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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Entzugserscheinungen deutlich an. Segev beeilte sich mit seinen Pflichten und konnte schließlich mit der Ausrede entwischen, er müsse sich um Wein kümmern. Im Schatten der wachsenden, weißen Zeltgruppe von Andrade blieb er stehen und zog den Korken aus der Flasche. Er traute seiner Geschicklichkeit, das Kraut in nur einen Becher zu tun, nicht besonders und gab das Dranath deshalb lieber gleich in die Flasche. Wer vorher noch nie etwas davon genommen hatte, würde von einem Becher nur Kopfschmerzen bekommen.
    Als er zurückkam, war der weiße Pavillon fertig eingerichtet. Lady Andrade ruhte auf einem weichen, gepolsterten Sessel und wurde von Rohan und Sioned umsorgt. Hollis saß daneben. Segev goss ihnen und Urival Wein ein und verbeugte sich tief vor ihnen, wie es jedem guten Lichtläufer mit nur einem Ring in Gegenwart des Hoheprinzen und so hochrangiger Faradh’im zukam.
    »Und das ist die Geschichte von unserem Abend«, sagte Prinz Rohan. »Naydra hat die Leiche als den Mann identifiziert, der heute früh zu ihr gekommen ist. Pandsala hatte übrigens eigene Pläne. Keiner aus ihrer Familie konnte je der Versuchung widerstehen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.«
    Die Höchste Prinzessin nickte dankbar, als Segev ihr Wein eingoss. »Sie hat anscheinend ein bisschen mit Kiele geplaudert, die ihre Leute dann in ganz Waes nach dem Mann fahnden ließ, während Pandsalas Leute ihnen folgten wie die Drachen dem Wild.«
    »Und? Was dann?«, fragte Andrade.
    »Sie haben Kieles Leute bis zum Markt verfolgt, wo offenbar jeder, der diesen Mann gesucht hat, ihn auch fand.«
    Sioned zuckte kurz mit den Achseln. »Rohan meint, die Dinge müssten ihren Lauf nehmen. Nun, das haben sie heute getan.«
    Segev staunte, dass sie sich so offen vor ihm äußerten, doch schließlich gehörte er ja offiziell zu ihnen, er war ja ein Lichtläufer aus Andrades persönlichem Gefolge. Er grinste in sich hinein und stellte sich hinter Hollis Stuhl in den Schatten.
    »Wir haben Kieles Mann gehen lassen«, ergänzte Rohen. »Man kann Kiele schließlich nichts vorwerfen. Sie hat nur Pandsalas Anweisungen befolgt. Es tut nichts zur Sache, dass wir nur zu gut wissen, dass sie ihn sicher getötet hätte, wenn sie ihn in die Finger bekommen hätte.«
    »Allerdings«, stieß Andrade aus. »Und was ist mit diesem Merida, der kein Merida ist?«
    »Wir dachten, du würdest ihn gern mit uns zusammen befragen«, meinte Rohan fast beiläufig. Er winkte Segev, der vortrat und sich verbeugte. »Sagt bitte meinem Knappen draußen, er soll den Mann herbringen.«
    »Sofort, Hoheit.«
    Der Mann wurde im Lager des Hoheprinzen gefangen gehalten. In fast trockenen Kleidern kauerte er mit gesenktem Kopf am Feuer. Seine Arme waren auf dem Rücken zusammengebunden. Rohans Knappe Tallain nickte den Wachen zu, die den Gefangenen auf die Füße stellten. Sein Kopf fuhr hoch, und Segev hätte um ein Haar erschrocken Luft geholt. Einer von Mirevas Leuten – hier! Er ging durch, was er seit seiner Ankunft am Abend gehört hatte, und schluckte seine Angst hinunter. Er musste sie sofort informieren. Dieser Mann durfte nicht so lange leben, dass er Mireva oder ihre Vorhaben preisgeben konnte – oder, noch schlimmer, Segev selbst. Er wich tiefer in die Schatten jenseits des Lagerfeuers zurück und biss sich auf die Lippen.
    Der Mann hatte ihn nicht gesehen, und mit etwas Glück würde er sicher entkommen können, ohne erkannt zu werden.
    »Putzt ihn ab«, sagte Tallain gerade. »Der Hoheprinz und Lady Andrade warten.«
    Segev hielt still, bis er sicher war, dass man seiner Stimme sein Herzklopfen nicht anhören konnte. Dann sagte er: »Würdet Ihr mich bitte bei Lady Andrade entschuldigen? Ich … ich glaube, ich bin von der Reise doch müder, als ich dachte.«
    Tallain blickte mit kurzem Lächeln zu ihm hinüber. »Ich habe gehört, dass das Reisen mit Lady Andrade so etwas mit sich bringt. Ich sage ihr, dass Ihr ins Bett gegangen seid.«
    »Besten Dank«, entgegnete Segev, verbeugte sich und war entkommen.
    Abseits der Zelte atmete er einige Male tief die kühle Nachtluft ein, um sich zu beruhigen. Die Erkenntnis, wer die Mörder auf den Vater des angeblichen Thronfolgers angesetzt hatte, hatte ihn sehr aufgewühlt, doch nicht nur das beschleunigte weiterhin seinen Herzschlag, als er zum Fluss hinunterlief. Er hatte sich daran gewöhnt, unter Faradh’im zu leben. Selbst mit Lady Andrade kam er zurecht. Aber irgendetwas an der Höchsten Prinzessin machte ihn

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