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Mondschwingen (German Edition)

Mondschwingen (German Edition)

Titel: Mondschwingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Sand
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hätte sie sich die Zunge dafür abschneiden können. Dumme,
neidische, dicke Frau.
    „ Jetzt ist es soweit“, fügte sie kleinlaut hinzu. „Wir können
aufbrechen.“

 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
    RUBENS
    und die
letzten Schritte

 
 
    Die Geister waren noch
immer nicht zurück.
    Rubens wartete schon
lange, die ganze Nacht war er an der Reling gestanden und hatte über das Wasser
geschaut.
    „Sobald sie gewonnen
haben“, hatte Nigs zu ihm gesagt „kommen sie zu mir und ich lasse sie in die Totenwelt
zurück.“ Sobald sie gewonnen haben … Rubens hoffte so sehr, dass sie nicht
zurückkehren würden. Die Angst war seltsam fern, als beobachtete er sich von
weit oben, als sei er gar nicht Teil dieser Welt.
    Wenn die Geister die
Elstern besiegten, wären all die anderen Mondschwingen verloren und mit ihnen
auch Rubens. Denn dann gab es niemanden mehr, der den letzten Mond vorm Sterben
retten konnte.
    Aber es gibt noch mich ,
fuhr es Rubens durch den Kopf. Ich kann
gegen Liv und die Magier kämpfen, wenn ich nur will .
    Der Wind war kalt und
kratzte über sein Gesicht. Vermutlich würde Rubens den Sommer nicht mehr
erleben, er würde im grauen, kalten Winter sterben.
    Wenn ich nur kämpfen würde … auf der richtigen Seite.
      „Es ist absurd zu glauben, man käme allein
gegen die Menschen an. Wenn die Mondschwingen heute Nacht sterben, dann kannst
auch du nichts mehr tun.“ Rubens merkte kaum, dass er die Worte laut aussprach.
Vielleicht war es nur sein Mund, der die Buchstaben sprach, und nicht er
selbst.
    „Du bist der Einzige,
der hier steht und nicht versucht zu schlafen.“ Rubens brauchte sich nicht
umzudrehen; Nigs‘ scheußlich schrille Stimme erkannte er sofort. „Sie müssten
jeden Moment zurückkehren, sie sind ohnehin schon sehr lange fort …“
    Rubens überlegte einen
Moment lang, ob er den Geisterbeschwörer einfach ignorieren sollte, doch dann
fiel ihm etwas Besseres ein. „Sie haben verloren.“
    Nigs lachte, die Furcht
verzerrte ihm die Stimme. „Sie sind Geister, Rubens, weißt du das denn nicht?
G-e-i-s-t-e-r! Vielleicht haben sie sich verlaufen, das soll schon einmal
vorgekommen sein.“
    „Oder sie haben die
Seite gewechselt. Immerhin gehören sie selbst zu den Elstern.“
    „Du weißt genau, dass
ich ihnen den Auftrag gegeben habe, die Mondschwingen zu töten. Sie können sich
keinem meiner Befehle widersetzen, niemals.“
    „Dann hast du eben einen
Fehler gemacht.“
    Nigs zuckte zusammen. „ Ihr , du musst mich mit Ihr ansprechen.“
    „Wozu, wenn du doch
sowieso weißt, dass ich dich hasse.“
    Nigs schnappte nach
Luft, seine Glubschaugen suchten die Nacht nach Geistern ab.
    „Wenn es nur die Geister
wären“, seufzte er auf einmal. „Das Wasser friert mehr und mehr zu und wir
können nichts dagegen tun. Das Schiff bewegt sich jetzt schon immer langsamer,
nicht wahr? Wenn die Geister noch vor Sonnenaufgang nicht zurückgekehrt sind,
müssen wir das Schlimmste befürchten. Dann müssen wir nach Skopenvang, egal
wie. Der Menschenkönigin darf nichts zustoßen.“
    „Wenn die Elstern die
Geister auf ihrer Seite haben, werden wir unweigerlich verlieren.“ Wir. Das Wort fühlte sich wie eine Lüge
an.
    Nigs grinste ihn
überlegen an und reckte das Kinn. „Schwachsinn. Geister leben nur einen Tag
lang, nicht mehr und nicht weniger. Wir werden die Insel verteidigen, selbst
wenn es die Leben unserer aller Männer kostet.“
    „Wie edel.“
    „Wie edel, jawohl. Und
unumgänglich. Kastja wäre stolz auf uns.“
    Kastja. Rubens hatte an
ihn zwei Tage lang nicht mehr gedacht. Wozu auch, wenn er ihn nie mehr wieder
sehen würde.
    „Wir warten noch zwei
Stunden, vielleicht drei. Nicht länger. Wenn die Geister bis dahin nicht
zurückgekehrt sind, müssen wir die Schiffe verlassen, ob wir wollen oder
nicht.“ Nigs zog an den Knöpfen seines Mantels. „Wir können gehen. Die
Mondschwingen fliegen und wir gehen . Wir laufen übers Eis.“
    Für einen kurzen Augenblick
wollte Rubens ihm widersprechen, dann schwieg er aber doch. Alles war besser
als zu warten und nichts zu tun.
    Sie starrten beide in
die Dunkelheit, so schwarz und still, als hätte sie alles verschluckt.
                                                  
    Das Eis hielt. Sie
hatten sich auf der großen Eisfläche verteilt, schlichen sie weiter, Schritt
für Schritt. Schiffe rückten näher, in der Finsternis sahen sie aus wie
zusammengerollte, bucklige

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