Mondberge - Ein Afrika-Thriller
Peter und Steve stachen mit ihrem hohen Wuchs heraus.
Tom befand sich nur wenige Meter hinter Andrea und Nzanzu und hatte das Gespräch in Teilen verfolgt. Als Nzanzu nun auf die Brücke zuging, beschleunigte er seinen Schritt, um zu Andrea aufzuschließen, bemerkte dann aber Peter neben sich, der ihn skeptisch ansah.
»Du glaubst nicht an die Geister der Mondberge, habe ich Recht?«, fragte der.
»Nein. Es gibt hier keine Geister. Genauso wenig wie bei den Indianern in Amerika oder sonst irgendwo auf der Welt.«
»Aber was ist mit deinem Gott? Dem christlichen Gott? Ist denn der Unterschied zu ihm so groß?«
»Ich glaube daran, dass es für alle Vorgänge in dieser Welt eine rationale Erklärung gibt. Der Baum dort zum Beispiel«, er zeigte auf einen fast zwanzig Meter hohen Stamm, von dem wurstartige Früchte herabhingen, die ihm das Aussehen eines eigenwillig geschmückten Weihnachtsbaumes gaben, »er ist irgendwann aus einem kleinen Samen zu einem stattlichen Baum geworden. Eine nachvollziehbare Folge der Evolution.«
»Ein Omumbiri , der Leberwurstbaum – wie ihr ihn nennt.« Peter lachte. »Du hast natürlich recht, in den großen Früchten sind tatsächlich Samen, aus denen neue Bäume wachsen können. Aber weißt du, was die Menschen hier von dem Baum auch sagen?« Wieder lachte er. Tom schaute ihn fragend an. »Wenn du deinen Schwanz an der Frucht reibst, dann wirst du besonders gut bestückt sein. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Brüste der Frauen.« Peter grinste breit. »Du siehst, es gibt noch eine versteckte Existenzbegründung für diesen Baum.«
Tom lächelte milde. »Nette Geschichte – aber glaubst du an sowas?«
»Die Welt ist voller unerklärlicher Dinge. Da ist es müßig, für alles eine Erklärung zu suchen. Manchmal ist es einfacher, wenn man sich dem Leben hingibt. Wenn man der Möglichkeit Raum gibt, dass es außerhalb unseres Denkens noch etwas anderes gibt. Jenseits unserer Wahrnehmung, die nur durch wenige Sinne genährt wird. Wenn du versuchst, dich auf die Welt, in die wir jetzt eintauchen, voll und ganz einzulassen, dann wirst du neue Erfahrungen machen. Du wirst hingegen nichts dergleichen erleben, wenn du mit der vorgefassten Überzeugung durch die Welt gehst, es gäbe nichts Übernatürliches.«
Skeptisch sah Tom seinen Gesprächspartner an. In ihm sperrte sich tatsächlich alles gegen das, was Peter ihm riet. Was das Übernatürliche betrifft, so hatte er schon vieles ausprobiert, früher. Er war in die Kirche gegangen, hatte den Worten eines Rabbis gelauscht und sich mit dem Buddhismus auseinandergesetzt. Doch als er eines Tages nach zweistündigem Schweigen auf einem Kissen sitzend in den Schlaf gesunken war und sich den Kopf an einer metallenen Klangschale gestoßen hatte, da hatte er für sich beschlossen: Es gab da draußen nichts Übersinnliches, was er erforschen wollte. Basta.
»Versuch es wenigstens«, ermunterte ihn Peter. »Du kannst dabei nichts verlieren.«
Schweigend stiegen sie weiter den Abhang hinauf. Tom spürte die Anstrengung deutlich, er sog die frische Luft in seinen Körper und schwitzte wie in der Sauna. Aber er fühlte sich wohl dabei. Die zugewucherte Landschaft ließ ihn an die Fantasy-Romane seiner Kindheit denken. In einer Gegend wie dieser müsste Märchenmond gedreht werden, wenn das Buch denn jemals verfilmt werden sollte. Dann wandte er sich noch einmal Peter zu: »Ich weiß, es ist nett gemeint, aber sei mir nicht böse: Das hat bei mir keinen Zweck. Ich glaube einfach nicht daran.«
Peter zuckte lächelnd mit den Achseln.
In diesem Augenblick spürte Tom, wie trotz seines Widerwillens in dieser Gegend etwas auf ihn einwirkte, das er sich nicht erklären konnte.
14
Ruhija, Bwindi Impenetrable National Park, 11. Juni
Harald starrte auf die Tür, hinter der Georg gerade verschwunden war, und schüttelte den Kopf.
»Das habe ich mir gedacht«, murmelte er. »Der Kerl hat einfach keinen Mumm in den Knochen.«
Er wandte sich an Jenny und Tim, die noch immer irritiert waren.
»So ist er nun mal: ewig launisch. Daran müsst ihr euch gewöhnen. Aber davon abgesehen ist er ganz umgänglich.« Harald lächelte. »Georg hat einfach Angst, dass seine Stelle gestrichen wird und er nach Deutschland zurück muss, ohne neue Erkenntnisse zu Tage gefördert zu haben. Aber wenn er nichts wagt, dann wird er es auch nie zu etwas bringen.«
»Er hat so einen guten Ruf. Bei uns an der Uni schwärmen alle von ihm ...« Jenny war sichtlich
Weitere Kostenlose Bücher