Mondscheinzauber - Jones, C: Mondscheinzauber - Moonshine
dem Pudding übrig.«
»Alles okay, Mäuschen?«, fragte Giovanni. »Nichts verschüttet?«
»Nein«, murmelte Cleo. »Ich will nur mal kurz frische Luft schnappen. Entschuldigt mich.«
Draußen in der Dunkelheit sog sie die kühle frühherbstliche Abendluft ein. Sie schmeckte nach welkendem Laub und Erde und Nebel und Lagerfeuer.
Noch immer völlig verdattert über die gänzlich unerwartete Begegnung mit Dylan furchte Cleo die Stirn, und ihre Gedanken rasten beinahe ebenso schnell wie ihr Herz.
Kein Wunder, dass Dylan so scharf darauf gewesen war, sich heute Abend mit Jessamine zu treffen. Jessamine musste wohl mit den Pashley-Royles persönlich befreundet sein. Vielleicht war sie eine von Mimis Wohltätigkeits-Spendensammlerinnen? Und Dylan hatte garantiert die Gelegenheit beim Schopf ergriffen, einen Gast zur festlichen Abendtafel seines Arbeitgebers zu begleiten. Um dazusitzen, an diesem prachtvoll gedeckten Tisch, Mortimers und Mimis extravagantes Festmahl zu verspeisen und von den Leuten, die in Wahrheit sein Gehalt bezahlten, als ihresgleichen behandelt zu werden.
Oh ja, das würde ihm sicher gefallen!
Und natürlich hatte Dylan ihr gegenüber nicht erwähnt, dass das heiße Date mit der gertenschlanken und unheimlich vornehmen Jessamine in dem prächtigen Herzog-Bankettsaal stattfand, denn er hatte ja schließlich gar keine Ahnung, dass auch Cleo in Lovelady Hall arbeitete.
Sie lächelte vor sich hin. Damit könnte sie ihn dann foppen, wenn er nächste Woche zum Wohnwagen herüberkäme, um die Brillante Gala-Zwetschge zu verkosten. Sie würde ihn gnadenlos aufziehen und sagen, es sei ja beruhigend zu wissen, dass seine Schulbildung und Kinderstube doch nicht ganz für die Katz gewesen waren – wenigstens wüsste er so, wann man welche Gabel verwendete.
Und Dylan war bestimmt ebenso überrascht gewesen, sie heute Abend zu sehen, oder? Sie hatte ihm auch etwas verschwiegen. Ganz sicher würden sie gespielte Verblüffung vortäuschen und darüber scherzen, dass sie beide Lovelady-Personal waren, und er würde in diesem herrlich vornehmen Tonfall sagen, dass Cleo darin, ihn zu bedienen, die wahre Berufung ihres Lebens gefunden hätte.
Ja, genau so würde es sein. Überhaupt wären sie jetzt quitt, nicht wahr? Und nun, da sie vorbereitet war und wusste, dass er hier neben der gertenschlanken Jessamine saß und in dem Herzog-Bankettsaal wunderbar sexy aussah, würde sie ja wohl bestimmt kein Problem damit haben, die übrigen Gänge zu servieren, oder?
Aber warum, ach, warum nur war Jessamine nicht abstoßend fett, sondern so ein zartes Elfchen in einem Abendkleid, das eindeutig mehr gekostet hatte als Cleos ganzer Wohnwagen? Und warum klopfte ihr dummes Herz jetzt so, als wolle es bersten? Und warum zitterte sie noch immer? Und warum hatte sie bei Dylans Lächeln – buchstäblich – weiche Knie bekommen?
Ach herrje, dachte Cleo mit blitzartiger Erkenntnis. Elvi hat jemand Besonderes kennengelernt – und ich auch.
So sollte es ja aber eigentlich nicht sein, oder? Sie sollte nach ihrer jämmerlich kurzen Bekanntschaft an Dylan nicht anders denken als an einen charmanten, amüsanten Reiche-Leute-Spross, Taugenichts, Herumtreiber, merkwürdige Art von Freund, nicht wahr? Okay, und »The Most Beautiful Boy in the World« wie in dem Lied von Mayte, der damaligen Frau von Prince. Ganz eindeutig war er das. Aber wann um Himmels willen hatte sich das Gefühl eingeschlichen, er sei jemand ganz Besonderes?
Denn das hatte es, und das war er.
Also, wie närrisch war sie denn dann? Wie Elvi? Wie irgendein Teenager vernarrt in die erste große Liebe? Und genauso hoffnungslos? Wahrscheinlich … Nicht, dass sie Dylans Namen auf ihr Federmäppchen kritzeln wollte – oder was auch immer im 21. Jahrhundert dessen Äquivalent sein mochte –, aber ja, wenn sein Name fiel, musste sie lächeln, und bei der Erinnerung an ihre beiden sehr ungewöhnlichen Begegnungen musste sie über sich selbst schmunzeln, und ja, sie wollte ihn wiedersehen – selbst wenn sie nicht eigentlich miteinander ausgingen …
Ach, verflixt und zugenäht.
»Cleo, Mäuschen!« Giovannis Stimme erklang aus der Küche. »Ich glaube, du solltest mal reinschauen. Nachsehen, ob die Suppenschüsseln abgeräumt werden müssen. Der Fisch ist gleich fertig …«
Das Hauptgericht war weitaus leichter zu servieren als der erste Gang. Mit Zolas und Zlinkis Unterstützung hatte Cleo die leeren Suppenschüsseln ohne irgendwelche Schwierigkeiten abräumen
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