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Mond über Manhattan

Mond über Manhattan

Titel: Mond über Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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klopfen, hielt es aber nicht für der Mühe wert, nachzusehen, wer es sei. Ich dachte nach und wollte nicht gestört werden. Einige Stunden später hörte ich es wieder klopfen. Dieses zweite Klopfen unterschied sich ziemlich von dem ersten, und ich glaubte nicht, daß es denselben Urheber hatte. Es war ein grobes, brutales Hämmern, eine wütende Faust, die die Tür in den Angeln klappern ließ, während das frühere diskret, beinahe zögernd gewesen war: das Werk eines einzelnen Knöchels, der ganz leise seine intime Botschaft an das Holz klopfte. Stundenlang machte ich mir über diese Unterschiede Gedanken, sinnierte über den Reichtum an Information, den der Mensch mit so einfachen Geräuschen übermitteln konnte. Falls das Klopfen beide Male von derselben Person gestammt haben sollte, dachte ich, dann wäre aus der Veränderung auf eine furchtbare Enttäuschung zu schließen, aber mir wollte einfach niemand einfallen, der so wild darauf sein könnte, mich zu besuchen. Woraus folgte, daß meine ursprüngliche Auffassung richtig war. Es waren zwei Leute. Der eine war in freundschaftlicher Absicht gekommen, der andere nicht. Der eine war vermutlich eine Frau, der andere nicht. Ich sann darüber nach, bis der Abend anbrach. Als ich die Dunkelheit bemerkte, machte ich eine Kerze an und setzte meine Grübeleien fort, bis ich einschlief. In dieser ganzen Zeit kam es mir nicht in den Sinn, mich zu fragen, wer es denn gewesen sein mochte. Oder, genauer gesagt, ich gab mir keine Mühe zu begreifen, warum ich das nicht wissen wollte.
    Am nächsten Morgen fing die Klopferei wieder an. Während ich wach wurde und merkte, daß es kein Traum war, hörte ich draußen auf dem Flur Schlüssel klirren - ein lautes, donnerndes Scheppern, das in meinem Kopf explodierte. Ich schlug die Augen auf, und in diesem Augenblick drang ein Schlüssel ins Schloß. Die Klinke drehte sich, die Tür schwang auf, und Simon Fernandez, der Hauswart, trat ins Zimmer. Er trug seinen üblichen Zweitagebart, dieselbe Khakihose und dasselbe weiße T-Shirt wie schon den ganzen Sommer lang - eine mittlerweile schmuddelige Kluft, beschmiert mit gräulichem Ruß und den Kleckereien von mehreren Dutzend Mahlzeiten. Er sah mir direkt in die Augen, tat aber so, als bemerkte er mich nicht. Seit Weihnachten, als ich ihm sein alljährliches Trinkgeld vorenthalten hatte (auch diese Ausgabe hatte ich mit meinen Büchern bestritten), behandelte Fernandez mich feindselig. Er grüßte nicht mehr, sprach nicht mehr über das Wetter, erzählte nicht mehr von seinem Vetter aus Ponce, der es bei den Cleveland Indians beinahe zum Shortstop gebracht hatte. Fernandez rächte sich, indem er mich wie Luft behandelte, und wir hatten seit Monaten kein Wort mehr gewechselt. An diesem denkwürdigen Morgen aber schlug er eine gänzlich andere Strategie an. Er schlenderte eine Weile im Zimmer herum, klopfte an die Wände, als ob er sie auf Schäden untersuchte, und als er dann zum zweiten- oder drittenmal an meinem Bett vorbeikam, blieb er stehen, wandte sich um und riß theatralisch die Augen auf, als würde er mich endlich bemerken. «Du liebe Zeit», sagte er. «Sie sind noch da?»
    «Bin noch da», sagte ich. «Gewissermaßen.»
    «Heute müssen Sie raus», sagte Fernandez. «Ab Monatsersten ist die Wohnung vermietet, und morgen früh kommt Willie mit den Malern. Sie wollen sich doch nicht von den Bullen hier rausschleifen lassen, oder?»
    «Keine Sorge. Ich werd mich rechtzeitig verdrücken.»
    Fernandez sah sich mit Besitzermiene in dem Zimmer um und schüttelte dann angewidert den Kopf. «Das ist ja vielleicht eine Bude, mein lieber Freund. Erinnert mich an einen Sarg, wenn ich Ihnen damit nicht zu nahe trete. An eine dieser billigen Kisten, in denen sie die Penner begraben.»
    «Mein Innenarchitekt ist in Urlaub», sagte ich. «Wir hatten vor, die Wände usambarablau zu streichen, waren dann aber nicht mehr sicher, ob das zu den Fliesen in der Küche passen würde. Also haben wir beschlossen, noch ein wenig darüber nachzudenken, ehe wir den Schritt wagen.»
    «Ein schlauer Student wie Sie. Haben Sie Schwierigkeiten, oder was?»
    «Ach wo. Ein paar finanzielle Rückschläge, das ist alles. Die Marktlage war in letzter Zeit nicht besonders.»
    «Wer Geld braucht, soll gefälligst arbeiten. Wie ich das sehe, hocken Sie den ganzen Tag nur faul auf dem Hintern. Wie ein Schimpanse im Zoo, haben Sie kapiert? Wer keinen Job hat, kann die Miete nicht bezahlen.»
    «Aber ich habe

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