MondSilberTraum (MondLichtSaga) (German Edition)
Priester machten mir den Weg frei und Mairi führte mich zurück zur Hütte. Ich fühlte mich ausgelaugt, so als hätte der Baum mir sämtliche Energie entzogen. Am liebsten hätte ich mich auf dem Bett zusammengerollt und die nächsten Tage verschlafen. Doch Mairi gönnte mir keine Pause.
»Du musst aufbrechen und zu eurem Auto zurückgehen. Dann fährst du zur Küste. Die Zeit drängt. Wir werden beten, dass du deine Bestimmung erfüllst.«
Meine Bestimmung – ich schauderte bei dieser Formulierung und der Verantwortung, die darin mitschwang. Ich beobachtete sie, wie sie mir Käse, Brot und Früchte in den Rucksack packte. Dann drehte sie sich zu mir um und deutete auf den Dolch, den ich immer noch in den Händen hielt. »Willst du ihn die ganze Zeit festhalten oder einpacken?«
Ich trat zu ihr an den Tisch und verstaute Excalibur vorsichtig.
Mairi sah mir zu. »Du wirst ihn zurückbringen«, sagte sie dann und ich fragte mich, was geschehen würde, wenn nicht. Ich setzte mir den Rucksack auf und schweigend gingen Mairi und ich über die Lichtung. Sie drückte ein letztes Mal meine Hand und dann war alles verschwunden. Die Hütten, der Baum und die Priester. Ich stand mutterseelenallein in einem unwirtlichen Wald. Nebel lag zwischen den Bäumen und waberte bedrohlich auf mich zu. Es nieselte stetig und nach kurzer Zeit war ich völlig durchnässt. Vorsichtig tastete ich mich vorwärts. Wegen des Nebels konnte ich kaum sehen, wohin ich trat, und ich betete darum, dass ich die richtige Richtung eingeschlagen hatte. Ich atmete auf, als ich den Weg fand und der Nebel sich lichtete. Dann rannte ich los. Ich lief, so schnell ich konnte. Ich sah weder nach links noch nach rechts. Ich stürmte durch den Wald, ohne nachzudenken. Es war egal, ob mich jemand hörte. Wenn ich schlich, würde ich das Auto niemals rechtzeitig erreichen. Wenn ich ohne Rücksicht auf Geräusche durch den Wald stürmte und meine Feinde mich fanden, würde ich meine Aufgabe ebenso wenig erfüllen können. Wie ich es drehte und wendete – ich konnte nur hoffen. Der Weg nahm kein Ende. Meine Lunge brannte und meine Waden schmerzten von dem Lauf. Ich hielt zweimal kurz inne, um zu verschnaufen und etwas zu trinken. Dann rannte ich weiter. Je näher ich der Stelle kam, an der Peter das Auto versteckt hatte, umso langsamer wurde ich. Ich hatte alle meine Reserven aufgebraucht, mein Körper schrie nach Ruhe. Doch ich gab nicht nach. Wenn ich es bis hierher geschafft hatte, würde ich es auch weiter schaffen. Jeder einzelne Meter war ein Gewinn. Zum Schluss stolperte ich mehr, als dass ich lief. Trotzdem fanden meine Beine die letzten Meter allein. Keuchend stützte ich mich auf der Motorhaube des Autos ab und rang nach Luft.
Waren tatsächlich beinah zwei Tage vergangen, seit wir den Wagen hier abgestellt hatten? Was war in dieser Zeit in Leylin passiert? Der Baum hatte mir gezeigt, dass die Elfen sich für den Kampf gerüstet hatten. Der Plan war, die Armee der Undinen von Leylin fortzulocken. Doch wohin? Ob es ihnen gelungen war? Wie viele Krieger hatten die anderen Völker geschickt?
Ich wischte die Blätter und Zweige von dem Wagen, mit denen Peter versucht hatte, das Auto vor neugierigen Blicken zu verbergen.
Erschöpft ließ ich mich dann in die Polster des Fahrersitzes sinken. Minutenlang saß ich da und starrte hinaus. Draußen zwitscherten Vögel, aber ansonsten war es still. Ich versuchte, nicht zum Schloss hinunter zu schauen. Zu groß war meine Angst, dort die vertrauten Gestalten feindlicher Shellycoats zu entdecken. Mühsam schälte ich mich aus meinem feuchten Pullover. Ich nahm mir nicht die Zeit, auch die anderen Klamotten zu wechseln, obwohl die Hose unangenehm an dem Autositz klebte. Das war jetzt mein geringstes Problem. Ich zog die Autotür zu und schaltete das Navigationssystem ein. Peter hatte unser Ziel bereits eingegeben – Dunnet Head. Vor mir lag eine Fahrtzeit von mehr als fünf Stunden. Ich startete den Wagen, der stotternd ansprang. Er durfte mich auf keinen Fall im Stich lassen. Dann regelte ich die Heizung auf Maximum und lenkte den Wagen vorsichtig auf den Weg. Äste schrammten an den Türen entlang. Ethan würde mich umbringen, dachte ich und lächelte traurig. Wenn die Undinen das nicht vorher erledigten. Dass ich Avallach ohne weitere unliebsame Zwischenfälle verlassen konnte, besserte meine Stimmung etwas. Mein Hoch hielt nur solange an, wie sich der Regen zurückhielt. Als dieser begann, unablässig und
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