Mondlaeufer
erkannte seine tödliche Entschlossenheit. »Ihr glaubt wahrscheinlich, das Alter sei in jedem Fall auf Eurer Seite. Nur ein Ritter darf eine solche Forderung aussprechen. Ich habe so etwas erwartet, seit Seine Hoheit von Cunaxa Euch gestern in diesen Stand verholfen hat. Doch es ist auch wahr, dass nur ein Ritter antworten darf.«
»Vater«, sagte Pol leise. Seine Stimme war heiser vor Hass. »Die Prinzenmark gehört mir.«
»Daran besteht kein Zweifel, mein Sohn. Aber ich werde nicht zulassen, dass du deine Hände mit diesem Ungeziefer besudelst.«
»Wie ich hörte, hat Euer Schwert seine Scheide seit fünfzehn Jahren nicht mehr verlassen«, erklärte Masul gedehnt. »Es hat noch nicht einmal Euren großen Saal verlassen. Ich frage mich, wessen Schwert Ihr Euch ausleihen wollt – und ob Ihr noch wisst, wie man eins benutzt.«
Rohans Lächeln wurde ein klein wenig breiter. »Da ich herausgefordert wurde, steht mir die Wahl der Waffen zu.«
»Und welche sind das? Gesetzesbücher, auf fünfzig Schritt Abstand geworfen?«
»Ich gehe davon aus, dass Ihr ein Messer nicht nur zum Zwiebelschneiden verwenden könnt.«
Die beleidigende Anspielung auf Bauernessen ging an Masul völlig vorbei. Anscheinend hatte ihn jemand gewarnt, dass Rohan der beste Messerkämpfer der letzten drei Generationen war. Einen Moment lang wirkte er daher eingeschüchtert, ehe er wieder Haltung annahm. »Also die Messer, Hoheit.«
»Nein«, sagte Maarken, der plötzlich neben Chay auftauchte. »Schwerter. Eures und meins.« Er verbeugte sich vor Rohan und Pol und sprach jetzt sehr formell: »Eure Hoheiten, ich erbitte das Recht, für Euch gegen diesen Herausforderer kämpfen zu dürfen. Seine Hoheit, mein Vetter, ist zu jung, und Ihr, mein Prinz, habt vor langer Zeit einen Schwur geleistet, den ich nicht gebrochen sehen will. Nicht, solange mein Schwert Euch dienen kann.«
»Maarken …« Chays Stimme klang halb erstickt.
»Vater, ich weiß, was ich tue. Er hat nicht nur unter den Prinzen endlose Uneinigkeit hervorgerufen, sondern auch einen Faradhi ermordet.«
Diese Enthüllung brach die respektvolle Stille endgültig. Die Lichtläufer verharrten in ihrem rituellen Kreis, doch sie wandten sich alle der Gruppe um Rohan zu. Diejenigen, die den Flammen den Rücken zuwandten, waren silbergraue Gestalten ohne Gesichter; diejenigen, die über das Feuer herüberblickten, schienen unter ihren Kapuzen und Schleiern genauso gesichtslos zu sein. Doch ihre Ringe – vier hier, acht dort, und nur einer an Sioneds schlanken Händen – schluckten die Flammen und spien sie in strahlenden Farben wieder aus.
»Seht euch seine Hand an«, sagte Maarken. »Er trägt einen Lichtläufer-Ring. Den hat er Kleve abgenommen, nachdem er ihn umgebracht hat.«
»Das ist wahr.« Auch Riyan hatte jetzt den Kreis der Faradh’im verlassen und trat zu ihnen. Er war offensichtlich erleichtert, dass seine Informationen doch noch verwendet werden konnten. »Er wohnte in einem Landhaus von Lady Kiele und ihrem Gemahl. Ich weiß es, weil ich ihr eines Nachts gefolgt bin.«
Irgendwo in der Menge schluchzte jemand auf. Rohan hätte sein Drachengold darauf verwettet, dass das Kiele war.
» Faradhi -Schnüffler«, zischte Masul.
»Mörder«, schoss Riyan zurück. »Ihr habt die Beweise zurückgelassen, aber ein Ring fehlte. Und dieser Ring steckt jetzt an Eurer Hand!«
Andry ähnelte seinem Großvater mit dem Raubvogelgesicht plötzlich mehr als seinen Eltern. Seine Augen waren beinahe schwarz vor Wut. Er hatte von Kleves Tod erfahren und auch davon, wer dafür verantwortlich war, doch dass der Thronräuber es wagen würde, sich einen Faradhi -Ring anzustecken, weckte etwas katzenhaft Tödliches in dem jungen Mann. Er packte Masuls Handgelenk und hielt die Hand hoch, sodass alle den Ring sehen konnten.
»Der goldene Ring eines Lichtläufers«, sagte Andry, »aus Faradhi- Gold. Dafür werdet Ihr sterben.«
Masul lachte schroff und riss seine Hand aus Andrys Griff los. »Gebt acht, was Ihr sagt und wie Ihr Euch benehmt, junger Herr. Wenn ich der Hoheprinz bin, werden alle Höfe Euch Lichtläufer in der Schule der Göttin im Auge behalten. Nicht umgekehrt. Die Prinzen haben das Recht, ihre Angelegenheiten so zu regeln, wie sie es wünschen. Ohne dass sich Faradh’im einmischen, deren einzige Macht doch die Furcht vor ihrer alten Herrin war. Ich bezweifle, dass Ihr genauso einflussreich sein werdet.« Er sah sich unter den Anwesenden um. »Ja, ich habe Andrades Spion
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