Mondscheinbiss (German Edition)
die Augen weiterhin geschlossen und rekelte sich ein wenig.
„ Wovon hast du geträumt? “ , fragte sie leise an seiner Haut und bemerkte den leichten Schauder als Reaktion auf ihren Atem.
„ Von einem Strand im Sommer. Ein wolkenloser Himmel über glasklarem Wasser, während ich im Sand liege, mit eiska l ten G e tränken und heißen Frauen. “
„ Mistkerl! “ Lachend kniff sie ihn in den Bauch und er zuckte z u sammen.
„ Hey, das ist nicht fair, man wird ja wohl noch träumen dürfen “ , sa g te er empört.
„ Stell dich nicht so an, du Weichei, das tat ja wohl nicht weh. “
„ Wenn man es nicht erwartet, ist es schon sehr fies “ , beschwerte er sich murrend.
„ Ach komm schon, immerhin bist du ein Vampir “ , neckte sie ihn. Doch es war nicht so, dass Vampire keine Schmerzen empfanden. Jedes Lebewesen, egal , ob Mensch, Vampir, Werwolf oder Tier b e sitzt ein zentrales Nervensystem, kurz ZNS. Die körperlichen Aufgaben, wie Bewegungen, werden von hier aus gesteuert. Das Nervensystem gibt den Befehl des G e hirns an das Muskelsystem weiter und ist so der Au s löser für beispielsweise eine Hand, wenn man jemandem zuwinkt.
Man hat außerdem noch ein vegetatives Nervensystem, kurz VNS. Es steuert autonom und unbewusst die Aktivitäten des Körpers wie Herzschlag, Verdauung, Atmung. Genauso ist es auch für die Gäns e haut verantwortlich.
Vampire hingegen waren, wie es im Volksmund hieß, tot, b e zie hungsweise untot, doch das war im Grunde nicht korrekt. Ihr Körper war lebendig, solange er von außen mit Blut versorgt wurde, da er selbst keins mehr produzieren konnte.
Wenn ein Vampir von einem anderen Lebewesen Blut trank, wurde seine Haut rosig und seine Bewegungen geschmeid i ger, er passte sich an die Menschen an und war nicht mehr von ihnen zu unte r scheiden.
Wenn er allerdings lange Zeit kein Blut bekam, wurde die Haut kalkweiß und die Bewegungen versteiften sich, da Mu s keln nur mit Blut elastisch und locker bleiben.
Der Körper eines Vampirs hatte außer der Tatsache, dass er kein Blut mehr produzierte, einen weiteren Unterschied zu dem eines Menschen. Sein VNS arbeitete nicht mehr. Es war nicht notwendig. Er aß nichts, brauchte also auch keine Ve r dauung. Er brauchte keine si e benund dreiß i g Grad Celsius Körpertemperatur, die Gänsehaut war überflüssig. Er benötigte keinen Sauerstoff und somit auch keine A t mung.
Das hieß, all diese Vorgänge funktionierten nicht mehr aut o matisch beim Vampir, es bedeutete nicht, dass es nicht mehr mö g lich war, denn das ZNS arbeitete nach wie vor.
Der Mensch kann seinen Herzschlag, seine Verdauung oder Atmung nicht steuern, der Vampir, dessen VNS nicht mehr aktiv ist, schon. Ein Vampir konnte beispielsweise zum Arzt gehen und sich gründlich durchchecken lassen. Die Diagnose würde lauten: ein absolut g e sunder Mensch mit einem optimal konstanten Herzschlag, den ein Arzt wohl jemals gehört hat.
Genauso gut konnte man sie ins Leichenschauhaus bringen und ni e mand würde daran zweifeln, dass es sich um Leichen handelte.
Menschen nahmen oft an, der Körper eines Vampirs, der bekann t lich nicht mehr altert, sei in dem Stadium, in dem sich der Mensch bei dem Biss befand, festgefroren. Das stimmte soweit, doch war das eben nicht alles. Die Menschen gingen stur davon aus, dass sich dieser Körper niemals verändern konnte, also kein Wachstum möglich war oder gar der G e schlechtsakt. Denn zumindest bei dem männlichen Beteiligten musste sich dabei etwas im Körper ve r ändern. Und genau das war der Grund, warum Vampire solche guten Liebhaber waren. Ihre sexue l le Reaktion war nicht automatisch wie beim Menschen durchs VNS g e steuert, sondern bewusst durch ihr ZNS. Das hieß, sie konnten eine Frau so lange verwöhnen, wie sie wollten und entscheiden, wann sie zum Höh e punkt kommen wollten.
All diese Funktionen konnte ein Vampir steuern, ebenso wie sein Schmerzempfinden. Auch hiermit verhielt es sich gleich. Der Vampir war nicht darauf angewiesen, Schmerz zu empfinden.
Biologisch betrachtet ist es lediglich ein Warnsignal, um den Men schen auf schädigende Prozesse im Körper aufmerksam zu machen.
Doch um zu vermeiden, dass sie auffielen, hatten sie sich a n gewöhnt , zu atmen, obwohl es nicht nötig war und Schmerz zu empfinden, obwohl sie es nicht brauchten. Es wäre schließlich ziemlich ungewöhnlich und konnte Aufmerksamkeit err e gen, wenn ein Vampir durch die Stadt lief, einen schweren Gegenstand vor den Kopf
Weitere Kostenlose Bücher