Mondlaeufer
hättest mich gestern Abend sehen sollen. Und ich fürchte, ich habe irgendwas Schreckliches mit dem Deck angestellt.«
»Das macht gar nichts«, tröstete ihn Tobin. »Es beweist nur, dass du die Faradhi -Gabe hast.« Sie drehte sich um und lächelte Meath an: »Willkommen in Radzyn. Und vielen Dank, dass Ihr Euch unterwegs um Pol gekümmert habt.«
»Das kann ich nicht gerade behaupten, Herrin«, sagte der Lichtläufer, als er sich von seinem Pferd schwang. »Seid gegrüßt im Namen der Göttin, Herr!«, fuhr er fort und verbeugte sich vor Chay. »Ich überbringe Euch die besten Grüße von Prinz Lleyn und seiner ganzen Familie.«
»Schön, dass Ihr hier in Radzyn seid«, gab Chay zurück, »und es ist gut zu wissen, dass der alte Knabe wohlauf ist. Wenn Ihr nicht zu müde seid, dann kommt doch alle drei mit und seht Euch unsere neuen Fohlen an.« Er legte Pol kameradschaftlich den Arm um die Schulter. »Ich bin unverschämt stolz auf sie – wie auf meine gesamte Brut«, fügte er mit einem Lächeln in Richtung auf seinen Ältesten hinzu.
Als sie zum Zaun der Pferdekoppel gingen, bemerkte Meath: »Die Söhne und Lichtläufer der Wüste sind ebenso gut wie ihre Pferde. Ich weiß das aus Erfahrung, Herr.«
Tobin nickte stolz. »Ihr werdet merken, dass in diesem Jahr jedes etwas ganz Besonderes ist. Pol, siehst du die sechs kleinen Prachtstücke dort drüben? Drei Graue, ein Fuchs und zwei beinahe Goldene?«
Bei ihrem Anblick hielt Pol den Atem an. Spielerisch sprangen sie auf ihren langen Beinen herum und bewegten sich eher graziös als linkisch, obwohl sie erst wenige Tage alt waren. Besonders die zwei goldfarbenen Fohlen schlugen Pol in Bann. In Farbe und Größe wie auch in der Dunkelheit von Mähne und Schweif ähnelten sie einander wie zwei Drachen, die aus derselben Schale geschlüpft waren. »Sie sind herrlich!«, rief er aus.
»Das müssen sie auch sein.« Chay verschränkte seine Arme auf dem obersten Balken des Zauns und sah träumerisch zu den Fohlen hinüber. »Ihr Blut lässt sich bis zum Anbeginn der Welt und wieder zurück verfolgen, denn sie stammen von meinen besten Stuten und dem alten Schlachtross Eures Vaters, Pashta, ab. Wenn es Pferdeadel gibt, dann siehst du ihn hier. Pashtas letzte Nachkommen sind noch schöner als die ersten.«
»Seine letzten?« Pol sah zu seinem Onkel hoch.
Chay nickte. »Er starb im letzten Winter. Sehr leicht und in sehr hohem Alter – und voller Selbstbewusstsein. Fast als ob er gewusst hätte, wie diese sechs werden würden. Bis zum nächsten Rialla sind sie für dich bereit.«
»Für mich?« Pol konnte sein Glück nicht fassen.
»Für wen sonst?« Chay schlug ihm auf die Schulter. »Du weißt, es ist Radzyns Pflicht, seine Prinzen mit ordentlichen Pferden zu versorgen. Alle sechs gehören dir.«
Der Junge starrte ehrfürchtig die Fohlen an und stellte sich vor, wie sie in drei Jahren aussehen würden. Wie sie gebaut waren und an dem Spiel ihrer Ohren konnte er den alten Pashta erkennen – den geliebten Hengst seines Vaters, auf dem er seiner Mutter Sioned auf einem Rialla -Rennen die Hochzeitssmaragde erkämpft hatte. »Danke, Herr«, brachte Pol heraus. »Sollen sie wirklich mir gehören?«
»Natürlich.«
»Aber ich brauche keine sechs Pferde für mich allein. Würde es … würdet Ihr böse sein, wenn ich die anderen verschenke?«
»An wen denkst du dabei?«, fragte Chay neugierig.
»Mein Vater würde sicher gerne einen Sohn von Pashta haben. Und Mutter wird auf einem der goldenen zauberhaft aussehen. Sie und Vater sollen die beiden haben, ein perfektes Paar.« Er hielt inne. »Wäret Ihr einverstanden, Herr?«
»Vollkommen. Und jetzt Schluss mit diesem ›Herr‹-Getue, sonst sag ich gleich noch ›Eure Hoheit‹ zu dir. So, nachdem das erledigt ist, möchtest du sicher die Stute sehen, die du für mich nach Waes reiten sollst. Ich brauche einen einfühlsamen Reiter mit einer ruhigen Hand für sie. Wenn du mir einen Gefallen tun willst, dann kannst du sie im Sommer draußen in der Wüste trainieren. Willst du?«
Pol strahlte: »Und ob!«
Sie brachten den restlichen Vormittag damit zu, diverse Stuten und Wallache anzusehen, die in Waes verkauft werden sollten, einschließlich des Pferdes, das Pol für diesen Sommer gehören sollte. Die hübsche kastanienbraune Stute betrachtete Pol zunächst aufmerksam mit ihren großen, dunklen Augen und stupste ihn dann als Freundschaftsangebot mit ihrer weichen Nase an. Er war entzückt, und nur seine
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