Mondglanz
dafür, uns auf unbestimmte Zeit festzuhalten. Ich verstehe es einfach nicht. Wie konnte alles nur so verdammt schieflaufen? Ich habe alles richtig gemacht und jede von Tarns Anweisungen genauestens befolgt.
Denk nach, Jax . Wenn ich zulasse, dass sie Vel und mich einkassieren, gibt es kein Zurück mehr. Das Bündnis wird nie zustande kommen, selbst wenn wir irgendwann freigesprochen werden sollten. Ich muss die Situation irgendwie drehen, aber mir fällt nichts ein. Es gibt schlichtweg keine plausible Erklärung dafür, warum ich in einer der Wände meiner Suite ein Fläschchen mit Zitronensäure versteckt haben sollte.
»Ich habe ein Alibi für die Zeit, in der Scharis vergiftet wurde«, erkläre ich trotzig, »und kein Motiv für die Tat.«
Dem Kommandanten ist das egal. Nachdem Vel übersetzt hat, erwidert er lapidar: »Il-Nok könnte in Ihrem Auftrag lügen, oder vielleicht haben Sie das Gift schon zu einem früheren Zeitpunkt heimlich in Scharis’ Essen gemischt, in dem Wissen, dass er es früher oder später zu sich nimmt.«
Seine Argumentation ist noch löchriger als grüner Gehenna-Käse, aber um Beweise geht es hier offensichtlich nicht. Sie brauchen einen Sündenbock, jemanden, den sie der Öffentlichkeit präsentieren und sagen können: »Hier ist die Schuldige. Freut euch, denn sie wird ihre gerechte Strafe erhalten, und ihr könnt wieder ruhig schlafen! Wir haben das Problem gelöst, wie wir es immer tun.«
Die Ithorianer müssen während der Durchsuchung meine Suite gescannt haben, jeden Quadratzentimeter. Sie arbeiten langsam, aber methodisch, und jetzt haben sie die Scans analysiert. Da fällt mir etwas ein.
»Ich wusste, dass Sie meine Räume durchsucht haben«, erkläre ich. »Würde dieses Fläschchen mir gehören, warum habe ich es dann nicht einfach woanders versteckt, bevor Sie es finden? Das ergibt keinen Sinn. Wer immer es hier versteckt hat, wusste entweder nichts von der Durchsuchung, oder es war ihm egal. Keins von beidem trifft auf mich zu.«
»Vielleicht haben Sie unsere Technologie unterschätzt.« Der Kommandant verliert die Geduld mit mir. »Kommen Sie aus freien Stücken mit, oder muss ich Gewalt anwenden?«
Jeder Muskel in meinem Körper macht sich bereit für einen Kampf.
»Das Gift gehört mir«, sagt Marsch plötzlich in die entstandene Stille hinein. »Die anderen wussten nichts von meinen Plänen.« Kerzengerade steht er da, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Er strahlt eine unverrückbare Entschlossenheit aus, als hätte er gewusst, dass es so kommen würde.
O Mutter Maria, nein . Ich erinnere mich, wie er gesagt hat, dass sie es ihm anhängen wollen. Indem ich seine Emotionen zurückgeholt habe, holte ich auch sein monströs ausgeprägtes Pflichtgefühl und diesen unfassbaren Altruismus zurück. Ich weiß genau, warum er das tut. Aber ich will mich nicht von ihm retten lassen. Ich will, dass er bei mir bleibt. Tränen treten mir in die Augen. Er war es nicht. Ausgeschlossen. Trotzdem ist er wild entschlossen. Wahrscheinlich will er uns Schlimmeres ersparen. Etwas sagt mir, dass Marsch den Heldentod einem stillen Abgang als alter Mann an meiner Seite vorzieht. Schon wieder etwas, das wir gemeinsam haben.
Die ganze Crew steht mucksmäuschenstill, keiner wagt auch nur zu atmen. Die Situation ist so angespannt, dass die Luft regelrecht knistert. Jeden Moment könnte hier ein Massaker losbrechen, neben dem Fitzwilliams Fauxpas aussehen würde wie ein harmloser Ausrutscher.
»Und ich wusste tatsächlich nicht, dass das Versteck auf Ihren Scans zu sehen sein würde«, spricht Marsch weiter, als würde er die Anspannung gar nicht bemerken. »Ich wollte dich da nicht mit reinziehen, Jax. Aber ich bin nun mal Purist, und die Vorstellung, uns mit diesen Monstern zu verbünden, dreht mir den Magen um. Wie schlimm es da draußen auch werden mag, wir werden selbst damit zurechtkommen, wie wir es immer getan haben. Während der Achsenkriege hat uns auch niemand rausgehauen.«
Die Überzeugung, die aus seinem Tonfall spricht, schockt mich. Während Vel Marschs Worte übersetzt, werden Dinas Augen immer größer vor traurigem Entsetzen.
Hammer nimmt ihre Hand in dem Versuch, sie zu trösten, aber Dina schüttelt sie ab.
»Nein«, sagt die Mechanikerin schließlich. »Er lügt. Hundertprozentig lügt er. Du darfst das nicht zulassen, Jax.«
Wie, in aller Welt, sollte ich jetzt noch etwas daran ändern? Der Stein wurde ins Rollen gebracht, und die Ithorianer würden nie
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