MondSilberTraum (MondLichtSaga) (German Edition)
erscholl.
Ich griff nach seiner Hand. Sie glühte. Auch seine Stirn war fieberheiß. Aber er lebte.
»Er hat Fieber«, wandte ich mich zu Mairi, die hinter mich getreten war.
»Die Heiler kümmern sich um ihn«, sagte sie und mir entging nicht der Ärger in ihrer Stimme. »Du solltest schweigen, Emma. Das Ritual verlangt äußerste Konzentration und Stille.«
Ich sah zu Peter. »Du musst tun, was sie sagt«, flüsterte er mit schwacher Stimme. »Ich komme schon zurecht.«
Mit fliegenden Händen glättete ich die Decke auf seinem Körper und stand auf. Mairi führte mich zu der Stelle, die für das Ritual, wie sie es nannte, vorbereitet war.
Ohne ein Wort zu sagen, bedeutete sie mir mich hinzuknien und trat zurück zu den anderen, die einen Kreis um den Baum bildeten. Sie fassten sich an den Händen und schlossen die Augen. Vollständige Stille trat ein.
Ich betrachtete den Baumstamm vor mir. Er war alt und runzelig. Narben überzogen den Stamm und ich fragte mich, wie viele Kämpfe er erlebt hatte, bevor die Priester ihn vor der Welt da draußen verborgen hatten, um ihn zu schützen. Was sollte ich jetzt tun? Sollte ich auch die Augen schließen? Ein Versuch war es wert.
Ich konzentrierte mich und dachte: »Ich brauche Excalibur. Es wäre nett, wenn du es mir geben könntest. Nur das Schwert kann Muril zerstören und damit verhindern, dass die Undinen Macht über die Völker erlangen. Bitte –wenn es dir nichts ausmacht – gib es mir. Ich werde es zurückbringen.«
Das war nicht gerade einfallsreich und ich war sicher, Artus hatte seine Bitte gekonnter formuliert, aber etwas Besseres fiel mir nicht ein. Wirklich verwundert war ich nicht, dass nicht passierte. Was hatte ich erwartet? Dass das Schwert mit einem Glockenschlag aus dem Baum geschossen kam? Bei meinem Glück würde es mich dabei verletzen. Was wog so ein Schwert eigentlich? Ich öffnete vorsichtig meine Augen und lugte durch die Lider. Nichts hatte sich verändert. Die Priester und Priesterinnen, die ich sehen konnte, verharrten immer noch in völliger Bewegungslosigkeit. Ich war sicher, dass ich das nie könnte. Nach einer Minute würde mir die Nase jucken.
Ein Kichern kroch mir die Kehle hoch. Ich sollte mich konzentrieren, ermahnte ich mich. Das hier war zu ernst für solche kindischen Gedanken. Ich rückte näher an den Baum heran und berührte seine Rinde. Unter meinen Fingern fühlte sie sich hart und zugleich weich an. Fast wie ein lebendes Wesen – Muskeln und Haut. Ich musste an Calum denken, daran, wie er sich anfühlte, wenn ich ihn berührte. Wie er mich festhielt. Meine Gedanken wanderten zurück an den Tag, an dem ich ihn das erste Mal so intensiv gespürt hatte. Damals, als er mich in den Bergen gefunden hatte, in denen ich mich hoffnungslos verlaufen hatte. Mir war eiskalt gewesen und ich konnte weder stehen noch gehen. Ohne mit der Wimper zu zucken, hatte Calum mich zum Auto getragen und zugelassen, dass ich meine Hände unter sein T-Shirt schob, um mich zu wärmen. Ich hatte seine warme Haut gespürt, seine Muskeln. Danach war mir klar gewesen, dass ich mein Herz an ihn verloren hatte. Ich dachte zurück an den ersten Kuss, den er mir gegeben hatte – auf unserer Lichtung am See. Er hatte mich geküsst, bis mir schwindelig geworden war. Ich hatte mir nicht vorstellen können, nur einen Tag von ihm getrennt zu sein. Leider hatte Elin uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Elin und seine Undinen. Soviel Hass – Avallach war zerstört, das Volk der Faune beinahe ausgerottet, sie hatten Joel in ihre Gewalt gebracht und würden nun Leylin vernichten – wenn ich sie nicht aufhielt. Leylin, diese wunderschöne Stadt mit den bunten Häusern und den lachenden Kindern. Die Erinnerungen übermannten mich. Ich konnte mich nicht von dem Baum lösen. Jeden meiner Gedanken sog er aus mir heraus. Jedes Bild in meinem Kopf verlangte er zu sehen. Instinktiv versuchte ich mich zu wehren. Ich wollte nicht zulassen, dass jemand oder etwas so tief in meine Gedanken drang. Doch es ging nicht. Immer willenloser wurde mein Geist. Und dann waren es plötzlich nicht mehr meine Erinnerungen. Der Baum zeigte mir etwas. Erst lag ein Schleier über den Bildern, wie bei alten verblichenen Fotos. Als der Schleier sich hob, sah ich Feuer. Viele Feuer. Und um jedes Feuer saßen Männer. Sie schwiegen und rührten sich nicht. Sie warteten geduldig und ich fragte mich worauf. Die Stille, die sie umgab, war unheimlich. Doch noch unheimlicher war der
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