Monk - 03
jagt den nächsten, eine Finte folgt der anderen. Unter jeder Lage eine weitere Lage. Ich frage mich, was eure wahren Absichten sind.«
»Mit wem redet sie?«, wollte Porter von Jasper wissen.
»Mit denen .«
»Ach so.« Porter sah auf seinen Bildschirm, winkte und sagte: »Hallo, wie geht's euch?«
Monk ging zu der großen Wandtafel und betrachtete blinzelnd die astrologische Tafel. Ich weiß nicht, was ihn auf die Idee brachte, durch pures Blinzeln die Fähigkeit zu erlangen, in dem Wirrwarr vor ihm einen Sinn zu erkennen. Trotzdem folgte ich seinem Beispiel, aber mir wurde dadurch nichts klarer.
Die Tafel sah für mich in erster Linie aus wie ein großes Rad. Um den äußeren Ring verlief ein schmales Band, in dem Gradzahlen ebenso geschrieben standen wie Dutzende von Symbolen, die mir fremd waren. Es hätte ebenso gut Sanskrit sein können. Der innere Ring war wie eine Pizza in zwölf gleich große Stücke unterteilt, die ebenfalls Zahlen und Symbole aufwiesen. In der Mitte fand sich ein weiterer Kreis mit verschiedenfarbigen, sich kreuzenden Linien, die mich auf erschreckende Weise an den Geometrieunterricht auf der Highschool und an unseren Mathelehrer Mr Ross erinnerten, der bis heute in meinen Albträumen eine wichtige Rolle spielt.
»Was konnten Sie aus der astrologischen Tafel unseres Zeugen in Erfahrung bringen?«, fragte Monk Chow.
Es war jedoch Sparrow, die antwortete: »Alles Wichtige über ihn, nur nicht Name, Adresse und Telefonnummer. Merkur ist im Sternbild des Wassermanns, Venus im Sternbild Fische, also suchen wir jemanden, der charmant und kreativ ist, aber vermutlich auch sehr geheimnistuerisch, habgierig und sehr von sich eingenommen. Uranus steht im Sternbild des Löwen, womit es sich um eine Person handelt, die ihre Freiheit genießt, etwas gegen Autoritäten hat und sehr wenig Selbstdisziplin besitzt. Sorgen würde ich mir über diesen Neptun im Sternbild Skorpion machen. Es bedeutet, dass er zu extremer Gewalt fähig ist.«
Überrascht sah Monk sie an. »Sie kennen sich auch in Astrologie aus?«
»Mein Name ist Sparrow«, gab sie zurück. »Was haben Sie da erwartet?«
Monk schaute sie ratlos an, da er keine Ahnung hatte, worauf sie anspielte.
»Welche Eltern würden ihre Tochter denn schon nach einem Sperling benennen?«
Er verstand noch immer nicht, was ihr einen schweren Seufzer entlockte.
»Meine Eltern stehen sehr auf New Age, und sie meinen, sie sind ein Teil des Naturzyklus«, erklärte sie. »Alle diese Zyklen stehen in einer Verbindung zur Bewegung der Erde um die Sonne, dem wichtigsten Zyklus von allen.«
Ein Elternteil von Sparrow war das Kind von Frank Porter. Irgendwie fiel es mir schwer, mir eines seiner Kinder als so liberal und erdverbunden vorzustellen. Es musste wohl ein Aufbegehren gegen Frank gewesen sein, das von diesem Kind nie aufgegeben worden war.
Irgendwann würde Julie auch anfangen, gegen mich zu rebellieren, so wie ich es bei meinen Eltern gemacht hatte. Ich fragte mich, in welcher Form sie wohl versuchen würde, gegen mich aufzubegehren. Allerdings ging ich davon aus, dass mir noch ein paar Jahre blieben, um mich darauf vorzubereiten.
»Und wie hilft uns diese Tafel, das nächste Opfer des Mörders ausfindig zu machen?«, wollte Monk wissen.
»Sie ist so etwas wie eine Landkarte«, antwortete Sparrow. »Wenn man weiß, wie man sie lesen muss.«
»Längen- und Breitengrade zeigen an, dass Allegras unbekannter Kunde in San Francisco geboren wurde«, sagte Chow. »Diese Dinge hier am Rande der Tafel sind sogenannte Durchgänge, die die tägliche Bewegung der Planeten markieren. Diese Durchgänge werden abhängig davon berechnet, wo das Subjekt momentan lebt.«
»In San Francisco«, sagte Monk.
Mir entging nicht das Funkeln in seinen Augen. Chow war mit ihren Ausführungen noch gar nicht fertig, aber ich wusste schon jetzt, dass sich in Monks Gedanken alles zu dem Bild zusammenfügte, das er erwartete.
»Richtig«, bestätigte Chow. »Die Durchgänge zeigen an, dass er in San Francisco lebt. Die Tafel ist auf seinen nächsten Geburtstag ausgerichtet, an dem die Durchgänge wieder die gleichen sind, was bedeutet, dass er mindestens bis dahin in der Stadt bleiben will. Jedenfalls war das seine Absicht gewesen, bis er beobachtete, wie Allegra Doucet erstochen wurde.«
Jetzt ergab es einen Sinn, sogar für jemanden wie mich, der keinerlei detektivisches Gespür besaß.
»So hat der Mörder also die Zahl der möglichen Zeugen eingegrenzt«, sagte
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