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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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verbarg einen Anflug von Lächeln. Wenn ihre berühmte Verwandte Pol einschüchterte, so war er zumindest entschlossen, es nicht zu zeigen.
    »Hmm, ja, und deiner Mutter«, sagte sie. »Tobin, nimm deinen Mann und deine Söhne mit in dein eigenes Zelt. Ich habe jetzt keine Zeit für Familientratsch. Pol, du kannst mit ihnen gehen. Hollis, Sejast, sagt Urival, ich bin müde und will noch vor Mitternacht in meinem eigenen Bett schlafen.«
    Andrade sah zu, wie man ihre Anordnungen befolgte, wobei ihr auch Pols fragender Blick zu seinen Eltern, ob er Andrade eigentlich gehorchen solle oder nicht, ebenfalls nicht entging. Der Mut des Jungen gefiel ihr, doch sie fühlte sich dabei auch sehr alt. Sie würde ihre ganze Energie und Autorität brauchen, um einen guten, gehorsamen Lichtläufer aus ihm zu machen. Falls das überhaupt jemand konnte.
    »Ich will wissen, was Ihr vorhabt«, sagte sie noch einmal zu Rohan, als die anderen fort waren. »Und sagt mir nicht, Ihr werdet auf die Wahrheit vertrauen. Dieses Spiel wird nicht nach Euren Regeln gespielt.«
    »Was schlagt Ihr denn vor?«, fragte Sioned kalt. »Wenn wir uns Gefolgschaft erkaufen, würde das sicherlich Wirkung zeigen. Es würde nämlich alle zu der Überzeugung bringen, dass wir an unserer eigenen Position zweifeln!«
    »Die Wahrheit kann eine hervorragende Verteidigung sein«, fuhr Andrade auf. »Aber was wir jetzt brauchen, ist eine Strategie für den Angriff.«
    »Ich dachte, Ihr hättet schon alles für uns ausgeheckt, Andrade«, gab Sioned zurück. »Dass wir nur noch sagen müssten, was Ihr uns vorgebt. Ihr seid doch diejenige, die das nicht besonders gut hingekriegt hat.«
    Andrade schwieg einen Moment lang und sah ihre Lieblingsschülerin an. »Wann werdet Ihr endlich begreifen, dass ich niemals gedankenlosen Gehorsam von Euch gefordert habe? Wenn Ihr ein Dummchen gewesen wärt, hätte ich Euch nicht für Rohan ausgesucht.«
    »Ich glaube Euch erst, wenn Ihr es bewiesen habt. Ihr habt gerade das Gegenteil getan, indem Ihr es Eure Wahl nanntet, nicht unsere.«
    Es war ein alter Streit zwischen ihnen, der Andrade plötzlich müde machte. »Ich habe Euch beiden die Möglichkeit gegeben zu wählen. Aber ich gebe niemandem außer meinen Lichtläufern Befehle. Und Ihr werdet vielleicht bemerkt haben, dass ich Euch keine Befehle mehr erteile. Ich habe gelernt, dass es nichts nützt.«
    »Und sagt Ihr auch jedem, dass ich keine Lichtläuferin mehr bin?«
    »Schluss jetzt«, sagte Rohan ruhig. »Andrade, du hast nach meinen Plänen gefragt und dir die Frage selbst beantwortet. Unsere einzige Waffe ist die Wahrheit. Ich kann mich nicht aus dieser Situation herauskaufen oder herausreden oder herausbefehlen. Masuls Anspruch muss abgeschmettert werden, sonst ist Pols Anspruch auf die Prinzenmark niemals sicher. Das Einzige, worauf ich vertrauen kann, ist die Wahrheit.«
    »Und nicht mir«, flüsterte Andrade und fühlte sich wieder sehr alt, wenn sie sich auch sagte, dass sie nur müde sei. »Meine Wahrheit ist verdächtig.« Sie legte die Finger fest um ihren Kelch und starrte auf die Armbänder an ihren Handgelenken, die über dünne Kettchen mit ihren Ringen verbunden waren. »Es kommt mich hart an. Nichts, was mit Roelstra zu tun hat, passiert jemals so, dass ich es beeinflussen kann.« Sie ließ sich hinreißen und schmiss ihren Kelch auf den Boden. »O Göttin! Warum konnte er nicht einfach sterben und uns für immer in Ruhe lassen?«
    Einen Augenblick später meinte sie mit einem verärgerten Achselzucken angesichts ihres beschämenden Ausbruchs: »Verzeihung. Ich sorge dafür, dass Ihr einen neuen Teppich bekommt für den, den ich gerade verdorben habe.«
    Sioned sprach mit leiser, fast entschuldigender Stimme: »Herrin, auch wenn ich nur noch den Ring meines Mannes trage, sind die, die Ihr mir gabt, doch noch an meinen Händen. Sagt uns, was wir Eurer Ansicht nach tun sollten.«
    Bewegter, als sie zugeben wollte, schüttelte Andrade den Kopf. »Ich bin müde. Wir reden morgen weiter.« Sie stand mühsam auf und murmelte: »Hat Urival das verdammte Zelt denn immer noch nicht aufgebaut?«
    Doch er war mit seiner Arbeit fertig und ließ es jetzt mit Teppichen, Tischen, Stühlen, Betten und anderen Annehmlichkeiten aus den Gepäckwagen ausstatten. Segev ging ihm und den anderen Lichtläufern zur Hand, nachdem er Hollis einen Stuhl zum Ausruhen gebracht hatte. Er hatte heute keine Gelegenheit gehabt, ihr frisches Dranath zu geben, und man sah ihr die

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