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Mond der verlorenen Seelen

Mond der verlorenen Seelen

Titel: Mond der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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Verarbeitung ist einzigartig und äußerst selten.“
    Oberhalb der Spiegelfläche verharrte seine Hand auf einem Symbol, das sie auf den ersten Blick nicht erkannt hatte. Es bestand aus zwei ineinandergreifenden Kreisen, die von einer blutenden Lanze durchbohrt wurden.
    „Was bedeutet dieses Zeichen?“ Sie drehte sich zum Verkäufer um, dessen weit aufgerissene Augen unverwandt auf den Spiegel gerichtet waren.
    „Es ist ein uraltes Zeichen, das es bereits lange vor dem Mittelalter gab. Die beiden Kreise symbolisieren die Vereinigung von Himmel und Erde oder von Mann und Frau.“
    Das Pathos, das in seiner Stimme mitschwang, ließ Amber aufhorchen. Es erinnerte sie an die Worte Gordon Macfarlanes, als dieser damals vom Beltanefest gesprochen hatte, von der Vereinigung zwischen Gott und Göttin, dem Männlichen und dem Weiblichen. Worte, die sie vergessen wollte, wie all die tragischen Geschehnisse.
    „Ist das vielleicht ein keltisches Zeichen?“ Seitdem sie von Hermit in das alte Wissen der Druiden eingeweiht worden war, maß sie jedem Symbol eine besondere Bedeutung bei. Dieses hier hatte sie allerdings noch nicht gesehen.
    Die Glocke an der Ladentür läutete erneut und zog die Aufmerksamkeit des Verkäufers auf sich, dessen Miene fast entrückt wirkte. Amber wollte ihre Frage wiederholen, stoppte aber, als sie eine vertraute Stimme hörte.
    „Hallo.“
    „Ah, Mr. Duncan“, begrüßte ihn der Verkäufer überschwänglich und wurde emsig, als wittere er ein Geschäft.
    In Amber begann es beim Anblick von Samuel Duncan, im Magen zu kribbeln. Die Lederjacke über der ausgefransten Jeans stand ihm ausgesprochen gut. Die Hose umspannte Beine und Hintern wie eine zweite Haut, dass Amber sich fragte, wie er in das Kleidungsstück überhaupt hineingekommen war. Sein Haar schimmerte feucht, als käme er gerade aus der Dusche.
    „Hallo, Carl“, erwiderte Samuel den Gruß des Verkäufers, lächelte dabei aber Amber zu. Seine Persönlichkeit schien den ganzen Laden auszufüllen.
    Einen kurzen Moment blitzte es in seinen Augen auf, was Amber an ein Raubtier erinnerte, das seine Beute anvisierte. Doch im Nu war der Eindruck verflogen, und sie glaubte, sich das eingebildet zu haben. Durch Aidan war sie besonders sensibilisiert und musste sich immer zuerst vergewissern, dass sie es mit keinem dunklen Geschöpf zu tun hatte. Sie beobachtete ihn eine Weile aus dem Augenwinkel, aber er wirkte völlig normal. Samuel schenkte dem Verkäufer keine Beachtung, sondern kam direkt auf Amber zu. Er blieb dicht vor ihr stehen.
    „Hallo, Amber. Dass wir uns so schnell wiedersehen ...“
    Seine tiefe Stimme brachte in ihr eine Saite zum Klingen, wie sie es vorher in ähnlicher Weise nur bei Aidan erlebt hatte, wenn auch bei Samuel nicht ganz so intensiv.
    „Hallo, Samuel. Bist du mir etwa gefolgt?“ Amber versuchte, ihre Befangenheit mit einer lockeren Bemerkung zu überspielen.
    „Vielleicht.“
    Seine grünen Augen schienen auf den Grund ihrer Seele blicken zu können. Weshalb fühlte sie sich in seiner Gegenwart derart befangen? Und noch immer spürte sie in seiner Nähe keine Schwingungen, die von ihm ausgingen, wie bei jedem anderen.
    „Ihr kennt euch? Samuel, die junge Lady interessiert sich für deinen Spiegel“, mischte sich der Verkäufer ein.
    „Dein Spiegel?“, fragte Amber und sah, wie es um Samuels Mundwinkel belustigt zuckte.
    „Ja, besser gesagt, ein Familienerbstück. Möchtest du ihn vielleicht kaufen?“
    „Ach, du lieber Himmel, nein. Ich habe keinen Job, so was kann ich mir nicht leisten.“
    „Schade“, antwortete Samuel leise.
    Aber er will zu dir.
    Hatte sie eben eine Stimme gehört oder bildete sie sich auch das wieder ein? Amber schüttelte den Kopf. „Bitte?“, stotterte sie verwirrt.
    „Ich glaube, da wirst du dir einen anderen Käufer suchen müssen, Samuel. Da wird dir auch dein Charme nichts nützen, sie zu überreden.“
    „Tja, da kann ich nichts machen.“
    Amber wurde schwindelig und sie schwankte leicht.
    „Ist Ihnen nicht gut?“
    Nicht gut ... nicht gut ... nicht gut ... hallte es in ihr nach. Sie zwinkerte und atmete tief durch, aber gleich darauf ging es ihr besser. Der Spiegel musste dieses Schwindelgefühl heraufbeschworen haben. Amber wollte nur noch aus dem Laden an die frische Luft.
    „Ich ... muss ...“ Noch ehe sie den Satz beendete, stürmte sie aus dem Laden. Vor der Tür rang sie nach Atem. Die kühle Luft tat ihr gut.
    Samuel war ihr gefolgt und stand jetzt neben

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