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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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und ist für ihre Existenz verantwortlich. Wir sind hier, um seine Befehle und Gesetze zu befolgen.«
    Ich blinzelte. Keine Göttin? Wie konnte das sein? »Aber die Erschaffung des Lebens ist doch Sache der Frauen«, sagte ich. »Was kann ein männlicher Gott von diesen Dingen wissen?«
    »In meinem Glauben sind es die Göttinnen Anahit und Astghik, die Leben und Liebe bringen«, pflichtete Iotape mir bei. »Warum will euer männlicher Gott keine Gefährtin haben?« Sie blickte mich an und lächelte, so als suchte sie meine Zustimmung.
    »Unser Gott steht über allem. Es gibt nur einen einzigen Gott«, wiederholte der Rabbi. »Ihm verdanken wir alles. Er hat uns zu seinem Volk auserwählt und uns seine Gebote gegeben.«
    Dann hob der Rabbi an, die Geschichte von ihrem ersten Mann und der ersten Frau zu erzählen. Sein Gott hatte sie in einen Garten der Glückseligkeit gesetzt und ihnen befohlen, nicht die Frucht eines magischen Baumes zu essen. Aber eine Schlange führte sie in Versuchung und so aßen beide von der verbotenen Frucht. Darüber war der Gott sehr erzürnt und der Mann hat der Frau die Schuld gegeben.
    »Aber wenn doch beide, der Mann und die Frau, von der Frucht gegessen haben, warum bekommt dann die Frau alle Schuld?«, unterbrach ich ihn und rutschte ein Stück auf der hölzernen Bank nach vorne. Ich schaute nicht zu Euphronius hinüber, da ich vermutete, dass er mir böse Blicke zuwarf.
    »Weil sie schwächer ist und den Mann in Versuchung geführt hat«, sagte der Rabbi, anscheinend überrascht über die Frage. »Und deswegen trifft sie mehr Schuld.«
    »Aber …«
    Euphronius räusperte sich.
    Ich achtete nicht auf ihn. »Aber war sie nicht einfach nur neugierig? Ist Neugier nicht eine nützliche Eigenschaft des Menschen? Warum sollte euer Gott die Menschen mit Neugier ausstatten und ihnen dann sagen, sie sollen sie nicht benutzen.«
    »Ja, aber Gott hat nicht ihre Neugier oder ihre Klugheit geprüft, sondern ihren Gehorsam «, erwiderte der Rabbi. Er holte Atem, um fortzufahren, doch ich unterbrach ihn erneut.
    »Aber warum sollte ein Gott so etwas tun? Und warum würde er sie prüfen, ohne es ihnen zu sagen? Vielleicht hätten sie nicht davon gegessen, wenn ihnen klar gewesen wäre, was passieren würde, wenn sie ungehorsam waren? Und … wenn er allwissend wäre, warum wusste er dann nicht, dass seine Geschöpfe den Versuchungen der Neugier erliegen würden? Schließlich hat er sie doch so erschaffen.«
    »Prinzessin«, warf Euphronius ein. »Ich darf dich daran erinnern, dass du ein Gast im Tempel dieses heiligen Mannes bist. Bitte sei nicht …«
    Aber der alte Mann lächelte nur und brachte Euphronius mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Nein, nein, das hier ist doch wunderbar. Nur im Gespräch können wir uns gegenseitig verstehen lernen, nicht wahr?«
    Ich lächelte ihm ebenfalls zu. Dann erklärte der Rabbi einen Gedanken, von dem ich noch nie zuvor gehört hatte – etwas, das er den »freien Willen« nannte. »Gott hat den Menschen geschaffen mit dem Drang Gutes zu tun und dem Drang Böses zu tun. Der freie Wille ist die Fähigkeit, zwischen diesen beiden Bedürfnissen zu entscheiden. Gott hat uns befohlen, der Tora zu folgen und uns für das Gute anstelle der Sünde zu entscheiden.«
    »Aber wie kann es der freie Wille sein, wenn der Menschheit befohlen wird, sich auf eine bestimmte Art und Weise zu entscheiden?«, fragte ich. »Das ist – das ist, als hielte ich meine beiden Hände vor mich, damit du wählen kannst. In der einen halte ich eine Perle, in der anderen einen Smaragd. Wenn ich dir befehle , die Perle zu wählen, dann wählst du sie doch nicht aus freien Stücken, oder?«
    Der Rabbi schüttelte den Kopf. »Es liegt in der Unterscheidung – dem Wissen von Gut und Böse –, das liegt dem freien Willen zugrunde.« Er entrollte eine sehr alt aussehende Schriftrolle und überflog sie, wobei er uns mit erhobenem Finger bedeutete zu warten. »Ah, ja. Hier ist es. Genesis. Hier steht, was geschah, nachdem Adam und Eva sich dem Gebot Gottes widersetzt haben.« Er las den Text zunächst auf Hebräisch vor und übersetzte ihn dann für uns ins Griechische. »›Siehe, Adam ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist.‹«
    »Aber halt mal«, warf ich ein. »Eure heilige Schrift sagt, der erste Mann wäre geworden wie ›unsereiner‹. Ich dachte, du hättest gesagt, es gäbe nur einen einzigen Gott. Warum heißt es dann ›unsereiner‹?«
    »Das ist nur eine

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