Mondberge - Ein Afrika-Thriller
die Waffe zurück in das Halfter.
Innocent sah ihn lange an, bevor er sprach.
»Denkst du nicht, dass wir noch ein paar Leute brauchen, wenn wir unser Ziel erreichen wollen?«
Wutschnaubend trat Paul einen Schritt auf Innocent zu.
»Schon wieder mischst du dich in Dinge ein, die dich nichts angehen«, fuhr er ihn an. »Ich weiß genau, was ich tue.« Er starrte seinen Untergebenen an.
Er zog die Pistole wieder aus dem Halfter und zielte auf Innocents Kopf. Der Mann bewegte sich nicht, zeigte keinerlei Angst, sondern betrachtete Paul lediglich mit einer Mischung aus Ernst und Trauer. Hans bewegte sich Zentimeter für Zentimeter zurück. Er war sich sicher, dass Paul ein weiteres Mal abdrücken würde.
»Wenn du deine Ziele erreichen willst,« sagte Innocent ruhig, »musst du mit der ARL erfolgreich sein. Wenn du deine eigenen Soldaten einen nach dem anderen erschießt, wirst du in Bernards Gunst nicht steigen.«
»Bernard wird in nächster Zeit nicht hierher zurückkehren. Dafür werde ich sorgen. Wenn die andere weiße Frau tot ist, hat er keine Möglichkeit mehr, sich freizukaufen. Also müssen wir sie finden und töten. Dabei kann ich keine hysterischen Männer gebrauchen, die glauben, eine Mondfinsternis sei eine Strafe der Geister!« Paul richtete die Pistole neu aus.
»Irgendwann werden sie wieder auftauchen. Sie müssen ja irgendwann aus den Bergen raus. Wir brauchen nur auf sie zu warten und schlagen dann zu. Aber auch dafür brauchen wir noch ein paar Männer.« Innocent verzog keine Miene.
»Auf welcher Seite stehst du eigentlich? Auf Bernards oder auf meiner?« Noch immer zielte die Pistole auf Innocents Kopf.
»Ich stehe auf deiner Seite«, antwortete Innocent. Mit einem Blick auf die Waffe fuhr er fort: »Auch wenn du mich nicht bedrohst.«
»Und das soll ich dir glauben?«
»Es wird dir nichts anderes übrig bleiben.«
Paul verharrte eine Weile regungslos. Schließlich ließ er die Waffe sinken und drehte sich um. Dabei streifte sein Blick Hans, der weit hinter ihn zurückgetreten war. Nur das Weiße seiner Augen war in der Dunkelheit zu sehen. Hans fröstelte.
Kurze Zeit später lag Hans wie erstarrt unter der Decke neben Innocent, nur wenig von Paul entfernt, und rechnete nach, wie groß seine Überlebenschance in diesem Gebirge war. Das Ergebnis war ernüchternd.
65
Tief im Inneren der Berge, kurz nach der Feier
Kambere wartete am Eingang der Höhle, bis Andrea, Peter und Georg in der Finsternis verschwunden waren. Dann folgte er ihnen. Das Wasser des Flusses rauschte laut an ihnen vorbei, kurz bevor es sich in den See des Tals ergoss. Georg hielt seine Stirnlampe in der Hand, in deren Strahl die Ausmaße des Höhlenraums deutlich wurden. Lang gestreckt, kaum höher als zwei Meter, in der Mitte das schäumende Wasser, glitschige Felsen am Rand. Für die Fliehenden gab es nur einen möglichen Weg: durch das Wasser, gegen die Strömung.
Kambere wusste, dass er jetzt noch nicht mit den Fremden gehen konnte. Er hatte noch eine letzte Aufgabe zu erfüllen.
»Hier ist der Anfang dessen, was an anderer Stelle endet. Ihr müsst sehr vorsichtig sein, denn diese Höhle ist heilig«, sagte er und fasste Hitimana am Arm.
»Ich warte hier auf Tom.«
»Dann bleibe ich bei dir«, schoss es aus dem Mund des anderen Jungen. Er würde nicht noch einmal einen Freund zurücklassen.
Kambere widersprach nicht. Er ahnte, dass sie diese Aufgabe zusammen bestehen mussten. Auch wenn das ihren Tod bedeuten konnte.
Georg untersuchte den Flusslauf, so weit das Licht seiner Lampe reichte. Andrea blickte in die entgegengesetzte Richtung und suchte den Eingang der Höhle immer wieder mit den Augen ab, die dabei nervös hin und her sprangen. Auch Peter wirkte unruhig.
»Tom. Warum ist er noch nicht da?«, rief Andrea verzweifelt über das Rauschen des Wassers hinweg.
»Wir können nicht auf ihn warten«, sagte Peter. »Das ist zu gefährlich.«
»Wir kommen mit ihm nach, sobald er da ist«, rief Hitimana zurück. »Ihr müsst losgehen!«
Kambere erkannte in Andreas Augen die Angst, die sie um Tom hatte. »Wenn die Gefahr zu groß wird, dann lass alles los, was dich bedrückt«, sagte er zu ihr. Was auch immer die beiden verband, sie würde nicht so ohne Weiteres in die Tiefe des Berges verschwinden, ohne sicher zu sein, dass Tom ihr folgte.
»Mbusa wird sich um ihn kümmern, und die Balindi werden ihn zu uns bringen. Dann folgen wir euch.«
Peter zog Andrea energisch von den beiden Jungen fort. Georg
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