Mondberge - Ein Afrika-Thriller
Machthabern bereitwillig unterstützt.
Als Habyarimana im April 1994 zusammen mit seinem burundischen Amtskollegen auf dem Flughafen von Kigali landen wollte, erlosch mit einem Mal die Beleuchtung der Landebahn. Zwei Raketen sind in das Flugzeug eingeschlagen und haben es vom Himmel geholt.
In Kigali kursierten damals an jeder Straßenecke Gerüchte. Die Tutsi wurden für diesen Anschlag verantwortlich gemacht. Und die radikalen Hutu des Landes haben die Gelegenheit genutzt, um Rache zu nehmen. Sie haben innerhalb von hundert Tagen etwa eine Million Menschen umgebracht. Sie erschossen sie in ihren Wohnungen oder massakrierten sie auf offener Straße mit Macheten. Die Vereinten Nationen und die von ihnen ausgesandten Blauhelme haben dem Treiben tatenlos zugesehen. Erst der Einmarsch ugandischer Truppen aus dem Norden hat das Morden beendet.
Zwei Millionen Menschen sind in der folgenden Zeit aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen über die Grenze in den Kongo geflohen; die meisten von ihnen waren Hutu. Das Elend in den Flüchtlingslagern muss entsetzlich gewesen sein.
Im Schutz der Flüchtlinge sind aber auch die Hutu-Milizen der Interahamwe in den Kongo entkommen und haben sich dort neu formiert. Von Nord-Kivu im Kongo aus sind sie danach an der Grenze immer weiter nach Norden gewandert. Damals hielten sie sich auch für eine Weile im Ruwenzori auf. Aber heute agiert die ALR viel weiter nördlich.«
»Was wollten die denn jetzt hier?«, fragte Andrea. Ihre Augen flackerten leicht.
»Die Hutu-Milizen haben die Bevölkerung tyrannisiert, haben Nahrungsmittel gestohlen, danach sind sie aber meistens wieder verschwunden.« Manfred sprach in ruhigem Ton.
»Ja, meistens ... «, sagte nun Hans. Er blickte Andrea durchdringend an.
»Was meinst du damit?«, wollte Andrea mit belegter Stimme wissen.
»Na, dass sie manchmal auch mehr als Essen mitgenommen haben.«
»Jetzt sag doch einfach, was du meinst!«
»Frauen. Junge Mädchen eher.«
Ein bedrückendes Schweigen legte sich über die Gruppe. Gerade, als Manfred den Mund öffnete, um etwas zu sagen, sprach Hans weiter:
»Einmal haben sie auch Touristen entführt.«
Andrea erschauerte unter seinem Blick, der unentwegt auf sie gerichtet war.
»Das ist lange her«, unterbrach ihn Manfred barsch. »1999. Und außerdem fand die Entführung nicht hier statt, sondern im Bwindi-Nationalpark, viel weiter im Süden. Hier wie dort ist es heute ruhig und sicher.«
»Aber wenn der RMS doch sagt, dass es Rebellenbewegungen gegeben hat ...«, meinte Michael besorgt.
»Das ist völliger Unsinn«, mischte sich Peter ein. »Die wollen nur mehr Geld haben, wie Manfred schon vermutet hat. Sie werden aber nichts anderes tun, als uns einen weiteren Träger mitzuschicken, der ein verrostetes Gewehr dabei hat und damit noch nicht einmal einen Elefanten treffen würde. Ganz zu schweigen davon, dass er eine Gruppe Touristen vor einer Rebellen-Miliz schützen könnte. Die es hier aber nicht gibt. Glaub mir: Du hast keinen Grund zur Beunruhigung.«
In diesem Moment kam eine Gruppe junger Männer den Hügel hinauf. Sie trugen zerschlissene Klamotten, die meisten hatten Gummistiefel an den Füßen, einige aber auch fast auseinanderfallende Wanderschuhe. Die Männer kamen nicht bis zur Terrasse hinauf, sondern ließen sich mitten auf dem Platz in der Sonne nieder und blickten erwartungsvoll zu den Touristen hinüber.
»Die Träger«, sagte Manfred und erhob sich, um zu den Männern zu gehen. Peter folgte ihm. Kurz darauf entspann sich ein lauter Streit zwischen Manfred und Peter auf der einen und den Trägern auf der anderen Seite. Sie diskutierten lautstark, bis schließlich einige der Männer mit langen Gesichtern wieder abzogen, während etwa zwanzig auf dem Gelände blieben und sogleich in Aktionismus verfielen. Peter schickte sie hin und her. Nzanzu, der alte Guide, kam dazu und rief mit seiner leisen Stimme Befehle. Dann stellte sich Steve bei den Touristen vor, ein junger Guide, der sie begleiten würde.
Martin blickte neugierig auf Steve. Als dieser ihn bemerkte und ihm zulächelte, deutete Martin ebenfalls ein Lächeln an.
Tom suchte sich mit Peters Hilfe einen zusätzlichen persönlichen Träger aus, der seine umfangreiche Fotoausrüstung schleppen sollte. Er hieß Gharib und wirkte noch sehr jung, schien allerdings viel über die Landschaft und die Berge, die Fauna und Flora zu wissen.
Hans suchte sich kurzerhand einen jungen Mann namens Imarika als persönlichen Träger aus,
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