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Mondscheinjammer

Mondscheinjammer

Titel: Mondscheinjammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hoehne
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bereitwillig auf, um mich an ihn zu schmiegen. Es war beruhigend, ihn so nah zu spüren, seinen Duft zu riechen und den Schlag seines Herzen zu hören. Kraftvoll und gleichmäßig.
    Einige Minuten lang standen wir einfach nur so da, dann hörte ich ihn flüstern: "Du weißt, dass ich ein Gentleman bin, oder?"
    "Was?" Ich glaubte, mich verhört zu haben, doch als ich den Kopf hob, um ihn anzusehen, entdeckte ich, dass er tatsächlich rot geworden war.
    "Was meinst du?", ermunterte ich ihn amüsiert.
    "Ich… komm mit in mein Zimmer. Ich verspreche dir, es wird nichts passieren, aber ich möchte dich so gerne einfach nur in den Armen halten."
    Statt einer Antwort küsste ich ihn sanft auf den Mund.
    Ein schiefes Grinsen erschien auf seinem Gesicht.
    Ich zitterte leicht, als ich ihm hinauf in den ersten Stock folgte. Nie zuvor war ich jemandem so nahe gewesen, wie Sam. Es fühlte sich richtig an, ich wollte einfach nur in seiner Nähe sein. Der Gedanken an mein leeres Bett in diesem fremden Haus, der Gedanke an das, was mir seine Mutter noch vor wenigen Minuten anvertraut hatte, hatte etwas Beängstigendes an sich.
    Sam schloss die Tür hinter uns, und ich setzte mich behutsam auf sein zerwühltes Bett. Er berührte meine Wange, als er ebenfalls Platz nahm und mich an sich zog. Wir sanken zurück in die Kissen und als ich seine starken Arme um mich fühlte und seinen warmen Atem spürte, war die Welt für einige Stunden wieder in Ordnung. So, wie sie sein sollte, wenn man sich gerade verliebt hatte und niemand da war, der das Glück anderer mit Füßen treten wollte.
     

 
     
     
     
     
     
     
12. KAPITEL
     
     
    U nser Haus war wie ausgestorben, als ich gegen Nachmittag den Hof erreichte. Auf dem Küchentisch lag eine Nachricht von Mom, dass sie den Abend bei Dotti verbringen würde. Cal war bei einem seiner unzähligen Schulfreunde und Dad sicher irgendwo auf den Feldern. Die anhaltende Hitze machte ihm noch immer schwer zu schaffen. Der Mais brauchte dringend Feuchtigkeit. Es war nicht mehr lange hin bis zur Ernte. So mussten sich die Menschen im Mittelalter gefühlt haben, angewiesen auf einen guten Ertrag, um Frau und Kinder gesund und satt über den Winter bringen zu können. Glücklicherweise besaßen meine Eltern noch genug Rücklagen aus dem Verkauf unserer Stadtwohnung.
    Außerdem, wer wusste schon, ob wir den Winter überhaupt noch erlebten? Michelle war bereits von uns gegangen, Jordan, der alte Toni - sie waren nur der Anfang gewesen. Benjamin Butler wartete schließlich nur darauf, endlich ungehindert zuschlagen zu können. Ich ertappte mich dabei, wie ich resignierte auf den kleinen Kalender an der Wand starrte. Was kam als nächstes?
    Unwillkürlich dachte ich an Sams Mutter. Die Trauer und der Schmerz hatten sich tief in ihr Gesicht gegraben. Wie würde ich mich fühlen, wenn Sam etwas passierte? Es war mir schwer gefallen, ihn gehen zulassen, als er mich vor nicht einmal einer halbe Stunde hier abgesetzt hatte und davon gefahren war. Ich ertrug es nicht, wenn er nicht in meinen Nähe war. Was, wenn er der nächste war? Schließlich war auch er ein Sohn von Nelly. Nelly, die Benjamin Butler einst geliebt hatte.
    "Er will alles zerstören, was meinem Großvater etwas bedeutet. Er macht unsere Familien und die Stadt für das verantwortlich, was ihm verwehrt worden ist." Es fiel Sam sichtlich schwer, mit mir darüber zu reden. Wir hatten uns dich aneinander gekuschelt, und ich hatte seine Hand in meinen Haaren gespürt, seinen warmer Körper an meinem. Es war gerade mal ein paar Stunden her, doch er fehlte mir bereits. War das normal? Meine Gefühle fuhren Achterbahn, wenn ich nur an ihn dachte.
    Ein lautes Klopfen riss mich aus meinen Gedanken. Es kam nicht von der Tür, es kam vom Fenster. Etwas Dunkles schimmerte durch die blitzende Scheibe. Da stand jemand, doch ich konnte sein Gesicht nicht erkennen. Eine Kapuze bedeckte seinen Kopf, und er hatte sich eine Decke um die Schultern gewickelt.
    Mit klopfendem Herzen griff ich nach dem einzigen schweren Gegenstand in meiner Reichweite: ein Bronzekopf von Beethoven. Meine Mutter hatte eine Schwäche für den Meister der Musik, wie sie ihn gerne nannte. Sie würde sicher nichts dagegen haben, wenn der alte Herr mal eben als Waffe herhielt.
    "Lily! Lily! Lass mich rein, schnell!"
    Ich erkannte Xanders Stimme und ließ verdutzt die Statur sinken. Es war fünf Uhr und noch stand die Sonne am Horizont! Was machte Xander am helllichten Tag draußen?
    So

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