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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Pols Geburt trug Sioned nur noch den Smaragdring ihres Gatten, nicht die sieben anderen, die sie als Faradhi erworben hatte – zum sichtbaren Zeichen, dass sie sich nicht länger von Andrade und der Schule der Göttin lenken lassen wollte. Und genau das beunruhigte die anderen Prinzen.
    Es hätte sie zwar auch nicht getröstet, wenn Andrade über Rohan und Sioned regiert hätte. Es war nur der Gedanke, dass die zwei Arten der Macht überhaupt miteinander verschmolzen. Da war ja nicht Pol allein, sondern auch Maarken, sein jüngerer Bruder Andry und Riyan von Skybowl. Die anderen Prinzen fürchteten die Macht eines Lords, der nach Belieben Feuer beschwören, jeden Hof über einen Lichtstrahl beobachten und überall fremde Augen und Ohren benutzen konnte. Lichtläufer hatten strenge Vorschriften: das Verbot, ihre Gabe zum Töten zu benutzen; das ebenso strenge Gebot, dass der Vorteil des einen Landes nicht auf Kosten eines anderen gesucht werden durfte. Doch was hatte Andrade mit Regenten im Sinn, die beide Arten der Macht besaßen?
    Sie bewegten sich auf einem schmalen Grat. Maarken war bisher noch nie vor eine Entscheidung gestellt worden, doch er wusste, es würde eines Tages so weit kommen. Dem mitunter gehetzten Ausdruck in Sioneds Augen nach hatte sie ihre Entscheidung bereits getroffen – und was auch dabei geschehen war, es hatte ihr Angst eingejagt. Mit seinen Eltern konnte er über solche Dinge nicht reden. Trotz ihrer drei Ringe würde seine Mutter ihn nicht verstehen. Zwar hatte sie eine gewisse Macht und war Herrin von Radzyn, doch sie dachte nicht wie eine Lichtläuferin. Sie war nie in der Schule der Göttin ausgebildet worden. Beim Gedanken an Sioned entspannte sich Maarken jedoch ein wenig. Mit ihr würde er über all dies sprechen können. Sie war die Erste gewesen, die beide Formen der Macht besessen hatte. Und sie hatte die gleiche Angst um ihren Sohn, die Maarken um sich und seine ungeborenen Kinder hegte.
    Er wendete seinen Hengst, bevor er die Tore von Whitecliff erreichte, denn noch wollte er, der künftige Herr, dort nicht einreiten. Ein einziges Wort zu seinem Vater, dass man doch die Einrichtung im Hinblick auf seine Hochzeit herrichten könnte, würde seinen Eltern verraten, dass er endlich ernsthaft daran dachte, eine Frau zu wählen. Aber er wollte warten und erst mit Sioned reden. Und in Waes würden alle selbst sehen können, wie wunderbar Hollis war, ohne dass er etwas sagen musste.
    Nur mit ihr an seiner Seite wollte er durch die Tore von Whitecliff reiten.

Kapitel 4
    Der Hoheprinz lag lange faul im Bett und nahm dann sein Frühstück aus frischem Obst und Blätterteighörnchen ein. Mit Wasser verdünnter Wein spülte alles hinunter. Neben seinem Ellenbogen lag ein Stapel von Schreiben, von denen das oberste mit etwas Apfelbutter beschmiert war. Normalerweise arbeitete Rohan sogar beim Essen, doch heute vernachlässigte er seine Pflichten und beobachtete amüsiert, wie seine Gemahlin die Nerven verlor.
    Ihr türkisfarbener, seidener Morgenrock bauschte sich auf, als sie hin und her lief. Dreimal schon hatte sie ihr langes, rotgoldenes Haar geflochten und wieder gelöst, weil sie mit ihrer Frisur nicht zufrieden war. Bei jeder raschen Bewegung ihrer Finger blitzte ihr Smaragd im Sonnenlicht auf. Über einem Sessel lagen mehrere Gewänder, doch sie hatte mit der Anprobe noch nicht einmal begonnen, weil sie noch immer mit ihren Haaren beschäftigt war. Ihre gemurmelten Flüche und ärgerlichen Ausbrüche waren für Rohan eine prächtige Unterhaltung.
    Schließlich bemerkte er: »Für mich hast du dir nie so viel Mühe mit dem Ankleiden gemacht.«
    Sioned sah ihn wütend an: »Söhne sehen genauer hin als Ehemänner, besonders wenn der Sohn drei Jahre fort war!«
    »Dürfte ein einfacher Ehemann wohl einen Vorschlag machen? Warum machst du dich nicht einfach so zurecht wie immer? Pol will schließlich seine Mutter sehen, nicht die prachtvoll gewandete, juwelengeschmückte Prinzessin.«
    »Meinst du?«, sagte sie unglücklich und wurde rot, als er anfing zu lachen. »Lass das! Ich weiß, dass es verrückt ist, aber ich muss die ganze Zeit daran denken, wie sehr er sich verändert haben muss.«
    »Er wird gewachsen sein, bessere Manieren haben und ein besseres Verständnis für seine Stellung«, zählte Rohan auf. »Mir ging es als Knappe genauso. Aber in allem, worauf es ankommt, wird er noch derselbe sein – und er wird dich genauso schön finden, wie du in seiner Erinnerung warst.«

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