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Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Titel: Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halo Summer
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verbrachte und er das offensichtlich gut fand. Das war kein Verbrechen, sondern einfach Schicksal. Ein Schicksal, d as es mit Lisandra nicht besonders gut meinte.
    „ Natürlich ist sie nicht blöd “, sagte Lisandra. „Es stört mich nur, dass …“
    Lisandra kam nicht dazu, ihr Unbehagen zum Ausdruck zu bringen, denn ein Brummen, Zittern und Wackeln ging auf einmal durch alle Dinge.
    „Scarlett?“, fragte Berry alarmiert.
    „Das bin ich nicht!“, rief Scarlett. „Ehrlich!“
    „Wer oder was ist es dann?“, fragte Maria.
    „Vielleicht ein Erdbeben?“, sagte Thuna.
    Die Schranktüren wackelten, die Betten vibrierten, das Licht an der Decke schwankte hin und her. Das Strohpüppchen Kunibert schaute neugierig aus seinem Loch in der Mauer und hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten, da es ebenso wie die Wand von einem heftigen Zittern ergriffen worden war. Das Brummen, mit dem alles angefangen hatte, schwoll an und wurde lauter. Es glich einem fernen Donnergrollen, nur dass es aus der Tiefe zu kommen schien und nicht aus dem Himmel.
    „Bestimmt ist es ein Erdbeben“, sagte Maria. „Zu Hause hatten wir auch mal eins.“
    Mit einem leisen Pardauz flog Kunibert kopfüber aus seiner Mauernische. Er war aus Stroh und nicht schmerzempfindlich, deswegen rappelte er sich am Boden wieder auf und lachte. Im gleichen Moment verstummte das Brummen und die Wände, der Schrank und die Betten erlangten wieder ihre verlässliche Festigkeit. Eine besonders leere Stille folgte dem Brummen, da alle horchten, ob noch etwas nachkam. Niemand bewegte sich und die Mädchen wagten es kaum zu atmen. Es passierte aber nichts mehr, außer dass ein Stück Putz, das sich infolge der Erschütterung aus der Zimmerdecke gelöst hatte, zu Boden fiel und mit einem leisen Knall dort aufschlug.
    „Es ist vorbei“, sagte Berry.
    „Hoffentlich“, meinte Maria. „Es hat mir nicht gefallen.“
    „Denkt ihr, was ich denke?“, fragte Thuna.
    „Wenn du damit meinst, dass wir einen Gewittergott im Keller haben, der es satt hat, eingesperrt zu sein, dann ja.“
    „Armer Torck“, sagte Lisandra mehr zu sich selbst. „Ihn hat sicher auch keiner gefragt, ob er das ungeliebte, fünfte Erdenkind sein will.“
    „Du wirst geliebt“, widersprach Maria.
    „Ich habe auch gleich an Torck gedacht“, sagte Berry. „Perpetulja hat Thuna verraten, dass er unruhig geworden ist. Aber das muss ja nicht gleich der Anfang vom Ende sein.“
    Nein, das musste es nicht sein. Aber es war das, was sie alle befürchteten.
     
    In der Nacht kam ein kräftiger, kalter Wind auf, der an den Fensterrahmen rüttelte und durch die Dachschindeln pfiff. Es war laut und zugig im Zimmer 773 und sie schliefen alle nicht besonders gut. Als Lisandra mit ihren Freundinnen halblebig zum Frühstück schwankte – sie sehnte sich nach einer heißen Tasse Tee und einem Stück Brot für ihren Magen – wurde sie unmittelbar vorm Eingang von Haul abgefangen.
    Haul sah heute wirklich wie ein Gespenst aus. Der große Junge wirkte blass, seine weißen Raureifsträ h nen schienen das dunkle Haar zu dominieren, als sei er vor seiner Zeit gealtert. Er hatte dunkle Schatten unter den Augen, farblose Lippen und die schwarzen Pupillen-Flammen in seinen Silberaugen waren winzig und flackerten kaum.
    „Oh Haul, du siehst total fertig aus!“, sagte Lisandra, als sie vor ihm stehen blieb. „Ist es so schlimm?“
    „Es ist schlimm mit Yu Kon, aber heute Nacht habe ich nicht geschlafen, das sieht man wohl.“
    „Schlafen Gespenster denn?“, fragte Lisandra. Sie war reichlich ahnungslos, was Fortinbracks Gespenster anging. Eigentlich hatte sie in der Bibliothek nachlesen wollen, wie sie so lebten (und warum überhaupt), aber sie war dann doch zu faul gewesen.
    „Solche wie ich schon“, sagte Haul. „Wir leben fast genauso wie ihr Lebendigen, aber die Voraussetzungen sind andere. Außerdem altern wir nicht.“
    „Ach so. Und warum hast du nicht geschlafen?“
    „Ich war unterwegs. Aber deswegen bin ich nicht hier …“
    Lisandra starrte in Hauls Gesicht und hatte ein ganz dummes Gefühl. Vor ihr stand der Überbringer einer schlechten Nachricht, es stand Haul förmlich auf die Stirn geschrieben.
    „Was ist los?“, fragte sie.
    „Yu Kon schickt mich.“
    Lisandras Herz rutschte tiefer. Wahnsinnig tief. Wenn sie jetzt nicht gleich was Warmes zu trinken und einen Bissen zu essen bekam, würde ihr Herz in die unterirdischen Sümpfe von Sumpfloch plumpsen und nie wieder

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