dich. Können wir heute Nacht zusammen sein?“
Fast hätte er das Treffen mit Samuel und Dr. Roning vergessen. Sanft schob er sie von sich. „Ah Mist, ich hab völlig mein Treffen mit zwei alten Bekannten in E dinburgh vergessen. Amber, ich muss da hin. Bitte sei nicht enttäuscht. Morgen früh bin ich z u rück, und dann gehört die folgende Nacht uns. Dann entschädige ich dich gründlich für die eine Nacht Wartefrist.“
„Musst du unbedingt fahren? Bitte Aidan, ich brauche dich heute.“
Sie schlang die Arme um seinen Nacken. Es fiel ihm außero r dentlich schwer, ihrem flehenden Augenausdruck zu widerstehen. „Meinem Vater geht es schlechter. Erst gestern hatte er wieder einen Hustenanfall. Er weigert sich einen Arzt aufz u suchen, weil er nur noch an die Heilkräfte der Druiden glaubt. Ich muss etwas tun, bevor es zu spät ist.“ Und er würde bei Samuel vorbeisehen, den er schon lange nicht mehr gesehen hatte. Der könnte ihm auch mehr über die alten Legenden erzählen. Samuel war Religionswissenschaftler, der sich be s tens mit heidnischen Bräuchen auskannte. Vor Jahren hatte Samuel Gealach verla s sen, kurz nachdem seine Tochter Reggie spurlos verschwunden war. So viele ungelöste Fälle. Seltsam, dass erst Amber ihm die A u gen geöffnet hatte.
„Ja, dann musst du wohl. Ich vermisse dich schon jetzt“, unterbrach sie seine Gedanken.
Er las die Enttäuschung aus ihrer Miene. „Die Zeit vergeht schnell. Morgen gehöre ich dir. Du kannst mich auch jederzeit anrufen.“ Dann beugte er sich e r neut zu ihr hinunter, und ihre Lippen trafen sich zu einem leidenschaftlichen Kuss. „Lass uns zurüc k gehen, ich muss los“, sagte er dann, und langsam begaben sie sich auf den Rüc k weg zum Schloss.
21.
D er Tag zog sich endlos in die Länge. Amber vermisste Aidan. Sie saß im Sessel und versuchte zu lesen, doch sie kam über den er s ten Satz nicht hinweg. Immer wieder grübelte sie über Vaters Tod. Das seltsame Pe n tagramm und Wappen, das für einen Moment sichtbar gewesen war, hatte sie Aidan verschwiegen. Er hätte ihr nicht geglaubt, so wie er ihr die Geschic h te mit dem Werwolf nicht abkaufte. Manchmal hatte sie das Gefühl, dass er die Augen vor der Wahrheit verschloss. Sie klappte das Buch zu.
Heute war sie nicht zur Uni gefahren, weil sie in Mutters Nähe bleiben wollte. Dabei saß diese den ganzen Tag über nur im Sessel und starrte vor sich hin. Alle Versuche, ein Gespräch zu beginnen, schlugen fehl. Wenn Amber ihr Essen brachte, ließ sie es unberührt. Sie verspüre keinen Appetit. Alles Bitten war ve r gebens, bis Amber schließlich au f gab, und sich in ihr Zimmer zurückzog.
Am Nachmittag hatte ihr Mom dann mitgeteilt, dass sie ein paar Tage zu Tante Georgia nach Aberdeen fahren wollte. „Hier erdrücken mich die Erinnerungen. Ich vermisse ihn so sehr. Lasst uns eine Woche zu Georgia fahren. Dann sind wir pünk t lich zur Beerdigung zurück. Bitte.“
In diesem Moment fühlte Amber sich einsamer als je zuvor. Sie wollte nicht allein sein, aber auch nicht Aidan verlassen, weshalb sie sich dazu entschied, ihre Mutter nicht zu begleiten. Und Kevin lehnte ebenfalls ab.
„Dann bleibe ich auch.“
„Nein, Mom, du fährst. Wir kommen schon klar. Du kannst dich auf mich ve r lassen.“
Schließlich konnten sie Mom doch zur Abreise überreden.
Als Amber durch den Flur ging, hörte sie aus Kevins Zimmer hämmernde Heavy Metal Musik. Sie spielte einen Moment mit der Überlegung, ihre Lond o ner Freundinnen anzurufen. Aber dann fiel ihr ein, dass die sich siche r lich bei der Probe im Theater befanden. Also schaltete sie den Fernseher ein. Sie surfte g e langweilt von einem Programm zum nächsten. Sie wollte den Fernseher gerade ausschalten, als in den Nachrichten von der bevorstehenden Mondfinsternis berichtet wurde, die kurz vor Mitte r nacht in ganz Großbritannien zu sehen war.
Sofort erinnerte sie sich wieder an Hermits Worte, und ein kalter Schauer lief ihren Rücken entlang. Bei einer Mondfinsternis öffnet sich das Tor zur Scha t tenwelt. Sie dachte an die Wolfsfrau und daran, dass womöglich noch mehr so l cher Kreaturen die Welt erobern könnten. Ein schrecklicher Gedanke.
Sie warf einen
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