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Monrepos oder die Kaelte der Macht

Monrepos oder die Kaelte der Macht

Titel: Monrepos oder die Kaelte der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Zach
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Abstecher. Auch Emir Scheich Jaber Al-Ahmad Al-Jaber Al-Sabah konnte sich zwar zu den mittelbar Landesgeschädigten zählen, da er bei der deutschen und der amerikanischen Knoop-Holding ›shareholder‹ war. Ob er das aber überhaupt wußte? Kein Sterbenswort verlor er jedenfalls bei Spechts Höflichkeitsvisite über die leidige Angelegenheit. Und er hatte es, was ihm besonders hoch anzurechnen war, auch gegenüber Bundeswirtschaftsminister Graf Lambsdorff nicht getan, als der kurz vor Weihnachten seine Aufwartung machte.
    Den Emir plagten wohl auch andere Sorgen. Nach einem durch betrügerische Manipulationen ausgelösten Börsencrash, der den kuwaitischen Finanzmarkt an den Rand des Zusammenbruchs getrieben hatte, kursierten Gerüchte, wonach Kuwait zur Abdeckung der riesigen Verluste ausländische Investments überprüfen und Kapitalbeteiligungen, zum Beispiel bei Daimler Benz und Hoechst, auflösen müsse.
    Alles lachhaft, natürlich. Specht verschwendete keine Silbe daran. Schweigst du mir, schweig ich dir. Da die Kuwaiter, im Unterschied zu den quengelnden Saudis, auch kein Interesse an größerem deutschen Kriegsspielzeug wie dem neuen Leopard-Panzer zeigten, ließ sich mit ihnen aufs angenehmste plaudern.
    Schade, daß Scheich Jaber ein Jagdmuffel zu sein schien – ihm hätte man das Gewehr gegönnt. Statt dessen empfing Oskar Specht aus seiner Hand ein feinziseliertes Krummschwert. Es landete, wie anders, beim Weiterflug im Cockpit.
    Gundelachs Sympathien lagen eindeutig auf Seiten der Kuwaiter. Sie erschienen ihm offener, herzlicher als die Saudis, gemäßigter im Umgang mit ihrem märchenhaften Reichtum. Ein Milliardär wie Scheich Juffali, der saudische Partner von Daimler Benz in Jeddah, demonstrierte seinen Mammon noch in den massivgoldenen Knöpfen der Seidengewänder, die er um sich drapierte. Der Emir von Kuwait, dem der Laden doch zu vierzehn Prozent gehörte, tat das nicht. Das eben war der feine Unterschied.
    Außerdem kannten die Kuwaiter das Gefühl der Angst und scheuten sich nicht, es zu zeigen. Angst vor den unheimlichen Nachbarn Iran und Irak, die in einen mörderischen Krieg direkt vor ihrer Haustür verwickelt waren. Angst vor sechzig Prozent Fremdarbeitern, Palästinenser zumeist, von denen ihr öffentliches Leben abhing. Angst vor der Verletzlichkeit ihrer Meerwasser-Aufbereitungsanlage, ohne die sie verloren waren.
    Angst macht menschlich. Kuwait war menschlich – auch wenn die Luft nach Öl stank und die Kadaver verendeter Tiere auf dem Weg zwischen Flughafen und Kuwait City nicht recht zur orgiastischen Freßkultur passen wollten, mit der man die deutschen Gäste traktierte.
    Im Wasserturm-Restaurant hoch über der Stadt, an Deck eines alten, halb im Meer und halb an Land liegenden Handelsschiffes, auf den Teppichen eines klimatisierten Beduinenzeltes, an kniehohen vergoldeten Tischchen im Palast: überall gab es fette, scharfe oder klebrigsüße Speisen in endloser Folge, die der Konzern mit dem Stern meist noch dadurch bereicherte, daß er sein Markenzeichen als wagenradgroße Torte dazustellen ließ.
    So fühlte man sich immerzu heimisch und nie ganz verloren.
    Ehe sie nach Kairo weiterflogen, lud der Botschafter zum Dinner. Deutsches Bier, wie Alkohol überhaupt eine Rarität in diesen Breitengraden, floß reichlich. Die Stimmung war glänzend, die Unternehmer nun endgültig voll des Lobes. Specht erläuterte seine Technologiepolitik, die Versäumnisse der Bundesregierung bei der wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit mit arabischen Ländern und das absehbare Schicksal des ›Fes-Planes‹ von König Fahad, der logischerweise zu Verhandlungen mit Israel führen und deshalb am Widerstand Libyens und Syriens scheitern werde.
    Alle hörten zu, bis auf zwei Damen, die mehr Gefallen an Tom Wieners halblaut dazwischengeworfenen Späßen fanden und herzhaft lachten.
    Gundelach beobachtete Spechts Stirn und dachte sich seinen Teil. Und wirklich inszenierte Specht, kaum daß man sich zum Mokka erhoben hatte, wieder dieselbe Strafaktion wie im amerikanischen Mittelwesten. Die Gastgeber hielten es für einen Witz, doch Wiener fügte sich.
    Eingedenk der Erfahrungen von Indianapolis hütete sich Gundelach, an Wieners Tür zu klopfen. Statt dessen legte er sich in die kreisrunde Marmorwanne seines Bades, schaltete die Düsen des Whirlpools ein und sinnierte, warum Tom Wiener so viel Ungemach klaglos erduldete.
    Vielleicht, dachte er, steckt ja auch bei ihm Kalkül dahinter. Noch in

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