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Mondstahl - Die Schlucht (German Edition)

Mondstahl - Die Schlucht (German Edition)

Titel: Mondstahl - Die Schlucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabian Kaiser
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draußen unter freiem Himmel. Oder noch besser, bis zur Brust in der Erde steckend.“
     
    Galenis erlitt bei dem Anblick der vielen, teils raren Bücher ein undefinierbares Gefühl des Verlustes. Er hatte in seinem Leben schon oft darüber nachgedacht, sich eine eigene Sammlung anzulegen. Dem gegenüber war immer seine Abneigung gegen Städte, Gebäude und menschlichen Ansammlungen im Allgemeinen gestanden. Er war immer unterwegs, bei einem solchen Lebenswandel hätte es sich nicht ausgezahlt. Dennoch wusste er eine gute Bibliothek zu schätzen.
     
    Balor wendete sich einem Podest in der Mitte des Raumes zu, seine beiden Gäste knapp hinter sich. Ein seidenes Tuch bedeckte das, was darunter lag. Ein fahler Schimmer trat unter dem Samt hervor und glitzert durch den zarten Stoff. Balor griff vorsichtig nach dem Tuch und warf es zurück - darunter kam der Silberstern zum Vorschein. Das Artefakt sah aus, als wäre es eine Gussform aus Glas, in der kräftiges, pulsierendes Licht gefangen war. Ein leises, aber dennoch deutlich vernehmbares Knistern breitete sich im ganzen Raum aus.
     
    Parus konnte fühlen, wie ihn die magischen Strömungen des Artefakts berührten. Auf seiner Haut bildete sich Schweiß. Das Gefühl, das nicht einordnen konnte, war ihm völlig fremd. Er hatte Magie immer als etwas weit entferntes, nicht Erreichbares betrachtet. Doch an diesem Ort schien es fast, als könnte man sie greifen. Sein Herz schlug bis zum Hals.
     
    Galenis hingegen hatte den Silberstern schon viele Male gesehen, was seinen Eindruck auf ihn jedoch nicht schmälerte. Auch er war von dem Anblick wie geblendet.
     
    Balor wusste genau, was in seinen Gästen vorging. Er selbst hätte genauso reagiert, wäre er den Anblick nicht so gewohnt gewesen.
     
    „Wollt ihr nun endlich eure Fragen stellen?“
     
    Galenis befeuchtete sich mit glänzenden Augen die Lippen.
     
    „Ja, natürlich.“
     
    Er trat näher an das Podest heran. Seine Hand fuhr sanft über die Glasoberfläche des Sterns. Sie fühlte sich leicht schuppig an, wie die Haut eines frisch gefangenen Fisches. Eine angenehme Wärme breitete sich in seinen Fingerspitzen aus. Ihm war, als hielte er seine Hand über eine brennende Kerze. Je länger er den Stern berührte, umso wärmer wurde er. Dann begann er zu vibrieren – ganz sanft, nicht sichtbar. Galenis schloss die Augen und nickte im Takt einer nicht hörbaren Musik.
     
    „Was tut er?“
     
    Parus starrte seinen Begleiter ratlos an, der mit geschlossenen Augen vor sich hin nickte.
     
    „Er begibt sich in Trance.“
     
    Galenis hörte die Unterhaltung der beiden nicht mehr. Sein Geist war an einem anderen Ort. Mittlerweile zuckte sein ganzer Oberkörper symmetrisch zum Nicken des Kopfes.
     
    Galenis Verstand hatte sich in einen Mahlstrom aus Farben ergossen. Er sah nur noch pulsierendes Licht und Reflexe, die nicht von dieser Welt zu sein schienen. Er sah verschiedenste Formen, Farben, Elemente aus schwammigem Licht, er sah alte Erinnerungen und roch verschiedenste Gerüche. Er tauchte in eine andere Welt ein. Eine Welt voller grotesker Gebilde und seltsamer Geräusche. Die Welt vor seinem geistigen Auge wechselte ständig die Farbe. Auch die Gerüche änderten sich ständig. Was eben noch nach Erdbeeren, geschmolzenem Stein und frisch geschnittenem Gras roch, war plötzlich ein Gemisch aus feuchtem Holz, Bücherstaub und gebratenem Schinken. Er fühlte einen Schauer nach dem anderen. Die Geschwindigkeit seiner Gedankenreise nahm zu, er schien zu fliegen.
     
    Auf einmal stoppte die wirre Fahrt und die Bilder in Galenis Kopf standen still. Die Ruhe, die in der Luft lag, war makellos. Aus dieser Stille trat eine Figur, die ausschließlich aus Licht zu bestehen schien. Sie hatte menschliche Züge und war trotzdem kein Mensch. Zwei schimmernde Hörner ragten aus der imaginären Stirn. Galenis streckte seinen geistigen Arm aus, konnte aber nichts berühren. Die Lichtgestalt sprach mit schallender Stimme:
     
    „Sei gegrüßt, Fremder. Welche Frage treibt dich zu mir? Bedenke sie wohl, denn meine Ohren werden nach ihrer Beantwortung für die Dauer eines Jahres taub für dich sein.“
     
      Galenis nickte stumm. Er überdachte seine Frage, dann stellte er sie.
     
    „Ich reise mit einem jungen Mann, dessen Name Parus ist. Ich bin mir sicher, dass er eine große Zukunft vor sich hat, denn sein Leben steht in einer Verbindung zu den Waldgeistern Jahowals. Doch ich weiß nicht, was ihm vorherbestimmt ist. Deshalb

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