Mondlaeufer
Luft, wodurch gleichzeitig verborgen wurde, dass nicht alle von ihnen Lichtläufer waren; ihre blauen, braunen oder schwarzen Mäntel verhüllten die verräterischen Abzeichen der Leute von Rohan, Chay und Pandsala. Eine sorgfältige Untersuchung einiger anderer Zelte hätte Aufschluss darüber geben können, wer sich mit der Herrin der Schule der Göttin im Schutz dieser Nacht traf. Dass es Spione geben könnte, war jedoch aus zweierlei Gründen unwahrscheinlich: wegen der ungewöhnlich späten Stunde und deswegen, weil das ausgiebige Bankett erst vor Kurzem geendet hatte. Niemand hatte Wichtigeres zu tun, als rasch ins Bett zu kommen und den Kopfschmerzen vorzubeugen, die am nächsten Morgen sicher alle heimsuchen würden. Ostvel hatte die klare Anweisung gegeben, dass die Gäste des Hoheprinzen keinen Augenblick vor leeren Bechern sitzen durften.
Rohan, Pol und Pandsala kamen zuerst. Alle drei schäumten noch wegen der Art und Weise, wie Masul die Edelsteine entgegengenommen hatte, die er im Rennen gewonnen hatte: die Amethyste der Prinzenmark. Sie waren natürlich der Grund, warum er ausgerechnet an diesem Rennen teilgenommen hatte. Seine Verbeugung vor Rohan war geradezu respektlos und von einem unverhohlen spöttischen Grinsen begleitet gewesen. Obwohl er mit Kiele und Lyell an einen der unteren Tische verwiesen worden war, hatte er dort vor und nach dem Essen praktisch Hof gehalten. Pandsalas Zorn war so groß gewesen, dass sie keinen Bissen gegessen hatte. Rohan hatte seinen Ärger besser im Zaum, und Pol war lieber dem Beispiel seines Vaters als dem seiner Regentin gefolgt. Sioned war die Einzige, die Masuls Triumph getrübt hatte, wenn auch niemand wusste, wodurch ihr das gelungen war. Er war erschreckt zusammengefahren, als sie sich bei Einbruch der Dämmerung erhoben und mit einer Handbewegung die Kerzen und Fackeln entzündet hatte. Ihr Lächeln in seine Richtung war ungemein giftig gewesen.
In Andrades Pavillon waren Stühle um ein kleines Heizbecken aufgestellt, dessen glühende Kohlen die kalte Nachtluft fernhielten. Urival saß neben Andrade auf einer Seite des Kreises, Pol zwischen seinem Vater und Pandsala auf der anderen. Keiner sagte ein Wort. Tobin und Chay kamen etwas später mit ihren drei Söhnen; Ostvel und Riyan schlossen sich kurz darauf an. Zuletzt kam Sioned mit Alasen von Kierst. Das Mädchen hatte die Hände fest gefaltet und schlug nicht die Augen auf, als sie dem Kreis offiziell vorgestellt wurde. Andrade sah Sioned fragend an und berührte ihre eigenen Ringe. Sioned nickte bestätigend. Die Herrin der Schule der Göttin warf einen prüfenden Blick auf die junge Prinzessin, die zwischen Sioned und Andry Platz nahm.
»Hollis sollte auch hier sein«, erklärte Sioned, wobei sie Maarken ansah.
Der junge Mann wurde rot. Auf die fragenden Blicke seiner Eltern hin holte er tief Luft und sagte: »Ich hätte es Euch schon früher sagen sollen. Ich möchte sie eigentlich in ein paar Tagen ganz offiziell zum Mitglied unserer Familie machen.«
Tobin sank sprachlos in ihrem Stuhl zurück, Chay stand einfach der Mund offen. Sioned flüsterte Andry zu, er möge Hollis suchen. Dann sagte sie: »Entschuldige, Maarken, aber ich wusste nicht, wie wir sie sonst dabeihaben können, ohne dass es für die, die es nicht wissen, seltsam gewirkt hätte.«
»Sioned, mein Schatz«, murmelte Rohan, »du bist so subtil wie ein Drache, der eine unbewachte Herde ausgemacht hat.«
Maarken sah immer noch seine Eltern an. »Ich konnte irgendwie nicht den richtigen Moment finden, es Euch zu sagen. Ich weiß, Ihr hattet noch keine Gelegenheit, sie kennenzulernen, aber ich hoffe, Ihr gebt uns euren Segen.«
Tobin lächelte ihren Ältesten an: »Ich war darauf vorbereitet, jede zu lieben, die du wählst, Junge. Und das hast du mir wirklich sehr leicht gemacht. Aber ich werde es Sioned nie verzeihen, dass sie es als Erste wusste!«
»Ich habe es ihr gar nicht verraten«, erklärte er und begann zu lächeln. »Wir hatten darum gewettet, ob sie es erraten würde.«
Chay griff um Sorin herum nach Maarkens Arm. »Wenn sie ebenso klug ist wie schön, hast du wirklich Glück. Und eine Lichtläuferin. Wie viele Ringe?«
»Sechs, wie ich.«
»Dein Großvater Zehava sagte immer, er wolle gut aussehende Nachkommen haben«, neckte ihn Rohan. »Ich glaube, diesem Anspruch wird auch die nächste Generation gerecht werden.«
Andrade saß ruhig lächelnd da, während die anderen gratulierten. Schließlich sagte sie:
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