Monrepos oder die Kaelte der Macht
entschieden Lächerliches.
Die Botschaft erbarmte sich und versprach, das sperrige Gastgeschenk dem König zukommen zu lassen, wenn er wieder zurück war von der Jagd. Ein Dankeschön allerdings traf nie ein.
Auch sonst verlief nicht alles nach Plan. Unter den Mitreisenden befand sich ein Stahlindustrieller, Fritz Knoop, dessen vielfach verschachteltes Imperium gerade erst mit Getöse auseinandergebrochen war. Specht selbst hatte Anfang des Jahres noch versucht, Knoops Gläubigerbanken zum Stillhalten zu bewegen – vergebens. Da das Land seinerseits nicht bereit war, eine Bürgschaft für vierzig Millionen Mark zur Rettung der Knoop-Gruppe zu leisten, und auch der Bund die Taschen zuhielt, hatte Knoop den Banken wenig zu bieten.
Daraufhin beschloß man, den Industriellen fallen zu lassen, das im Land befindliche Stahlwerk mit neunhundert Arbeitsplätzen jedoch zu retten. Dessen Geschäftsleitung wurde aufgefordert, auf eigene Faust einen Vergleichsantrag zu stellen, um die einheimische Aktiengesellschaft aus einem eventuell nachfolgenden Konkursverfahren des gesamten Konzerns heraushalten zu können. Der Vorstand beugte sich dem Druck. Der Antrag wurde, ohne Knoops Wissen, an einem Wochenende bei Gericht eingereicht. Unmittelbar danach bewilligte die landeseigene Bank, wie zuvor abgesprochen, einen Kredit von fünfunddreißig Millionen Mark.
Nachdem auf diese Weise eines der wenigen noch Gewinn erzielenden Unternehmen des Knoopschen Imperiums herausgelöst war, lag dessen Überschuldung offen zutage. Fritz Knoop mußte für das ganze zerbrechliche Konstrukt Vergleich beantragen. Betroffen davon waren auch Gesellschaften in Jeddah und Riyadh, an denen Saudi-Arabien, und ein Stahlwerk in Kuwait, an dem der kuwaitische Staat Anteile hielt.
Genau besehen, brachte man also den orientalischen Herrscherhäusern als Morgengabe ein paar Millionen Mark Miese mit. Vielleicht wollte der saudische König deshalb nichts von der Karl-May-Büchse wissen. Oder er hatte schon eine.
Als besonders befremdend wurde indes die Tatsache empfunden, daß Knoop nach dem Debakel nicht etwa schmollend und zähneknirschend zu Hause blieb, sondern sich ungerührt der Reisegesellschaft zugesellte und dem Ministerpräsidenten, als wäre nichts geschehen, freundlichst Davidoff-Zigarren und mitternächtliche Skatpartien andiente.
Die Häme der pikierten Manager und Mittelständler kannte keine Grenzen. Kann der sich das überhaupt leisten? feixten sie bei jeder Gelegenheit und empfahlen Specht, mit Knoop höchstens noch um Zehntelpfennige zu spielen.
Auch Specht fühlte sich nicht ganz wohl in seiner Haut. Für das erklärte politische Reiseziel, die wirtschaftliche und technische Stärke des Landes herauszustreichen und auf Industrie-Messen in Jeddah und Riyadh um zahlungskräftige Kundschaft zu werben, war Knoops Anwesenheit nicht gerade ein Aushängeschild. In allen Gesprächsunterlagen der Staatskanzlei fand sich denn auch der warnende Hinweis: Von uns nicht anzusprechen: der Fall Knoop! – was, jenseits des diplomatischen Sprachgebrauchs, soviel bedeutete wie: Finger weg, da haben wir schlechte Karten.
Auf der anderen Seite hatte man Knoop mit in den Sumpf hineingestoßen, in dem er jetzt steckte, und mußte ihm nun wohl zubilligen, daß er zu retten versuchte, was noch zu retten war. Das Prestige, trotz des Fallissements im Troß der Vorzeigeunternehmer mitreisen zu dürfen, mochte auf seine morgenländischen Geschäftspartner vertrauensbildend wirken, zumal bei deren ausgeprägtem Sinn für symbolträchtige Gesten. Und außerdem hatte er in guten Zeiten nie geknausert. Vor zwei Jahren erst war Specht auf seine Einladung hin in die USA geflogen und hatte dort jede Menge Topleute, von David Rockefeller bis ITT-Chef Araskog, getroffen. Auch das war ja dem Land zugute gekommen, irgendwie.
Specht entledigte sich der delikaten Aufgabe mit bemerkenswertem Geschick. Am Ende konnte er es sich sogar leisten, den Generaldirektor des saudischen Unternehmens, das Mehrheitsgesellschafter an Knoops dortigen Stahlwerken war, zu einem Gegenbesuch im Land einzuladen. Hier möge er sich, warb Specht, von der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen überzeugen. Das war schön und zutreffend gesagt und versöhnte die begleitenden Maschinenbauer und Consultants mit vielem. Denn auch Knoop zählte ja jetzt wieder zu den Kleinen.
Vergleichsweise einfach gestaltete sich demgegenüber der kuwaitische
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